Glosse: Eine Odyssee am Schwabacher Bahnhof

17.11.2019, 05:58 Uhr
Schwabachs Bahnhof: Schauplatz einer nervenzerfetzenden halben Stunde für unseren Redakteur.

© Robert Schmitt Schwabachs Bahnhof: Schauplatz einer nervenzerfetzenden halben Stunde für unseren Redakteur.

Eines vorneweg: Ich bin ein großer Fan der Bahn und generell des öffentlichen Nahverkehrs. Ich sitze viel lieber im Zug und lese, als das ich im Stau stehe und mich ärgere. Ja, ab und zu ist das Auto praktisch, manchmal unentbehrlich, meistens ziehe ich aber Bus und Bahn vor. Ich pendle also oft per Bahn von meinem schönen Wohnort Nürnberg zu meinem mindestens ebenso schönen Arbeitsort Schwabach.

Das stellte sich am Mittwoch allerdings als Fehler heraus. Es begann damit, dass ich mich auf dem (Fuß-)Weg durch Schwabach furchtbar schicken musste, um den Regionalexpress noch zu erreichen. Und wie jeder weiß: Eine Zugverspätung ist immer dann am ärgerlichsten, wenn man sich vorher geschickt hat.

Option S-Bahn? War wohl nix

Jedenfalls stand ich keuchend am Gleis, als etwa drei Minuten vor geplanter Abfahrt plötzlich eine Verspätung von 20 Minuten angezeigt wurde. Mit zahlreichen weiteren Passagieren hastete ich hinüber zum anderen Gleis, um die bereits einfahrende S-Bahn noch zu erwischen – die fährt schließlich auch nach Nürnberg. Als ich in der S-Bahn saß und aus dem Fenster sah, traute ich kaum meinen Augen. Der RE fuhr ein.

Was war mit den 20 Minuten Verspätung? Ich spürte eine leichte Wut in mir aufsteigen. Einen Augenblick später klärte sich die Situation jedoch mit einer Durchsage: Wegen eines Polizeieinsatzes in Eibach fiel die S-Bahn aus – und der RE musste auch erst einmal warten.

Ins Warme

Rund 50 kollektiv stöhnende Fahrgäste verließen den Zug und begannen, hektisch auf ihren Smartphones herumzuhacken. Ich benötigte einen Plan. Leider brauchte ich zum Schmieden dieses Plans zu lange. Als ich bei den Busspuren ankam, fuhr mir der 61er Bus – der ebenfalls nach Nürnberg fährt – direkt vor der Nase davon. Hätte ich mal besser auf meinem Smartphone herumgehackt . . .

Was blieb mir anderes, als in den im Bahnhof stehenden RE zu steigen? Dort war es wenigstens warm, die Polizei würde die Strecke schon wieder freigeben.

Es ging um Minuten

Bis dahin muss ich sagen: So etwas passiert, da kann ich der Bahn keine Schuld geben. Auch mit dem Auto gerät man manchmal in unvorhergesehene Kalamitäten. Was aber folgte, war ein klassisches Exempel für die – wie soll ich sagen – verbesserungswürdige Informationspolitik der Bahn.

Folgende Situation: Der RE fährt laut Info 20 Minuten später, also um 17.01 Uhr. Der nächste 61er fährt um 17.05 Uhr. Ich erhoffte mir spätestens um 17.01 Uhr entweder die Abfahrt oder zumindest ein Update der Verspätungsinfo. Dann hätte ich abschätzen können, ob es eher lohnt, den Bus zu nehmen. Nur kam natürlich nichts. Die Taktik war offenbar: 20 Minuten ansagen, dann erst einmal 25 Minuten verstreichen lassen und dann vielleicht nochmal 20 Minuten draufgeben. Wie lange wären Sie im RE sitzen geblieben?

Genau. Ich nahm also den Bus um 16.05 Uhr und war eine gute Dreiviertelstunde später zuhause als geplant. Allemal besser, als stundenlang in einem geparkten RE zu sitzen.

Wir bleiben Freunde

Ich weiß übrigens nicht, wann der Zug schließlich fuhr. Aber das ist der Punkt: Niemand konnte das wissen, denn ein Polizeieinsatz dauert so lange wie er eben dauert – manchmal auch länger. Die Passagiere sind mündig genug, das zu verstehen, liebe Bahn.

Aber keine Angst, wir bleiben Freunde, die Bahn und ich. Jetzt, wo ich mich ausgeheult habe.

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