Glosse: Der Bergdoktor ist kein Alte-Leute-Fernsehen!

20.1.2019, 05:58 Uhr
Glosse: Der Bergdoktor ist kein Alte-Leute-Fernsehen!

© Foto: Thomas Correll

Heute geht es um ein kulturelles Phänomen: Den Bergdoktor. Bislang war ich der Meinung, diese vom ZDF ausgestrahlte Sendung sei – in einer Reihe mit dem Traumschiff oder dem Musikantenstadl – in die Kategorie Alte-Leute-Fernsehen einzuordnen. Ein arrogantes Vorurteil! Aber ich wusste es nicht besser.

Als ich in der Redaktion von einer Skireise erzählte, die mich nach Ellmau am Wilden Kaiser führen sollte, erntete ich sofort Begeisterung. Ellmau, Heimat des Bergdoktors! Bring uns ein Autogramm mit! Die Kollegen jk und rj outeten sich als große Fans der Serie. Für mich die Bestätigung meines Vorurteils: Alte-Leute-Fernsehen. (Für den Satz kriege ich noch Ärger)

Ein furchtbarer Irrtum

Als ich jedoch Ellmau erreichte und meine Reisegruppe zu einem ersten Kennenlernen traf, traute ich meinen Ohren nicht. Auch hier war Thema Nummer Eins: Der Bergdoktor. Es dauerte einige Tage, bis ich die Ausmaße meines Irrtums begriff. Der Bergdoktor ist tatsächlich ein kulturelles, ich möchte fast sagen hochkulturelles Phänomen.

Jedes Jahr, das erfuhr ich in Ellmau, findet ein Fan-Treffen statt. Über 1000 Menschen fahren (oder fliegen) an den Wilden Kaiser, um Dr. Martin Gruber beziehungsweise Hans Sigl, den Schauspieler, live und in echt zu erleben. Natürlich sind auch die anderen Charaktere der Serie vertreten. Nur Gutes habe ich herausgefunden über diese Treffen: Der Doktor und seine Kollegen nehmen sich jede Menge Zeit, um alle Fragen zu beantworten, für Selfies bereitzustehen und Autogramme zu geben. Volksnah ist dieser Bergdoktor, quasi einer von uns!

Diebe, Fans und Berater

Außerdem kursieren die Anekdoten. Die Intensivstation etwa ist in einer Ellmauer Tennishalle untergebracht. Das Praxisschild "Dr. Gruber" wird nur für die Dreharbeiten angebracht, weil es schon so oft geklaut wurde. Die medizinischen Geräte in der Serie sind alle voll funktionsfähig, schließlich wird Authentizität groß geschrieben. Deshalb gibt es auch einen Berater, der die medizinischen Fakten checkt – es handelt sich dabei um keinen Geringeren als Dr. Pablo Hagemeyer (der zufällig auch an einem unserer nordbayern.de-Podcasts beteiligt ist). Was ich auch nicht wusste: Der Bergdoktor erreicht Quoten, dass es einem glatt den Gamsbart von der Rübe pfeift.

Eine Frau, die Mitglied meiner Reisegruppe war, schaute täglich bei der Praxis des Bergdoktors vorbei, dem Bauernhof Hinterschnabel im Ellmauer Ortsteil Faistenbichl. Sie ärgerte sich, dass niemand in der Einfahrt Schnee geschippt hatte und war drauf und dran, es selber zu tun. Denn so sind die Fans des Bergdoktors. Sie würden alles für ihn tun. Manche, so wurde mir erzählt, reisen Hans Sigl gar hinterher, um bei jeder Talkshow oder Autogrammstunde dabei zu sein.

Herzlich gedrückt

Kurz gesagt: Ich war beeindruckt. Leider, leider weilte Sigl gerade nicht in Ellmau als ich da war, und die Tour zu den Drehorten fiel wegen Schneefalls aus. Es blieb mir also nur, im Tourismusbüro von Ellmau den Bergdoktor-Pappaufsteller herzlich zu drücken und mich dabei fotografieren zu lassen.

Ich nehme also alles zurück. Der Bergdoktor ist toll! Eine Sendung für jung und alt. Hervorragende Schauspieler und – was noch viel wichtiger ist – tolle Menschen. Gut recherchiert und stets authentisch.

Jetzt spiele ich mit dem Gedanken, mir tatsächlich einmal eine Folge anzusehen.

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