Digital-Pakt für Schulen: Wann fließen die Millionen?

27.11.2020, 08:33 Uhr
Digital-Pakt für Schulen: Wann fließen die Millionen?

© Foto: imago images/Michael Weber

Ein großes Kompliment, eine ernüchternde Lagebeschreibung und eine kritische Frage: Claus Bauer, der Leiter des Beruflichen Schulzentrums Schwabach (Wirtschaftsschule, Berufsschule und Fachoberschule FOS), hatte bei seinem Besuch im Bildungs- und Kulturausschuss des Stadtrats all das im Gepäck.

"Alles richtig gemacht"

Begonnen hat er mit dem Lob: "Ein ausdrückliches Dankeschön an das Schul- und Sportamt der Stadt." Grund: Die Stadt hatte es geschafft, während des ersten Lockdowns im Frühjahr schnell in ein Förderprogramm zu kommen: ins "Sonderbudget Leihgeräte" des "Digital-Pakts Schule". Für rund 270 000 Euro Zuschuss konnte die Stadt 602 iPads als Leihgeräte für Schwabacher Schülerinnnen und Schüler kaufen und verteilen (wir berichteten). Für viele, die über kein eigenes verfügen, war das eine große Hilfe. "Das Schulamt hat alles richtig gemacht", betonte Claus Bauer deshalb.


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Die ernüchternde Lagebeschreibung: Einerseits ist man am Beruflichen Bildungszentrum in Sachen digitaler Unterricht schon sehr weit. "An der FOS haben wir eine 100-Prozent-Ausstattung mit iPads", nannte Bauers Lehrerkollege Christian Schölzel ein Beispiel.

"Problem Nummer eins"

Und dennoch hapert es: Die Wirtschaftsschule hat nur zwei Internetzugänge, einen mit 16 Mbit, einen mit 50 Mbit. "Das soll jetzt kein Lehrer-Genöle sein", betonte Bauer, aber wenn bis zu 400 Geräte dranhingen, dann sei das doch ein "etwas schmalbrüstiger Zugang". Hier müsse die Stadt mehr tun, und zwar für alle Schulen. Denn dies sei das "Problemfeld Nummer eins".

"Wieso nicht abgerufen?"

Und das brachte Claus Bauer zu seiner Nachfrage: "Es stehen doch für Schwabach drei Millionen staatliche Fördergelder im Raum. Wieso werden die nicht abgerufen?"


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Gerhard Kappler, der Leiter des Schul- und Sportamts, wies zunächst darauf hin, dass dies keineswegs ein rein Schwabacher Problem sei. Tatsächlich ist ein Großteil der 2018 von Bund und Ländern zur Verfügung gestellten fünf Milliarden Euro von den Kommunen noch nicht abgerufen worden. Hinzu kommen noch weitere Förderprogramme wie das "Digitale Klassenzimmer" des Freistaats und das Glasfaserprogramm.

"In den letzten zwei Jahren haben uns die Förderprogramme überrollt", erklärte Kappler. Das klingt zwar wie ein Luxusproblem, ist es aber nicht. Denn: "Darauf ist unser Personalstand nicht ausgerichtet." Es sei eben nicht damit getan, mal eben schnell eine Mail mit einer Bestellung ans Kultusministerium zu schreiben.

Tatsächlich stünden für Schwabach alleine aus dem Digital-Pakt 2,1 Millionen Euro bereit. Doch habe der Digital-Pakt 76 Seiten Förderhinweise. Deshalb seien umfangreiche Vorarbeiten zu leisten. Die kosteten Zeit, und Zeit sei bekanntlich eine Personalfrage. "Ich bin aber optimistisch, dass sich im Amt was tun", deutete Kappler vorsichtig Besserung an.

Frist bis Ende 2021

Auf Tagblatt-Nachfrage erklärte OB Peter Reiß (SPD), der bei diesem Tagesordnung wegen eines anderen Termins nicht mehr in der Sitzung sein konnte, dass er sich erst dann zu etwaigen neuen Stellen äußere, wenn diese auch defintiv beschlossen seien. Gleichzeitig machte er deutlich, dass Schwabach die 2,1 Millionen Euro dringend benötige und selbstverständlich nicht verfallen lassen werden. Noch ist auch Zeit. Die Antragsfrist dauert bis Ende 2021. "Wir bekommen das hin", versicherte Reiß.


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Aus dem Fördertopf "Digitales Klassenzimmer" ist weitere Ausstattung wie Beamer oder PCs bereits bestellt. Gerhard Kappler rechnet "in Bälde mit der Auslieferung".

"Mammutaufgabe"

Zum Projekt mit hoher Priorität erklärt hat der OB auch die Verlegung von Glasfaserkabeln an die Schulen und in die Klassenzimmer. "Die brauen wir in allen Schulen so schnell wie möglich", hatte Klaus Neunhoeffer (Grüne) in der Sitzung die Haltung aller Stadträte auf den Punkt gebracht. Auch Roland Krawczyk (CSU) brachte seine Ungeduld deutlich zum Ausdruck.

"Wir müssen alle 13 Schulen in der Stadt versorgen. Das ist eine Mammutaufgabe", betonte Peter Reiß. "Die werden wir in den kommenden Jahren angehen."

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