Der Elternzeit-Schock

14.6.2020, 05:58 Uhr

Vergangene Woche war ich seit über zwei Monaten das erste Mal wieder im Büro des guten, alten Tagblatts. Rückkehr aus der Elternzeit. Ich durfte die Corona-Krise mit zwei schreienden Kindern zuhause verbringen – kein Urlaub, kein Spielplatz, keine Großeltern. Und eine Frau, die manchmal – ganz selten aber nur – gedacht hat: Kann der jetzt langsam mal wieder arbeiten gehen... Alles Luxusprobleme gegenüber dem, was andere in den vergangenen Monaten durchmachen mussten. Das ist schon klar.

Zwei Monate, das ist aber im schnelllebigen Zeitungsgeschäft eine halbe Ewigkeit, wie ich erstaunt feststellen musste. Die Kolleginnen A. und T. sitzen jetzt in dem Raum, in dem ganz früher mal der Verleger saß. Die Kolleginnen M. und S. sitzen seit kurzem wieder da, wo sie eigentlich immer saßen, zwischendurch aber nicht mehr. Und Kollegin U. sowie Kollege A. sitzen jetzt da, wo vorher T. und A. saßen. Kompliziert. Ich hoffe, dass Frau K. noch da sitzt, wo ich sie vermute, sonst wäre das nicht mehr mein Tagblatt!

In der Redaktion hat sich an den Sitzplätzen nichts verändert, die Kollegen sind zwei Monate älter geworden, auch das macht keinen allzu großen Unterschied. Allerdings gibt es jetzt ein A-Team und ein B-Team (ich bin im A-Team, yes!), die sich nicht über den Weg laufen sollten. Home Office wurde früher nur in Ausnahmen toleriert, jetzt ist es die Regel. Technisch ist das kein großes Problem, sogar Videokonferenzen funktionieren. Wobei, das sei nur am Rande bemerkt, Videokonferenzen sind fast noch ein bisschen nerviger als richtige Konferenzen.

Die Themen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Kaum Sport, kaum Kultur, keine Veranstaltungen. Was bleibt da noch übrig? Ich hatte bei meiner Rückkehr ein paar Ideen, welche Branchen man auf ihre Corona-Erfahrungen abklappern könnte. Hätte ich mal aufmerksamer die Zeitung gelesen! Alles war schon drin. Die Kollegen haben in meiner Abwesenheit jeden und alles mit dem Corona-Fragenkatalog abgeklopft und damit Seite um Seite gefüllt. Erfahrungsgemäß kann man aber sagen: Die Themen werden uns nicht ausgehen. Irgendwas ist immer.

Essen, Wickeln, Duplo spielen

Corona hat die Region schon etwas entschleunigt, habe ich das Gefühl. Das passt zu meinem naturgemäß verlangsamten Tempo nach der Elternzeit. Wenn man weiß, dass man die nächsten sieben Stunden mit Duplo spielen, Vorlesen, Essen und Wickeln verbringen wird, dann kann man sich viel, viel Zeit lassen. Ich fahre persönlich das Tempo gerade wieder hoch, parallel zur Außenwelt. Wundern Sie sich also nicht, wenn sie sehen, wie ich irgendwo verträumt an einer grünen Ampel stehe und den Intro-Song von
"Bibi und Tina" summe.

Apropos Hochfahren. Als ich zum ersten Mal meinen Computer wieder hochgefahren habe und in den Mailordner blickte, warteten dort 128 neue Mails auf Beantwortung. Hach ja, manche Dinge ändern sich eben niemals.

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