Demenz-WG in Kammerstein: Awo steigt aus

22.11.2019, 13:32 Uhr
Demenz-WG in Kammerstein: Awo steigt aus

© Archivfoto: Gemeinde Kammerstein

Jedenfalls nicht, wie vorgesehen, von der Arbeiterwohlfahrt Roth-Schwabach. Die hatte das Projekt 2018 in Absprache mit der Gemeinde von der Kammersteiner Genossenschaft "Vergissmeinnicht e. G." übernommen.

"Die Wirtschaftlichkeit ist nicht mehr gegeben. Wir können das Projekt nicht durchführen", erklärte Rainer Mosandl, der Awo-Vorstand Pflege und Psychiatrie, in der Gemeinderatssitzung. Man habe sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht, schließlich habe man bereits das Grundstück in der Ottilie-Kuhn-Straße gekauft und "viel Herzblut und auch Geld" in die Vorplanung investiert. Doch nach reiflicher Prüfung habe das Awo-Präsidium entschieden, dass die wirtschaftlichen Risiken nicht vertretbar seien.

Geplant war eine Seniorenwohngemeinschaft mit zwölf Plätzen für pflegebedürftige und demenziell erkrankte Senioren. Diese Demenz-WG sollte mit einer Tagespflege kombiniert werden.

"Andere Pläne kamen in die Quere"

Allerdings hätten sich die "sehr komplexen" Rahmenbedingungen verschlechtert. Mosandl verwies zunächst darauf, dass "das Grundstück nicht ideal zu den Planungen passt". Denn: "Statt zwölf wären nur zehn Plätze realisierbar." Das beeinträchtige die Wirtschaftlichkeit.

Der entscheidende Punkt aber sei ein anderer, wie Mosandl auch auf Tagblatt-Nachfrage nach der Sitzung nochmals betonte: "Andere Planungen kamen in die Quere. Das BRK baut in Büchenbach eine Tagespflege auf und Diakoneo plant in Schwabach auf dem ehemaligen Drei-S- Gelände ein großes Seniorenzentrum." Deshalb habe man den möglichen Bedarf in Kammerstein nochmals von Experten prüfen lassen. Da die Zweifel aber nicht ausgeräumt hätten werden können, habe man diesen "schweren Entschluss" gefasst. "Ohne die anderen Planungen in der Umgebung hätten wir’s durchgezogen", sagte Mosandl gegenüber dem Tagblatt.

Enttäuschung und neuer Kontakt

Im Gemeinderat erntete der Awo-Vorstand sachlich vorgetragene, inhaltlich aber harte Kritik. "Diese Entscheidung ist schwer nachvollziehbar", betonte Zweite Bürgermeisterin Jutta Niedermann-Kriegel (SPD), die den erkrankten Bürgermeister Walter Schnell vertrat. "Der Bedarf ist da. Das sehen wir an täglichen Nachfragen. Dass die Awo abspringt, trifft uns sehr."

Aufgeben will die Gemeinde die Demenz-WG aber nicht. "Wir haben bereits Kontakt zu anderen Trägern aufgenommen", erklärte Jutta Niedermann-Kriegel. Welcher Träger dies ist, nannte sie nicht. Einen Hinweis lieferte Rainer Mosandl: "Andere Träger wie die Diakoneo haben andere Strukturen."

"Mir tut das sehr, sehr weh. Das trifft mich besonders", erklärte Willi Lemke (SPD), der sich seit Jahren für die Demenz-WG einsetzt. Auch Volker Bauer (CSU) fand deutliche Worte: "Wir haben uns auf die Awo verlassen. Andere Träger schaffen das auch. Ich bin sehr enttäuscht."

"Ich kann die Enttäuschung nachvollziehen. Wir haben selten so schlechte Nachrichten", sagte Rainer Mosandl zu der Kritik. "Aber die Awo muss darauf achten, dass sie keine defizitären Einrichtungen schafft. Lieber ziehen wir jetzt die Reißleine."

Rückkaufsrecht

"Und was passiert jetzt mit dem Grundstück?" fragte Frank Bongartz (SPD). "Das behandeln wir wie alle Grundstückverhandlungen nicht-öffentlich", antwortete Kämmerer Stefan Barthel. Rainer Mosandl erklärte auf Tagblatt-Nachfrage, dass die Gemeinde ein Rückkaufsrecht habe. "Wir werden jetzt auf die Gemeinde zugehen."

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