Bürger zeigen rote Karte

13.7.2012, 09:00 Uhr

Die enorme Resonanz ist für Pfann ein deutlicher Hinweis, dass die Umtriebe rechtsextremer oder national gesinnter Gruppierungen die Bürgerschaft „sehr bewegt“.

Und während sich in der Kulturscheune Birgit Mair, Rechtsextremismusexpertin am Institut für sozialwissenschaftliche Forschung in Nürnberg, auf ihren Vortrag vorbereitete, versuchten draußen vor der Tür fünf junge Männer, die von Mair der rechten Gruppierung „Freies Netz Süd“ zugeordnet wurden, mit Besuchern der Veranstaltung oder mit Polizisten ins Gespräch zu kommen. Die waren (uniformiert und in Zivil) abgestellt, um notfalls das Hausrecht der Gemeinde für die Kulturscheune durchzusetzen.

Notwendig wurde das nicht. Aber dennoch schaffte es ein weiterer junger Mann, sich einzuschleichen. Als er sich gegen Ende der Veranstaltung outete, wurde er mit Trillerpfeifen (!) und Raus-Rufen aus der Kulturscheune hinauskomplimentiert. Für Robert Pfann die richtige Reaktion, „denn man darf diesen Leuten keinen Raum schenken, um ihre Ideologie zu verbreiten“.

Dass Neonazis heutzutage nicht mehr in Springerstiefeln, schwarzer Kleidung und Glatze auftreten, sagte Birgit Mair schon eingangs ihres Vortrages. „Es sind Menschen, die ganz normal gekleidet sind, die unter uns leben und versuchen, ihre Gesinnung zu verbreiten.“ 20 bis 40 Prozent der Menschen in Bayern hätten nach einer Umfrage aus dem Jahr 2011 rassistische Einstellungen, sagte die Diplom-Sozialwirtin. Junge Leute weniger als die über 60-Jährigen.

Als „Alltagsrassismus“ bezeichnete sie es, wenn gegen Migranten gehetzt wird, die den Deutschen angeblich die Arbeitsplätze wegnehmen oder die alle von Hartz IV leben. Wichtig findet sie es zudem, sich in der Symbolik der Neonazis auszukennen.

Mair ruft dazu auf, die eigene Umgebung bewusst wahrzunehmen. „Das Netzwerk der NSU (Nationaler Sozialistischer Untergrund) um Beate Zschäpe muss schon groß gewesen sein, wenn man es schafft, so lange unentdeckt unter uns zu leben“, sagte Mair. Schon rassistische Aufkleber seien ein Hinweis, dass in der Umgebung was nicht stimmt. Christel Hausladen-Sambale von der „Initiative für Demokratie – gegen Rechtsradikalismus“ aus Schwabach riet in diesem Zusammenhang dazu, Anzeige zu erstatten, denn dann müsste sich die Polizei damit befassen. und damit auch die Statistik.

Für viele Besucher der Veranstaltung war beklemmend zu erfahren, wie stark national gesinnte Gruppierungen in der Region präsent sind und unter welchen Deckmäntelchen sie agieren. Dass seit 1990 über 150 Tote nach Angriffen aus der Neonaziszene zu beklagen sind, macht betroffen. „Es gibt nachweislich jeden Tag mehr als zwei Gewalttaten mit rechtsradikalem Hintergrund“, weiß Mair. Vom Versagen der Verfassungsschützer ist in der Diskussion die Rede.

Und die SPD-Landtagsabgeordnete Helga Schmitt-Bussinger ist überzeugt, dass sich da gewaltig was ändern wird, wenn die Untersuchungsausschüsse zum NSU ihre Arbeit beendet haben.

Dass mit dem Erscheinen des stellvertretenden Landrates Max Netter auch der Landkreis Flagge gegen Rechts zeigte, freute Robert Pfann genauso wie das Kommen des fast kompletten Gemeinderates und seines Bürgermeisterkollegen aus Abenberg, Werner Bäuerlein. Am wichtigsten war ihm aber, dass die Bürgerschaft deutlich gemacht hat, dass mit ihr gerechnet werden kann, wenn im Herbst das Aktionsbündnis „Schwanstetten ist bunt und schaut nicht weg“ gegründet werden soll.

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