Claqueure: Der bezahlte Beifall kommt aus Schwabach

13.6.2013, 07:01 Uhr
Claqueure: Der bezahlte Beifall kommt aus Schwabach

© Roland Fengler

Timo Fink ist Student und dem Klischee entsprechend häufig in Geldnot. Mit Nebenjobs hat der Erlanger Erfahrung. Kaum eine schlecht bezahlte Tätigkeit, welcher der 23-Jährige noch nicht nachgegangen ist. „Pizza ausfahren, in der Fußgängerzone Eis verkaufen und Zahlenkolonnen in den Computer eingeben“, zählt er auf.

Sein neuester Coup: Statist und mit viel Glück eine Tagespauschale von 100 bis 150 Euro abgreifen. Dafür muss Fink lediglich zeitlich flexibel und mobil sein, denn sein Einsatzgebiet ist die gesamte Republik. „Doch gerade das macht mir Spaß, man kommt herum und muss eigentlich nichts machen, außer da zu sein. Harte Arbeit sieht anders aus.“

Beworben hat sich der Student auf der Internetseite von Klaus Bernhard. Kurzporträt ausgefüllt, Telefonnummer darunter — und schon ist er einer der rund 10000 Claqueure in Bernhards Datenbank. Erster Einsatz: Ein vierminütiger Flashmob auf dem Münchener Stachus mit 120 anderen gemieteten Einsatzkräften.

Seit 2006 sind Klaus Bernhard und seine Frau Monika im Geschäft. Nebenberuflich, leben können sie noch nicht davon. Seitdem haben sie viel erlebt. Es ging darum, für jubelnde Zaungäste an einem roten Teppich zu sorgen oder Hunderte von Besuchern in die erste Reihe eines Konzerts zu schicken oder einem unbekannten Popsternchen Beifall zu zollen. „Wir kriegen oft Aufträge von Veranstaltern, wenn die Sorge haben, dass ein Konzert floppt, weil sie zu wenig Karten verkauft haben“, erklärt der Unternehmer.

Egal, was es ist, die Bernhards sind darauf spezialisiert, binnen kürzester Zeit „menschliches Volumen“ zusammenzutrommeln. Die meisten Einsätze haben sie nicht in der Region, sondern in Hamburg, Berlin, München und anderen deutschen Großstädten. „In Nürnberg läuft fast nichts, da hatten wir bislang einen einzigen Auftrag.“

Viele Studenten

Mit allen Statisten hat der Firmenchef einmal persönlich gesprochen. Das ist ihm wichtig, denn er muss sich auf die Leute verlassen können. Lässt ihn jemand hängen, fliegt er aus der Kartei. „Die Leute sind unser Kapital da kann ich mir keine Kompromisse erlauben.“ Die meisten seiner Claqueure sind Studenten. Doch er habe mittlerweile fast jede Berufsgruppe in der Datenbank. Auftraggeber sind Wirtschaftsunternehmen. „Große Namen“ seien dabei, sagt Bernhard. Nur bringt es das Geschäft mit sich, dass keiner seiner Kunden gerne mit ihm in Verbindung gebracht werden möchte.

Kein Wunder: Wer gibt schon gerne zu, dass er zu einer Pressekonferenz 30 falsche Journalisten eingeladen hat? Oder, dass er, aus Sorge vor zu wenig öffentlicher Anteilnahme, Trauergäste angemietete, für die Beerdigung des eigenen Mannes, eines verstorbenen Großindustriellen?

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