Balkan Express Rallye: Junge Leute in alten Kisten

17.8.2018, 11:30 Uhr
Balkan Express Rallye: Junge Leute in alten Kisten

© Fotos: Gerner

Wenn es einen Preis für den besten Mannschaftsnamen geben würde, der "Spalter Schwede" hätte ihn verdient. Aus einer Bierlaune heraus sei er entstanden, erinnert sich Christian Stroh. Der Name funktioniert auf mehreren Ebenen. Wenn Christian und sein sechs Jahre älterer Bruder Jörg mit ihrem 38 Jahren alten Volvo GLE auftauchen, dann ernten sie immer wieder bewundernde Kommentare. "Alter Schwede" ist unter jüngeren Leute ja auch eine Form des Lobs. Dass der vierrädrige Untersatz aus dem Jahr 1980 schwedischer Bauart ist, passt ja wie die Faust aufs Auge. Und aus "Alter Schwede" wurde dann "Spalter Schwede", weil die Strohs nun mal aus der Hopfenstadt kommen.

15 Jahre Stillstand

Ihr Volvo ist gewissermaßen ein alter Scheunenfund. 15 Jahre lagerte er ein, ehe er den beiden Brüdern über einen früheren Arbeitskollegen angeboten wurde – für den symbolischen Betrag von zwei Euro. Die Strohs haben dann aber einige Tausender hineingesteckt, um den alten Schweden wieder fahrtüchtig zu machen.

Balkan Express Rallye: Junge Leute in alten Kisten

Seinen ersten großen Einsatz hatte er 2017, als die Stroh-Brüder beim "Baltic Sea Circle" dabei waren. 7500 Kilometer in 16 Tagen durch Nordeuropa, von Hamburg über die Lofoten bis zum Nordkap und von dort über St. Petersburg wieder zurück nach Hamburg.

Erst Fanclub, jetzt Teilnehmer

Jörg und Christian Stroh hatten damals schon ihren Fanclub. Sabrina Arnold, Susanne Beierlein und Christina Gilch fuhren seinerzeit in die Hansestadt, um die Finisher gebührend zu empfangen. Sie waren so angetan von der abenteuerlichen Atmosphäre, dass sie in diesem Jahr nicht nur Fans sind, sondern selbst an der Startlinie stehen. Sabrina Arnold komplettiert das Team "Spalter Schwede", was nicht ganz verwunderlich ist. Schließlich heißt sie seit Freitag – Hochzeit mit Christian war um 11 Uhr in Spalt – nicht mehr Arnold, sondern Stroh.

Susanne Beierlein und Christina Gilch bestücken das Team "Hopsi Girls". "Hopsi" nennt Susanne Beierlein ihren 23 Jahre alten Opel Corsa. "Er ist zuverlässig, hat mich noch nie im Stich gelassen. Aber manchmal macht er halt einen Hüpfer. Oder einen Hopser, wie wir in Abenberg sagen", erklärt die 29-Jährige den Namen.

Balkan Express Rallye: Junge Leute in alten Kisten

Mehr noch als die Stroh-Brüder, die sich in Sachen Fahrzeug-Reparatur als "interessierte Laien" bezeichnen, ist bei den Hopsi Girls die Anspannung vor dem Start am kommenden Samstag groß. "Von Fahrzeugtechnik verstehen wir nämlich nicht so viel", räumt Beierlein ein. "Immerhin haben wir uns schon so komplizierte Namen wie ,Zylinderkopfdichtung’ gemerkt."

Erlebnis statt Sport

Obwohl sie so heißt, ist die Balkan Express Adventure Rallye keine Sportveranstaltung im eigentlichen Sinn. "Es gibt im Road-Book, das wir eine Stunde vor dem Start bekommen, zwar einige Aufgaben, die man lösen kann, aber es geht nicht darum, wer nach zehn Tagen als erstes durchs Ziel fährt", erklärt Jörg Stroh. "Es ist eher eine freizeitbasierte Rallye, bei der man möglichst viel erleben soll."

Die zwei Autos, mit denen die fünf Freunde das Abenteuer angehen, könnten unterschiedlicher nicht sein. Der kleine Corsa hat bloß 45 PS unter der Haube und ist mit knapp 900 Kilogramm auch sonst ein Leichtgewicht.

Der klobige Volvo macht da schon mehr her: 121 PS, fast eineinhalb Tonnen schwer. "Eine Design-Ikone", schwärmt Jörg Stroh. "Wenn kleine Kinder Autos malen sollen, dann sieht das Ergebnis immer so aus wie unser Volvo."

Klingt wie ein Tresor

Und: Die Qualität aus Skandinavien ist nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören. "Wenn man die Tür zuschlägt, dann klingt das so, als würde man einen Tresor schließen", so Stroh. Dass der 38 Jahre alte Schwede schlapp machen könnte, halten die Strohs für ausgeschlossen. Derzeit fehlt ihm zwar der Tacho, und lange Zeit ließ sich auch die Heizung nicht mehr ausschalten. Aber grundsätzlich gilt: "Er fährt und fährt und fährt", erzählt Christian Stroh.

Große Annehmlichkeiten gibt es während der Rallye nicht. Unterwegs wird gezeltet, und zwar "dort, wo es schön ist", wie Jörg Stroh aus dem Vorjahr weiß. Weil das nicht immer ausgewiesene Campingplätze sind, dürfen Dinge wie ein Trockenshampoo nicht im Reisegepäck fehlen.

Verloren gehen können die 169 Mannschaften im übrigen nicht. Dank einer Tracking-App weiß der Veranstalter, der "Superlative Adventure Club", immer, wo sich jeder gerade im Rennen befindet.

Für den guten Zweck

Übrigens: Nicht nur die Teilnehmer sollen ihren Spaß haben. Unterwegs sind die Mannschaften immer auch für den guten Zweck. Die Spalter Schweden sammeln für die Nürnberger Klinik-Clowns und für Spalter "Lautsprecher", einen integrativen Verein, der sich bemüht, behinderte und nichtbehinderte Künstler gemeinsam auf die Bühne zu bringen. Auch die Hopsi Girls wollen den "Lautsprecher" unterstützen, und daneben den in Roth ansässigen Verein "Herzpflaster", der sich vor allem um herzkranke Kinder kümmert.

ZBei einem Benefizkonzert am 29. September im Spalter Kulturbahnhof, unter anderem mit einer Band mit einem blinden Sänger, wollen die Rallyefahrer für ihr Anliegen werben.

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