Kapitelsbibliothek: 200 alte Drucke in 36 neuen Bänden

31.3.2016, 08:23 Uhr
Kapitelsbibliothek: 200 alte Drucke in 36 neuen Bänden

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Glaubte man dem 1807 vom damaligen Dekan Johann Georg Wilhelm Köhler begonnenen und von späteren Bibliotheksleitern akribisch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts fortgeführten handschriftlichen „Alten Katalog“, so hätte es in der Bibliothek auch die als ordentliche Bücher gebundenen Sammelbände Nummer 619 bis 642 geben müssen. Doch Tatsache war leider etwas ganz anderes.

„Stark vergammelt“

Es fanden sich lediglich 24 mit Bindfaden verschnürte Kladden aus gewendeten und wiederverwerteten alten Aktendeckeln. „Außen und innen waren sie weithin stark vergammelt“, sagt Michael Reichel. Darin befinden sich vereinzelt bereits geheftete Broschüren, zumeist aber noch niemals geöffnete und im Laufe der Jahrhunderte eingerissene, angeschmutzte und angeschimmelte Druckbogen aus dem 16., meist aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Insgesamt mehr als 200 Titel, meist theologische, historische oder politische Gelegenheitsschriften.

Wohl vor rund 100 Jahren waren sie zwar gesichtet, thematisch geordnet und eben handschriftlich für den Katalog erfasst worden. Doch die hierin klar erkennbare Vorbereitung auf das Binden zu lesbaren Büchern war bisher nie zur Fortführung gekommen.

Es erwies sich auch für Reichel als ein mühsames, schließlich aber doch erfolgreiches Unterfangen, im Herbst 2015 den Kirchenvorstand zu bewegen, die für die Bindung der Drucke zu Sammelbänden notwendigen knapp 5000 Euro als Sondermittel zur Verfügung zu stellen.

Bevor die Drucke jedoch der Buchbinderei zugeführt werden konnten, waren anspruchsvolle Vorarbeiten zu leisten. Zwar waren die Drucke thematisch geordnet, jedoch nicht nach Größe. Winzige Gebetstexte, kleiner als das heutige A6-Format gab es ebenso wie Plakat-Einzeldrucke, die selbst gefaltet eher heutigem A3 entsprachen.

Glätten mit Bügeleisen

Also mussten die Drucke zusätzlich in einigermaßen gleichformatige Pakete geordnet werden. Eine logistische Herausforderung, durfte doch die Zahl der entstehenden Bücher dabei nicht zu groß werden und konnte schließlich auf 36 begrenzt werden.

Die noch ganz unbearbeiteten Drucke mussten entfaltet, in der richtigen Reihenfolge neu und diesmal exakt gefaltet und angeordnet werden. Nicht selten kam ein Bügeleisen zur Glättung und ein trockener Lappen zur Entfernung des groben Schmutzes zum Einsatz. Manche Drucke erwiesen sich auch als unvollständig: Ganze Druckbogen oder manchmal auch nur halbe Plakate fehlten. Dank des Internets konnte ein Großteil des Fehlenden aus digitalen Daten anderer Bibliotheken kopiert und nachgedruckt werden. Anderes wurde in der Stadtbibliothek beziehungsweise dem Stadtarchiv Nürnberg besorgt.

Fachgerecht gebunden

Schließlich wurden die neu entstandenen „Pakete“ mit entsprechenden Arbeitshinweisen dem Schwabacher Buchbinder Karsten Volland übergeben. Dieser hat daraus mit seiner großen Erfahrung fachgerecht Bücher angefertigt.

Es sind nunmehr 36 im äußeren Erscheinungsbild zwar gleiche, jedoch in Größe und Umfang höchst unterschiedliche braune Hardcover-Leinenbände entstanden. Zwischen einem und 30 Titeln findet man nun zwischen den Buchdeckeln.

Bücher zum Anfassen

In den nächsten Wochen werden sie allesamt detailliert im entstehenden und bereits weit fortgeschrittenen elektronischen Katalog erfasst werden, der ab Ende des Jahres auch im Internet einsehbar sein soll.

Und jeder kann die neuen Bände auch in die Hand nehmen und sich überraschen lassen. Gelegenheit dazu bieten die öffentlichen Bibliotheksführungen, die ab April wieder an bestimmten auch in der Zeitung angekündigten Samstagen vormittags ab 10.30 Uhr angeboten werden.

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