Kabarett in Wendelstein: "Papa Söder hat uns Hausarrest erteilt"

17.8.2020, 11:00 Uhr
Kabarett in Wendelstein:

© Foto: Robert Unterburger

"Wir sind die Guten", zeigte sich das Kabarett-Trio "Regensburger Statt-Theater" überzeugt und bot hintersinniges musikalisches Kabarett als Open-Air-Veranstaltung im Rathauspark.

Die vom Casa De La Trova veranstaltete Aufführung ließ mit einem Potpourri aus fetzigen Klassikern und ganz frisch Erdichtetem die Corona-Krise für zwei Stunden vergessen, auch wenn die Pandemie satirisch beleuchtet wurde.

Inge Faes, Matthias Leitner und Tobias Ostermeier von den Kellerkatakomben in der Regensburger Winklergasse bilden das "Statt-Theater". Schon oft haben sie im Casa De La Trova gespielt. Nun konnten sie im Rahmen des Wendelsteiner Kultursommers im Rathauspark zeigen, was sie drauf haben. Die Premiere ihres 41. Programms wäre im April gewesen, aber der Lockdown machte diesen Termin zunichte. "Endlich wieder spielen!", freute sich die Front-Frau Inge Faes und gleich ging es in die Vollen.

Zunächst erzählte jeder auf witzige Weise, was er oder sie in der Zeit des Lockdown so getrieben hat und das trugen sie dann auch als Lied vor. "Die Melodie ist deppert, scheiß doch drauf!", tröstete der Tastenmann Matthias Leitner, während Tobias Ostermeier an der Klampfe sein Bestes gab und Inge Faes als Sängerin ihren Senf dazu gab.

Abwechselnd ein Sketch oder eine gespielte Szene, dann ein Liedchen dazwischen und das amüsierte Publikum sparte nicht mit Zwischenapplaus, denn dieses Konzept kam hervorragend an. Neben eigenen Liedern hatte man tief in der Mottenkiste unvergessener Oldies gekramt und den Popsongs spritzige und erfrischende bayerische Texte verpasst.

"Aber trotzdem mit Tiefgang"

Eigene Songs wie "Er ist der Updater" sorgten ebenfalls für viel Heiterkeit. "Das klingt wie eine Mieze-Katze und wie Balu, der Bär, vom Dschungelbuch", entschuldigte Inge Faes die Rap-Parodie und seufzte: "Mein Gott, muss man sich im hohen Alter noch zum Affen machen!" Doch gleich danach die Richtigstellung: "Wir sind ein seriöses musikalisches Kabarett, witzig, spritzig, aber trotzdem mit Tiefgang." Stimmt. Applaus, Applaus.

Recht überdreht auch die kleinen Spielszenen und Sketche. So kommt "Herr Marbach" (Matthias Leitner) zum cholerischen Arzt, der die Hände über den Kopf zusammenschlägt und jammert: "Sie sind in dieser Woche bereits der 13. Patient, der mit einem Bagatell-Leiden in meine Praxis kommt. Sie gelten als kerngesund!" Der Arzt fordert "Herrn Marbach" auf, ein bisschen Kooperationsbereitschaft zu zeigen, weil er als Doktor wegen gesunden Patienten noch pleite geht: "Von den zehn Euro, die ich an Ihnen verdiene, kann ich nicht mal mein Türschild bezahlen!"

Politisch wurde es, als nach der Einspielung des Marsches "Wir wollen unsern ollen Kaiser Wilhelm wieder ham!" zwei ordensgeschmückte Soldaten mit russischem Akzent eine Militärparade abnehmen und über "den Westen" lästern: "Amerikaner? Alles Rassisten! Bei uns niemand kettet sich an Gleise – freiwillig! Wir haben verstaatlicht, alle Reichen abgemurkst! Präsident Lukaschenko? Guter Mann! Heute gibt es sogar für Bunga Bunga in Corona-Zeiten Kurzarbeitergeld. Respekt!"

"Der schönste Virologe"

Zurück in die Gegenwart. "Wir hatten Ausgangsbeschränkung und Papa Söder hat uns beim Lockdown Hausarrest erteilt, obwohl wir in Bayern sind und nicht in einer Diktatur leben", erinnerte die Front-Frau, "wir flöteten die ,Ode an die Freude‘ vom Balkon." Man müsse peinlich genau die Abstandregeln einhalten, doch im Reisebus dürfe man stundenlang eng an eng nebeneinander sitzen, sagte Inge Faes und schwärmte für Christian Drosten, "den schönsten Virologen Deutschlands". Er hat es ihr angetan, ihn hat sie ins Herz geschlossen.

Kräftig wurde über "Social Distance und Mundschutz" gelästert und natürlich auch über die wichtigste Frage in Corona-Zeiten: "Wia lang glangt des Scheißpapier?" Auf dem Balkon habe man gesungen: "Alle Menschen" werden Brüder und am Ende reichte das Toilettenpapier doch nicht.

Nach zwei musikalischen Zugaben dann noch ein Mutmacher-Lied für die aktuelle schwere Corona-Zeit: "Drum geh´n Sie aufrecht, nie gebückt!" Hoffen wir, dass der Alptraum bald verschwindet.

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