Apotheken: So läuft´s an Sonn- und Feiertagen

24.4.2020, 10:25 Uhr
Apotheken: So läuft´s an Sonn- und Feiertagen

© Foto: Arno Heider

Bis kurz vor 18 Uhr sei alles relativ ruhig gewesen. Aber dann, ab 18 Uhr, geht es rund. Die Kunden geben sich die Klinke der Eingangstüre praktisch in die Hand. Denn Kolb bittet Mann oder Frau ab und zu in den Verkaufsraum, wenn eine längere Beratung angesagt ist. "Welche Symptome haben Sie? Welche Vorerkrankungen gibt es? Wo tut es weh – nur im Bauch oder auch im Magen?"

Freilich wird bei der Beratung der gebotene Sicherheitsabstand eingehalten. Eine Plexiglas-Scheibe schützt zudem. Mundschutz trägt Kolb nicht, und auch bei den Kunden, die den Notdienst in Anspruch nehmen, hat am Abend nur eine Frau ein leichtes Halstuch vor den Mund gebunden.

 

Von der Salbe bis zur Pille

 

Sie hatte einen Stich, der sich entzündet hat und furchtbar juckt. Sie zeigt das auch dem Apotheker. Und der empfiehlt eine Salbe, "die alles niedermacht." Da die Frau Angst hat vor einer Blutvergiftung, gibt Kolb den Rat, die Sache zu beobachten und bei einer Blau-Färbung den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter 116 117 zu kontaktieren oder das Stadtkrankenhaus aufzusuchen. "Haben Sie eine Tetanus-Impfung?", fragt Kolb, doch davon will die Frau nichts wissen. Bei der letzten Impfung sei es ihr danach schlecht gegangen, sagt sie. "Ich lege sie Ihnen trotzdem ans Herz", meint Kolb.

Dann eine junge Frau. "Ich hätte gerne die Pille für danach", sagt sie. Und Kolb schickt den Reporter ins Hinterzimmer. "Das ist eine intime Geschichte", sagt er hinterher. Er müsse Fragen stellen und aufklären. Beispielsweise was zu tun ist, wenn die Frau nach der Einnahme der "Pille danach" erbrechen muss, dass sie keinen Verhütungsschutz für den restlichen Zyklus bietet oder dass sich die folgende Monatsblutung um ein paar Tage verschieben könne. Zudem sei der Kauf des Medikamentes zu dokumentieren. "Sie verstehen, dass Sie da nicht dabei sein können?" Natürlich. Schön ist danach zu beobachten, dass die junge Frau nach dem Verlassen der Apotheke in der Parkbucht vor der Tür von ihrem Freund oder Mann umarmt und geküsst wird.

 

Volle Konzentration

 

Kolb bleibt auch bei Stress die Ruhe in Person. Kundschaft vor der Türe – und das Telefon klingelt und klingelt. Da muss Anrufer schon mal warten, bis der Apotheker den Hörer abnimmt. Er kann seine Aufmerksamkeit nur einer Person widmen und das tut er in der Ruhe, die ihm gegeben ist.

Ein Arzt meldet sich, fragt nach einem wichtigen Medikament für einen Patienten. Es ist vorrätig, aber verschreibungspflichtig. Der Arzt faxt das Rezept, eine Bezugsperson des Erkrankten holt das Mittel ab. Das Original-Rezept mit Stempel und Unterschrift des Arztes muss nachgereicht werden. Alles in Ordnung.

Und dann immer wieder die Bitte um ein Antiallergikum. Viele Menschen sind derzeit im Freien, haben verstopfte oder triefende Nasen, gerötete und juckende Augen: "Meine Tochter hört nicht mehr auf zu niesen", sagt eine Frau, den Mann hätte es ohnehin – wie alle Jahre wieder – erwischt.

Kolb fragt nach dem Alter des Kindes und erfährt, dass schon manches Nasenspray ausprobiert wurde, aber nicht geholfen hat. Also beginnt die Suche im PC, was dann noch helfen könnte. Vor allem für das zwölfjährige Kind. Die Frau bekommt ein Medikament zum Ausprobieren. Garantieren kann der Apotheker für nichts, obwohl die Kundin noch erklärt, dass die Tochter vor allem auf "E-Bäume" reagiere. Alle Sporen von Eibe, Esche oder Eiche.

Ein nettes Gespräch entwickelt sich, denn auch der Tagblatt-Journalist hat da so Erfahrungen mit der eigenen Tochter machen müssen, die mittlerweile 37 Jahre alt ist und noch immer bei Pollenflug im Frühsommer leiden muss.

 

Corona? Fehlanzeige

 

Gegen 21 Uhr wird es ruhiger. Ein fast normaler Bereitschaftsdienst für Peter Kolb: Wundpflaster nach einem Sturz, Medikamente gegen Durchfall, Fieber- und Schmerzmittel, ein Mittel gegen Blasenentzündung, Aspirin, ein Eisenpräparat, ein Antibiotikum auf Rezept oder ein starkes Beruhigungsmittel, das vom ärztlichen Bereitschaftsdienst verschrieben wurde – das waren die gängigsten Fragen an diesem Sonntag.

Und Corona-Auswirkungen? "Keine", sagt Kolb. "Heute habe ich lediglich zwei Schutzmasken verkauft, und die waren vorbestellt." Zudem habe bereits unter der Woche die Nachfrage nach Desinfektionsmitteln für die Hände nachgelassen, berichtet der Apotheker. Beide Artikel hat er übrigens vorrätig.

Die Nacht? "Wenn es ruhiger wird, dann suche ich mir aus der Mediathek eine Sendung aus und schaue auf dem PC", sagt Peter Kolb.

Ab 23 Uhr lege er sich auch manchmal hin und versuche zu schlafen. Freilich sei im Hirn alles programmiert, auf dass er aufwacht, wenn es an der Tür klingelt. Das war auch in der Nacht nach unserem Besuch so, als ein Kunde gegen 0.30 Uhr um Fieberzäpfchen für sein krankes Kleinkind bat.

"Da sind wir ja dann gerne da", meint der Apotheker: "Da wissen wir ja noch aus eigener Erfahrung, dass das Kind schon gerne mal an einem Wochenende krank geworden ist."

Peter Kolb, 67, ist der dritte Besitzer der Rathaus-Apotheke in Schwabach, die am 25. Oktober 1949 von dem aus Tschechien stammenden Pharmazie-Magister Karl Haischmann und Eduard Hermann gegründet wurde. Kolb war ab 1989 dort angestellt, übernahm sie zum 1. Januar 1992 als Pächter und ist seit 1. Januar 2002 Besitzer der Apotheke.

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