20 Jahre Charity: Schneider knackt die halbe Million

25.10.2019, 15:49 Uhr
20 Jahre Charity: Schneider knackt die halbe Million

© Archiv-Foto: Michael Matejka

Stolz? "Ja", sagt Marcel Schneider. "Und glücklich. Und zufrieden." Der Friseurmeister hat seinen freien Tag, er sitzt in seinem Wohnzimmer und zieht Bilanz. Besser: Zwischenbilanz. Seit 18 Jahren sammelt er Geld für Kinder (und für Tiere), die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Jetzt ist die Zeit, innezuhalten. Zumindest kurz. Denn: Seit 2001 hat er einiges zusammengetragen. Inzwischen sind es: 500 000 Euro.

Wobei man sagen muss: Schneider und sein Ehemann Heinz Röttenbacher sind die Antreiber, die Organisatoren, die Netzwerker. Eine der mittlerweile 50 Benefiz-Galas vorzubereiten, kostet sicherlich auch einiges an Geld. Aber die 500 000 Euro, die Schneider in den vergangenen Jahren an die Lebenshilfen Nürnberger Land und Schwabach-Roth, an das Nürnberger Bildungswerk für Blinde und Sehbehinderte, an das Schwabacher Frauenhaus, den Verein Herzpflaster, an die Jonas-Gabriel-Stiftung, an die Uwe-Feser-Kinderstiftung, an den Tierschutzverein Noris und an die Tierheime in Feucht, Roth und Hersbruck verteilt hat, kommen nicht aus dem eigenen Portmonee. Das ist alles Geld, das ihm andere Leute anvertraut haben. "Weil sie sicher sind, dass wirklich jeder Cent ankommt. Das ist für mich ein großer Vertrauensbeweis", sagt er.

Der Rednitzhembacher ist exaltiert und, so hat es das Schwabacher Tagblatt zu seinem 50. Geburstag geschrieben, ein "Hans-Dampf in allen Gassen". Aber er ist auch einer, der es ehrlich meint, der mit behinderten Kindern mitfühlt, wenn es ihnen schlecht geht, und der sich mit ihnen freut, wenn sie sich freuen. Ein Typ mit Empathie.

In die Wiege gelegt

Engagement für andere, sagt Schneider, sei ihm schon in die Wiege gelegt worden. Seine Mutter, inzwischen 83, die als Kind mit ihren Eltern und ihren Geschwistern aus dem Sudetenland geworfen wurde, habe ihm immer eingetrichtert, nicht nur an sich selbst zu denken. Mit Anfang 30 hat Schneider begonnen mit seinen Benefiz-Galas. Er lud Kunden in seinen Salon nach Nürnberg ein. Ein paar Künstler traten ohne Gage auf, die Kunden spendeten Geld. Schneider gab das Geld weiter. Zunächst floss es nach Rumänien. Ein Freund hatte ihn auf Kinder mit Wasserköpfen aufmerksam gemacht, die unter erbärmlichen Bedingungen in Heimen leben.

Relativ schnell verlegte sich Schneider aber auf Adressaten aus der Region. "Ich will mir ja auch vor Ort anschauen können, was mit dem gespendeten Geld passiert", sagt er. Über Ute Scholz, der Frau des inzwischen verstorbenen Nürnberger Oberbürgermeisters Ludwig Scholz, stieß er auf die Lebenshilfe Nürnberger Land. "Nach meinem ersten Besuch dort wusste ich, dass ich hier helfen wollte und musste."

Haupt-Spenden-Einnahmequelle sind nach wie vor seine Benefiz-Galas. Doch Marcel Schneider hat in der Region inzwischen auch einen gewissen Promi-Status. Als langjähriger Opernball-Coiffeur darf er über einen Teil des Tombola-Erlöses entscheiden. Letztes Jahr ging deshalb Geld an das Schwabacher Frauenhaus, dieses Jahr an den Verein Herzpflaster.

Ball der Unternehmer

Erst kürzlich hat ihm ein Schwabacher Transport-Unternehmer 3000 Euro anvertraut. Startkapital für
sein nächstes Lieblingsprojekt. Die Lebenshilfe Nürnberger Land plant in Lauf einen Therapiegarten im Freien für behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder zwischen null und sechs Jahren. 30 000 Euro werden dafür benötigt. Mindestens die Hälfte will Marcel Schneider beisteuern.

Es gibt wohlhabende Leute, die schon einmal 100 000 Euro für die Sanierung eines Gotteshauses spenden unter der Voraussetzung, dass ihr Name keinesfalls irgendwo auftaucht. Marcel Schneider ist ein anderer Typ. "Tue Gutes und rede darüber", das ist sein Motto. "Anders wäre die halbe Million niemals zusammengekommen", sagt er. "Es ist wie ein Schneeballsystem, ein positives Schneeballsystem". Deshalb sind die 500 000 Euro, die der Friseur inzwischen zusammengetragen hat, wohl nur ein Zwischenschritt. Für die ersten 100 000 Euro benötigte der 50-Jährige zehn Jahre, für weitere 400 000 nur noch deren acht.

Bescheidener Beginn

Tatsächlich begann alles ganz bescheiden. 2000, vielleicht 3000 Euro kamen bei seinen ersten Galas zusammen. Inzwischen erlöst der Mann bisweilen über 30 000 Euro pro Veranstaltung. Fortsetzung folgt 2020 mit Gala Nummer 51.

Für sein Engagement bekommt der 50-Jährige aber nicht nur Lob und Schulterklopfen. Hin und wieder erreichen den stellvertretenden SPD-Bezirksvorsitzenden auch Drohbriefe. Im Netz sieht er sich auch Neid, Hass und Häme ausgesetzt. Er mache doch das alles nur, um Werbung für seinen Salon zu machen, um sich im Glanz der Promi-Szene zu sonnen, hört er immer wieder.

Das ärgert ihn, das kränkt ihn. Aber es bringt ihn letztlich nicht von seinem Weg ab. "Früher hat mich das heruntergezogen", gibt er zu. Inzwischen antworte er diesen Leuten aber: "Wenn Du meinst, dass das alles so einfach ist, warum tust Du es nicht selbst?"

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