Freller zu Söder-Verzicht: "Äußerst bedauerlich"

20.4.2021, 13:26 Uhr
Freller zu Söder-Verzicht:

© Jörg Carstensen/dpa

Seit Dienstagmittag ist klar: Die Union wird mit CDU-Chef Armin Laschet als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl am 26. September ziehen. CSU-Chef Markus Söder hat nach dem Votum des CDU-Vorstands für Laschet seinen Verzicht erklärt. Erste Reaktion von Parteifreunden und politischer Konkurrenz aus Schwabach und Roth:

"Sehr schade"

Karl Freller, CSU-Kreisvorsitzender aus Schwabach und Landtagsvizepräsident: "Ich finde es äußert bedauerlich, weil Markus Söder weitaus bessere Aussichten gehabt hätte und ein sehr guter Bundeskanzler geworden wäre. Deshalb ist das sehr schade", macht Freller aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Söders Verzicht sei dennoch nicht falsch, "sondern die logische Folge seiner Ankündigung". Söder hatte erklärt, er sei zum Rückzug bereit, wenn die CDU Armin Laschet klar unterstütze. Nach stundenlanger Vorstandssitzung war dies in der Nacht auf Dienstag der Fall.

Die Wirkung, die dieser ungewöhnliche Machtkampf vermittelt hat, sieht Freller "nicht so dramatisch". Schließlich sei es "absolut legitim, dass eine Partei um die beste Entscheidung ringt". Ob Söder und Laschet nach den gegenseitigen Angriffen nicht beide geschwächt aus der Auseinandersetzung hervorgehen? "Ich glaube das nicht", sagt Freller. Auch die Chancen der CSU sieht er nicht gemindert. "Wieso sollte man unseren Abgeordneten Michael Frieser oder die CSU bestrafen, wenn man Laschet nicht mag? In Bayern steht nicht die CDU zur Wahl."

Was er von Armin Laschet hält? "Das ist sicher auch ein tüchtiger Mann", sagt Karl Freller. "Er führt das größte Bundesland. Unterschätzen darf man ihn nicht. Die CSU wird für ihn Wahlkampf machen. Bei Söder hätten wir gewusst, dass er ein Spitzenpolitiker ist. Bei Laschet muss man nun sehen, wie es sich entwickelt. Laschet muss sich bewähren und die CDU muss sich zusammenreißen." Auch mit Blick auf die Grünen? "Wir nehmen die Kandidatur von Baerbock ernst. Ein Spaziergang wird das nicht", warnt Karl Freller.


Nach Rückendeckung: Laschet, der ewig Unterschätzte


Eine Kanzlerschaft Söders hätte für den Schwabacher womöglich auch ganz persönliche Perspektiven eröffnet. Schließlich hätte Landtagspräsidentin Ilse Aigner sehr gute Chancen gehabt, Bayerns neue Ministerpräsidentin zu werden. Im nächsten Schritt hätte Freller vom CSU-Landtagsvizepräsidenten zum Präsidenten aufsteigen können. "Der Gedanke wäre nicht abwegig gewesen", räumt Karl Freller ein. "Die Frage stellt sich aber nicht mehr."

"Nicht überraschend"

Ralph Edelhäußer, Bürgermeister der Kreisstadt Roth und designierter CSU-Bundestagskandidat des Wahlkreises Roth/Nürnberger Land: „Ich hätte mir einen gemeinsamen CDU/CSU-Kandidaten Markus Söder gut vorstellen können. Dass er Kanzler kann, hat er bewiesen. Allerdings kam für mich das Votum für Armin Laschet nicht überraschend. Man kann einem frisch gewählten CDU-Vorsitzenden nicht gleich die Gefolgschaft verweigern. Söder hat ein Angebot gemacht, das nicht angenommen wurde. Am Ende des Tages aber entscheidet der Wähler. Jetzt von einer Totgeburt in Sachen Kanzlerkandidatur zu sprechen, ist nicht fair. Die momentanen Umfragewerte sind nicht alles. Es kommt auf die letzten Wochen vor der Bundestagswahl an. Armin Laschet hat immerhin das bevölkerungsreichste Bundesland regiert, nicht spektakulär, aber durchaus erfolgreich“.

"Schwer erträgliches Schauspiel"

Sascha Müller, Grünen-Direktkandidat im Wahlkreis Nürnberg-Süd: "Ich bin froh, dass endlich Klarheit herrscht und wir jetzt wieder über Inhalte reden können", sagt der Nürnberger, der aber dem Grünen-Kreisverband Schwabach angehört. "Und es ist gut, dass dieses schwer erträgliche Schauspiel nun zu Ende ist. Das war ein brutalst möglicher Zweikampf, ein Fokussieren auf zwei Egos."

Ob die Grünen es gegen Laschet leichter haben? Eine Frage, die sich für Müller nicht stelle: "Man kann nicht nur auf Umfragen schielen, das gilt für alle." Jetzt sei die Frage vor allem: "Wer hat das bessere Konzept, den richtigen Kompass für die Zukunft? Wir haben ein Programm, die Union noch nicht."

Der Bundestagswahl sehen die Grünen mit großem Selbstbewusstsein entgegen: "Wir konkurrieren um die Führung dieses Landes und freuen uns auf den Wettbewerb mit der Union", betont Sascha Müller, der auf der Landesliste der Grünen so gut platziert ist, dass seine Wahl fast schon sicher ist.

Vor vier Jahren lagen die Grünen mit 8,9 Prozent nur auf Platz fünf der Parteien, jetzt wollen sie stärkste Kraft werden. "Das ist der Anspruch", sagt Sascha Müller deutlich. Und dieser Anspruch sei durchaus realistisch: "Die Zeiten haben sich massiv geändert, der Vorsprung der Union ist nicht mehr riesig. Annalena Baerbock hatte einen sehr souveränen Start als Kanzlerkandidatin. Wir sind auf einem guten Weg."

"Gute Chancen für Baerbock"

Felix Erbe, Hilpoltsteiner Grünen/Direktkandidat für den Bundes-Wahlkreis Roth: Er glaubt, dass sich Markus Söder in der Rolle des Laschet-Herausforderers in den vergangenen Tagen und Wochen sehr wohl gefühlt habe: "Söder hat sich damit in der Union positioniert und der großen Schwesterpartei gezeigt, dass er potenziell dazu in der Lage ist, ein Zugpferd für die beiden Parteien zu sein." Nach einer Einigung im Vernünftigen habe die Auseinandersetzung zwischen dem nordrhein-westfälischen und dem bayerischen Ministerpräsidenten jedenfalls nie gewirkt.

Im Gegensatz zu der Entscheidung der Grünen, die die Wahl zwischen den beiden Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck hatten. Der 40-jährigen Kanzlerkandidatin räumt Felix Erbe große Chancen ein. "Auf jeden Fall werden die Grünen im neuen Bundestag eine starke Position einnehmen", meinte der Hilpoltsteiner Stadt- und Kreisrat.

"Wir haben den besten Kandidaten"

Thomas Grämmer, SPD-Direktkandidat in Nürnberg-Süd aus Schwabach: "Dass die Union mitten in der dritten Welle der Pandemie sich so um sich selbst dreht, ist nicht hilfreich und sagt etwas über Haltung und politische Kultur in der Union aus. Das werden die Wählerinnen und Wähler bewerten", sagt Thomas Grämmer. Freundlicher fällt sein Urteil für Annalena Baerbock von den Grünen aus, die am Montag von ihrer Partei gekürt worden ist: "Das ist sicher eine respektable und tolle Kandidatin."


Kommentar: Söder macht Laschet zum Pyrrhussieger


Wie er die Chancen für seine SPD beurteilt, die in Umfragen nur noch auf Platz drei liegt? "Das Rennen ist offen", betont Grämmer. "Wir haben mit Olaf Scholz den besten Kandidaten mit großer Erfahrung und ein Zukunftsprogramm, das die Themen der Zeit aufgreift. Das gilt es jetzt zu transportieren." Über Koalitionen zu spekulieren verbiete sich dagegen: "Wir haben ja 2017 gesehen, wo das hinführt."

"CDU konnte nicht anders"

Ben Schwarz, Mitglied des SPD-Kreisvorstands Roth und Georgensgmünder Bürgermeister: „Für die SPD-Parteipolitik wäre ein Kandidat Markus Söder besser gewesen – wegen seiner klareren Positionierung. Jetzt sind neue Optionen möglich, und das könnte spannend werden. Der Unionskanzlerkandidat Armin Laschet wird jedoch immer derjenige sein, den ein Markus Söder erst ermöglicht hat. Söder hat erkannt, und das war sein politisches Gespür, dass es ihm mehr nutzt, sich zurückzuziehen. Mich hat die Konsequenz beeindruckt, die Markus Söder dabei an den Tag gelegt hat. Die CDU-Spitze konnte letztlich nicht anders, als ihrem erst vor Kurzem gewählten Vorsitzenden den Rücken zu stärken. Die Grünen haben ihre Kandidatenwahl dagegen sehr gut durchgezogen. Insgesamt geht es jetzt um einen Politikwechsel, eben sozialdemokratisch: ökonomisch, ökologisch und sozial. Die Zeichen dafür stehen gut“.

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