Glosse: Am Klimawandel ist nicht alles schlecht!

19.1.2020, 05:58 Uhr
Eislaufen bei Schwabach, die Älteren werden sich erinnern.

© Klaus Achtnicht Eislaufen bei Schwabach, die Älteren werden sich erinnern.

Eines vorneweg: Der Klimawandel ist da, und er ist maßgeblich vom Menschen gemacht. Das hat nichts mit Klimahysterie zu tun (wie uns die AfD mit diesem Unwort des Jahres immer weismachen will), sondern ist das Ergebnis von Millionen Messwerten und Daten, die Wissenschaftler in allen Teilen der Welt zusammentragen. Das sollte mal gesagt sein.

Damit wir ab sofort an dieser Stelle wieder mit dem Blödeln beginnen können. Denn: Der Klimawandel ist ja nicht nur Katastrophe. Er hat ja auch etwas Gutes für manche Menschen. Bislang dachte ich, das Gute beschränkt sich auf Nord-Norwegen, Spitzbergen und Grönland, weil in diesen Breiten jetzt Lebensmittel angebaut werden können, die es früher dort nie gab.

Pilze im Januar

Doch inzwischen weiß ich: Der Klimawandel wandelt auch Schwabach. Denn mal ehrlich: Ohne diesen immergrünen Winter, in dem es im Januar noch echte Pilze im Wald gibt, wäre in der Stadtverwaltung doch niemand auf die Idee gekommen, den Kindern und uns Erwachsenen, die Kinder geblieben sind, eine künstliche Eisfläche auf den Königsplatz zu zaubern.

Stattdessen hätte der Herr Oberbürgermeister, der mit seinen langen Haxen ohnehin nicht gescheit in einen handelsüblichen Schlittschuh passt, gesagt: Poliert ihr Kufenflitzer ruhig weiter auf dem Beuglersweiher eure Knie.

Als Wasser noch den Aggregatszustand wechselte

Doch das war eine andere Zeit. Das war die Zeit, in der es spätestens im November kalt geworden ist und in der im Dezember das Wasser tatsächlich seinen Aggregatszustand gewechselt hat. Dann sagte man dazu: Eis. Das ging so bis Ende Februar, und manchmal konnten wir als Kinder bei Blitzeis bis in die Schule hätscheln (fränkischer Begriff für Anlauf nehmen und dann übers Eis rutschen).

Manchmal hatten wir sonntags sogar die Qual der Wahl: Eishockeyspielen im Schwabacher Norden oder Schlittenfahren an den Hängen bei Wildenbergen. Ganz früher, so berichten die Alten, war sogar noch Skifahren auf dem Heidenberg möglich. Neben Eis gab es im mittelfränkischen Becken nämlich noch ein anderes Wetterphänomen, das junge Leute nur noch aus fernen Erzählungen kennen: Schnee.

Wintersport jenseits des Winters

Wie dem auch sei: Schwabachs Eislaufbahn wird in den nächsten Tagen und Wochen, wie schon zum Stadtjubiläum 2017, bestimmt wieder ein Anziehungspunkt allererster Güte sein. Dagegen ist nichts einzuwenden. Das Schöne daran ist doch, dass der Wintersport jenseits des Winters die Menschen im Zentrum zusammenbringt. Und dass man das künstliche Eis nicht mit immensem Energieaufwand herunterkühlen muss. Denn unter den geschliffenen Kufen befindet sich, und jetzt kommt’s, gar kein richtiges Eis, sondern Kunststoff.

Allerdings ist Kunststoff nichts anderes als Plastik in etwas festerer Form. Und Plastik hat in der Klimadebatte, nun ja, nicht den allerbesten Leumund. Im besten Fall wird es irgendwann einmal in sauberen Müllverbrennungsanlagen "thermisch entsorgt". Im schlimmsten Fall landet Schwabachs Kunststoffeisbahn mit all unseren gelben Säcken früher oder später im Mega-Müllstrudel "Great Pacific Garbage Patch" im Nordpazifik. Der soll inzwischen größer sein als ganz Europa. Es ist schon wie verhext. Selbst über die einfachsten Dinge kann man sich einfach nicht mehr unbeschwert freuen, weil am Ende alles mit allem zusammenhängt. Ganz ehrlich: Meinem ganz persönlichen Binnenklima ist das nicht immer zuträglich.

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