40-Jähriger nötigte junge Frau: Knallharte Bewährungsauflagen

29.12.2015, 08:43 Uhr
40-Jähriger nötigte junge Frau: Knallharte Bewährungsauflagen

© Jens Büttner, dpa

Eine Frau wollte der betrunkene Boris K. (Name geändert) in der Nacht zum 12. September unbedingt kennenlernen. Deshalb trieb er sich auf den Straßen Schwabachs herum und wählte den schlechtesten Weg, den man sich nur denken kann. Wegen Nötigung stand der 40-Jährige nun vor Gericht, weil er einer jungen Frau nachgestellt hatte. Und das könnte nicht der einzige Fall gewesen sein.

Das Drama von Boris K. begann wohl im Jahr 2011. Damals ließ sich seine Frau von ihm scheiden. Ob damals Alkohol ein Grund für die Trennung war, wurde bei der Verhandlung vor Richterin Dr. Andrea Martin nicht klar. Aber Pflichtverteidiger Andreas Hauptstock (Schwabach) machte darauf vehement aufmerksam: „Vorher war nix.“

Ja. Vorher, vor 2011, war Boris K. nie auf die Idee gekommen, Frauen nachzustellen. Doch er tat es in der Nacht im September. Kirchweih wurde in Schwabach gefeiert. „Es war Spaß“, sagte der 40-Jährige, und ihm sei langweilig gewesen. Und einsam gewesen sei er auch.

Warum? Darüber hat er nie nachgedacht. Probleme verschieben durch Trinken, das war seine Devise.

Für die junge Frau allerdings war die Nacht der Alptraum, der „absolute Horror“ (Richterin Dr. Martin), der Zeit braucht, um verarbeitet zu werden. Wenn die Schwabacherin schneller lief, dann wurde Boris K. auch schneller. Wenn sie rannte, dann rannte er nach. Bis er sie an der Ecke Wallenrodstraße zu fassen bekam, an den Händen festhielt, versuchte sie zu küssen.

Eine Beobachterin des Geschehens rief seinerzeit die Polizei. Boris K. wurde gestellt. Er war aggressiv, schilderte ein Beamter. Man habe dem Angeklagten einen Platzverweis erteilt und dessen Opfer nach Hause gefahren, schilderte der Polizist.

Ein Alkoholtest sei nicht gemacht worden. „Schade“, meinte Dr. Andrea Martin, die vor den Plädoyers von Staatsanwältin Katharina Dobmeyer und Anwalt Hauptstock den Angeklagten vor den Richter-Tisch zitierte, um ihm Fotos von vor fünf Jahren – da wurde K. erstmals aktenkundig – und aus der jüngsten erkennungsdienstlichen Behandlung zu zeigen. „Sehen Sie, was der Alkohol mit Ihnen gemacht hat?“, fragte sie den Arbeiter. Die Fotos waren erschreckend: Vor fünf Jahren ein gepflegter Mann – jetzt ein Wrack: im Gesicht mit tiefen Falten, gerötete und geschwollene Augen, wirre Haare.

„Wir sollten ihm eine Chance geben“, appellierte Pflichtverteidiger Andreas Hauptstock dennoch. Und so war es dann auch. Die Staatsanwältin beantragte ob des Geständnisses und der Bereitschaft des Angeklagten, etwas gegen seine Alkoholkrankheit zu unternehmen, ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung „mit passenden Auflagen“.

Helfen statt strafen

Für Anwalt Hauptstock war der „Gedanke der Hilfe“ wichtiger als eine saftige Strafe. „Mein Mandant hat mit dem Geständnis der in der Seele arg verletzten Frau eine Aussage erspart“, sagte er. Boris K. sei „kein hoffnungsloser Straftäter und hat den Willen, vom Alkohol wegzukommen“. Deshalb plädierte er für eine Freiheitsstrafe unter einem Jahr und für eine Bewährungsauflage zum regelmäßigen Besuch einer Selbsthilfegruppe. „Das würde der Einsamkeit vorbeugen und vielleicht die Möglichkeit eröffnen, neue soziale Kontakte zu schaffen“, so der Verteidiger.

Auch die Richterin zeigte sich für die Idee, dem 40-Jährigen zu helfen, aufgeschlossen. Zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung (drei Jahre) verurteilte sie den Arbeiter. Das aber mit knallharten Auflagen: Boris K. muss schon ab Januar bei einer Psychosozialen Beratungsstelle aufschlagen und dort mindestens zwei Mal monatlich ein Einzelgespräch führen und an einer Gruppenstunde teilnehmen. Er muss zu einer Alkoholentwöhnung in eine Klinik, und er muss eine Langzeittherapie beantragen und antreten.

„Tun Sie das nicht, dann sperre ich Sie ein“, sagte Dr. Martin mit energischem Ton. Und ihr war es wichtig, dem Mann noch einmal vorzuhalten, was er mit seinem Opfer angestellt hat. „Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Tochter, und der passiert so etwas“, sagte die Richterin.

Der Verurteilte verließ mit gesenktem Kopf den Gerichtssaal.