Alte Schätze verfallen

23.8.2012, 08:34 Uhr
Alte Schätze verfallen

© Stefan Hippel

Der Verfall des Königshofes und die Zerstörung des Klösterles in Pillenreuth durch eine Explosion haben wichtige Baudenkmäler im Nürnberger Süden wieder in den Blickpunkt gerückt. Laut Angaben des Landesamtes für Denkmalpflege sind in den Stadtteilen Pillenreuth, Herpersdorf, Worzeldorf, Weiherhaus und Katzwang 64 Einzeldenkmäler und Ensembles als geschützt verzeichnet. Aber geschützt heißt noch lange nicht, dass der Erhalt auch gesichert ist.

„Es gibt im Nürnberger Süden viele historische Schätze, aber irgendwie scheint das Traditionsbewusstsein hier nicht sehr groß zu sein“, beklagt Anton Boesch. Viele Baudenkmäler wie alte Bauernhäuser stünden leer, würden verfallen oder seien unsachgemäß umgebaut worden. Der ehemalige Grundschullehrer hat sich ganz der Heimatforschung verschrieben und kennt sich bestens aus in der Historie der südlichen Ortsteile Nürnbergs.

Seit Jahren studiert er alte Schriften und Publikationen zum Thema und beobachtet die Entwicklung vor Ort. „In der Altstadt ist das Bewusstsein für Baudenkmäler wesentlich höher, das fehlt hier im Süden. Wenn das so weitergeht, gibt es bald keine alten Häuser mehr“, befürchtet Boesch.

Alte Schätze verfallen

Kurz vor dem Einsturz

In Kornburg etwa hat er Beispiele für solch drohende Verluste gefunden. So steht ein altes Bauernhaus in der Ringelnatzstraße seit Jahren leer und verfällt zusehends. Im Gerichtsweg ist ein ehemaliges Bäckeranwesen aus dem Jahr 1738 kurz vor dem Einsturz. Tiefe Risse ziehen sich durch die Fassade, an der Stirnseite sind noch schwach in den Sandstein eingebrachte Bäckersymbole erkennbar.

Boesch vermutet, dass auch hier die Besitzer kein Interesse am Erhalt des Anwesens haben. Oder liegt es nicht manchmal auch an den strengen Bestimmungen der Denkmalschutzbehörde, dass Inhaber alter Gebäude ihre Anwesen lieber verfallen lassen als sie zu erhalten? Das will Boesch nicht bestreiten. Er würde sich weniger Auflagen durch die Behörde wünschen. Auflagen, die oft finanziell nicht umsetzbar seien, gerade für Privatleute.

Auch sieht er die Stadt in der Pflicht, mehr für den Erhalt historischer Bauten zu tun. Er beklagt zudem, dass es unterschiedliche Denkmalschutzbestimmungen im Süden gebe. „Manche Gebäude sind schon so verändert worden, dass sie nicht mehr unter Denkmalschutz fallen.“ Gebäude, deren historische Fachwerkfassaden verkleidet oder verputzt wurden.

Wie etwa bei einer Gaststätte in der Kornburger Hauptstraße, bei der Boesch die unfachmännisch renovierte Fassade kritisiert. „Die ursprüngliche Substanz ist oft gar nicht mehr erkennbar.“ Für schützenswert hält er das „Untendrunter“ aber dennoch.

Beim Amt für Denkmalpflege, dessen Aufgabe es ist, zu prüfen, ob ein Gebäude in die Denkmalliste aufgenommen wird, kennt man das Problem. „Oft ist tatsächlich die historische Substanz gar nicht mehr vorhanden, weil ein Haus etwa völlig entkernt wurde. Dann sind die Kriterien für eine Aufnahme in die Denkmalliste nicht erfüllt“, erklärt Pressesprecherin Beate Zarges. „Nur weil ein Gebäude alt ist, ist es nicht automatisch ein Denkmal“, betont sie. Insgesamt bewertet Zarges die Beobachtungen des Heimatforschers als „etwas gewagte These. Man muss das in der Relation sehen. In der Stadt Nürnberg gibt es über 2000 Baudenkmäler, der überwiegende Teil ist in einem sehr guten Zustand“.

Trotzdem: Anton Boesch ist auch in anderen südlichen Ortsteilen wie Greuth, Katzwang, Weiherhaus oder Worzeldorf fündig geworden. Neben dem aus dem 17. Jahrhundert stammenden Herrensitz in Weiherhaus etwa steht das heute als Gaststätte dienende ehemalige Voitenhaus, also das Wohnhaus des Verwalters. „Auch dessen ursprüngliches Aussehen liegt heute unter Putz“, bedauert Boesch.

Fast völlig in Vergessenheit geraten ist ein Baudenkmal mitten im Wald zwischen Katzwang und Reichelsdorfer Keller, der Burgstall am Weißensee. Hier befand sich eine, wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts errichtete Turmhügelburg. Eine Art hölzerner Aussichtsturm, der vermutlich im 14. Jahrhundert zum Schutz des Pillenreuther Klosters genutzt wurde. Davon ist nur ein unscheinbarer Erdhügel übrig geblieben, keiner vermutet hier ein historisches Denkmal. „Das sollte endlich geschützt werden, wenigstens eine Infotafel wäre wichtig“, fordert Boesch.

Dem Bürgerverein Worzeldorf tut vor allem der baulich schlechte Zustand des Königshofes weh. Die Gebäude standen jahrelang wie ein stilles Juwel in der Landschaft. Leider werde es seit 20 Jahren dem Verfall preisgegeben. Deshalb bräuchte es eine Vorschrift, die dem vermutlich absichtlich herbeigeführten Verfall eines Denkmals Einhalt gebietet. Eingeschlossen darin sollen aber auch nicht denkmalgeschützte Gebäude werden, wenn sie das Ortsbild verschandeln, weil sich der Eigentümer nicht darum kümmert. Auch dafür gebe es Beispiele, etwa in Herpersdorf.

Keine Kommentare