Glosse: Schwabachs SPD, Anwältin der kleinen Leute

13.10.2019, 05:58 Uhr
Die herkömmliche Windel, ist sie böse?

© dpa Die herkömmliche Windel, ist sie böse?

Da sage noch einer, die Schwabacher SPD sei nicht mehr die Partei der kleinen Leute! Von wegen: Erst vor einigen Tagen war den örtlichen Genossen mit einem schmalen Antrag ein maximaler Erfolg beschieden. Unter bestimmten Voraussetzungen gibt es jetzt einen städtischen Zuschuss für junge Eltern, die für ihren Nachwuchs nicht mehr auf die bösen Wegwerf-, sondern auf die guten Stoffwindeln setzen. So, wie das unsere Großeltern schon mit unseren Eltern gemacht haben.

Die Stoffwindel ist gewissermaßen das, was der leer getrunkene Bierkasten für die Getränkeindustrie ist: wiederverwertbar, umweltfreundlich, nachhaltig, Greta-like. Kurzum: macht ein richtig gutes Gefühl.

Nur gehässige Leute fangen jetzt an, die eingesparten Müllberge gegen den zusätzlichen Wasserbedarf für das Waschen der Windeln aufzurechnen. Ja doch! Selbstverständlich läuft demnächst in vielen Schwabacher Waschmaschinen der fast verschwundene energieintensive Kochwaschgang wieder auf Hochtouren. Selbstverständlich müssen deshalb nicht nur neue Brunnen gebohrt, sondern in noch viel schnelleren Abständen neue Waschmaschinen in Osteuropa oder gar im Fernen Osten produziert werden. Selbstverständlich werden diese Waschmaschinen in riesigen, unter panamaischer Flagge fahrenden, die Meere verschmutzenden Frachtschiffen nach Hamburg gebracht. Und selbstverständlich werden diese Waschmaschinen dann nach dem Umladen in Diesel schluckenden und Feinstaub ausspuckenden Lkw nach Schwabach kutschiert. Gefahren wahrscheinlich von armen Schluckern aus Rumänien oder Bulgarien, die nachts die Standheizung in ihren Fahrerkabinen auf Maximalleistung laufen lassen müssen, weil sie sich eine normale Übernachtung auf dem Autohof aufgrund ihrer prekären Bezahlung niemals leisten können.

Doch dafür sparen wir in der Stadt hunderte Fahrten mit vollgeladenen (im doppelten Wortsinne) Pampers zur Müllverbrennungsanlage nach Nürnberg. Hey, die Welt ist nun einmal kompliziert und vernetzt. Deshalb also: Bitte kein Streit um ein so sinnvolles Thema wie die Stoffwindel.

Das einzige, was wir den Schwabacher Sozialdemokraten nicht ersparen können, ist eine Replik auf einen anderen Antrag, den sie ebenfalls unlängst durchgebracht haben, obwohl sie im Stadtrat schon lange keine Mehrheit mehr haben. Denn auf Betreiben der SPD bezuschusst die Stadt nicht nur Stoffwindeln, sondern auch bestimmte Verhütungsmittel (allerdings nur solche, die Frauen benutzen): "Stadt zahlt die Pille" titelte unsere Zeitung vor ein paar Wochen ganz profan. Wobei man ehrlicherweise sagen muss: Das eine (Pille) sollte doch das andere (Windel) eigentlich ausschließen. Oder nicht?

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