EM-Vorbereitung

Dieser Schnitt sitzt: Jogis Doku-Cutter kommt aus Rohr

9.6.2021, 11:00 Uhr
Joachim Löw, hier bei Anweisungen für Emre Can beim 7:1-Erfolg am Montag gegen Lettland, ist seit 15 Jahren Bundestrainer. Die ARD widmet ihm jetzt eine ausführliche Dokumentation. Geschnitten, gemischt und mit Musik unterlegt wurde sie von Klaus Rogoll aus Rohr.

© Federico Gambarini, dpa Joachim Löw, hier bei Anweisungen für Emre Can beim 7:1-Erfolg am Montag gegen Lettland, ist seit 15 Jahren Bundestrainer. Die ARD widmet ihm jetzt eine ausführliche Dokumentation. Geschnitten, gemischt und mit Musik unterlegt wurde sie von Klaus Rogoll aus Rohr.

In 15 Jahren als Bundestrainer der Fußball-Nationalmannschaft hat Joachim Löw Spuren hinterlassen. Jogi in der Sekunde seines größten Triumpfs nach dem 1:0-Erfolg im WM-Finale 2014 in Rio gegen Argentinien. Jogi bei einer der unzähligen Pressekonferenzen in seinem typisch badener Dialekt ("Der Leroy Saaahne is scho au guud"). Jogi auf dem Trainingsplatz und als modebewusst daherkommender Coach am Spielfeldrand. Jogi als Nasenpopler und als einer, der sich dort kratzt, wo man sich lieber nicht kratzen sollte, wenn 27 Kameras auf einen gerichtet sind. Jogi als smarter Interviewpartner und als gesperrter Coach bei der EM 2008, der im VIP-Bereich vor lauter Aufregung eine Kippe nach der anderen raucht.

Joachim Löw ist längst nicht mehr unumstritten. Aber er ist der weltweit am längsten amtierende Fußball-Nationaltrainer. Jetzt steht er vor seinem letzten großen Turnier. Nach der Euro-EM, gespielt über den ganzen Kontinent hinweg, ist Schluss.

Auftrag für Schmelzer

Die ARD wollte den 61-Jährigen aber nicht einfach so gehen lassen. Sie beauftragte Bernd Schmelzer vom Bayerischen Rundfunk, einer von Joachim Löws langjährigen medialen Begleitern, eine 45-minütige Dokumentation über den scheidenden Bundestrainer zusammenzustellen. Schmelzer, der in Sachen Fußball und alpiner Wintersport als wandelndes Lexikon gilt, brauchte dafür viel Material. Und er brauchte vor allem einen, der dieses ganze Material mit ihm sichtet, der es schneidet, abmischt und mit Musik unterlegt. Auftritt Klaus Rogoll.


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"Roggi", wie er sich selbst nennt, war nie ein großer Fußballspieler. Doch er ist seit vielen Jahren recht nah dran an der Szene. Woche für Woche reist er in die großen Stadien der Republik und mischt dort die Bilder zusammen, die die Kameramänner in den Stadien vom Spiel, von den Spielern, den Trainern und dem ganzen Drumherum einfangen.

Rogoll saß am 13. November 2015 in den Katakomben des Stade de France, wo sich Frankreich und Deutschland zu einem Freundschaftsspiel trafen. Jenem Stadion, das im Laufe des Abends von Selbstmordanschlägen erschüttert wurde. Rogoll war auch beim Re-Start der Bundesliga im späten Frühjahr 2020 an Bord. Gefangen in einer Blase aus Hygienekonzepten, Desinfektionsspendern und Einbahnstraßen-Regelungen auf großen Parkplätzen, auf denen die Übertragungswagen der Fernsehanstalten abgestellt werden.

In Seefeld dabei

Rogolls jüngster Ausflug führte ihn an der Seite von Bernd Schmelzer ins österreichische Seefeld, ins Trainingslager der Nationalmannschaft. Hier sollten die letzten Szenen für die ARD-Doku gedreht werden. Allzu nah kam Rogoll den Spielern und dem Bundestrainer nicht. Coronabedingt. Doch er schnitt täglich die Bilder zusammen, die in der Tagesschau, auf RTL aktuell, im Heute-Journal oder den Tagesthemen über die Mattscheibe flimmerten.

 Bernd Schmelzer und Klaus Rogoll (re.) beim Trainingslager der Nationalmannschaft in Seefeld

 Bernd Schmelzer und Klaus Rogoll (re.) beim Trainingslager der Nationalmannschaft in Seefeld © Privat, NN

In den vergangenen Tagen war Rogoll aber nicht mehr in Seefeld, sondern vor allem im Keller seines Hauses in Rohr zu finden. Er stellte sich der "gewaltigen Materialschlacht" aus Hunderten von Filmschnipseln. Zum Teil waren sie 25 Jahre alt - da war Joachim Löw noch Trainer beim VfB Stuttgart - zum Teil waren sie erst wenige Tage jung.

"Die Kunst ist dann, das Material, das vielleicht von 40 verschiedenen Kameraleuten und 30 Cuttern stammt, die Equipment aus verschiedenen Epochen genutzt haben, so abzumischen und die Farben so anzugleichen, dass es aussieht wie aus einem Guss", erklärt Rogoll. "Wenn man Sachen neu dreht, ist das Schneiden und Mischen viel einfacher."

Doch ein Dreiteiler. Mindestens.

Wie dem auch sei: Redakteur Bernd Schmelzer, der Joachim Löw in den 15 Bundestrainer-Jahren ganz oft begleitet hat, und Klaus Rogoll hatten so viel gutes Material, dass aus der geplanten 45-minütigen Doku nichts wurde. Vielmehr ist es ein Dreiteiler zu jeweils rund 30 Minuten geworden, der möglicherweise noch um einen vierten Teil ergänzt wird. Je nachdem, wie die Männer mit dem Adler auf der Brust und ihr Langzeit-Trainer bei der am Freitag beginnenden EM abschneiden.

Zu sehen sind die ersten drei Teile ab diesem Mittwoch in der ARD-Mediathek. Ob die Doku auch im "linearen Format", sprich: im Fernsehen, zu sehen sein wird, steht noch nicht fest. Auch das hängt möglicherweise davon ab, wie erfolgreich Jogis letzter Auftritt auf der großen Fußballbühne sein wird.

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