Die Linken-Direktkandidatin im Portrait

Kathrin Flach Gomez: "Wir sind das soziale Korrektiv!"

2.9.2021, 06:04 Uhr
Mit den Einnahmen aus einer Vermögenssteuer soll auch die Entlastung unterer und mittlerer Einkommen finanziert werden: Das betont Kathrin Flach Gomez, die bayerische Landesvorsitzende und Direktkandidatin im Wahlkreis Nürnberg Süd/Schwabach.  

© Günther Wilhelm, NN Mit den Einnahmen aus einer Vermögenssteuer soll auch die Entlastung unterer und mittlerer Einkommen finanziert werden: Das betont Kathrin Flach Gomez, die bayerische Landesvorsitzende und Direktkandidatin im Wahlkreis Nürnberg Süd/Schwabach.  

Beim „Triell“ der Kanzlerkandidatin und der beiden Kanzlerkandidaten war „Die Linke“ zwar gar nicht dabei, zum Schluss aber dennoch ein zentrales Thema. Wie hält die SPD es mit der Linken? Mit dieser Frage wollte Armin Laschet (CDU) Olaf Scholz (SPD) in die Enge treiben. Der ließ sich eine klare Absage an eine Koalition mit der Linken nicht entlocken, stellte aber deutliche Anforderungen, allen voran ein klares Bekenntnis zur Nato.

"Die Nato ist ein Kriegsbündnis"

„Das wird er von uns nicht bekommen“, stellt Kathrin Flach Gomez klar. „Die Nato ist ein Kriegsbündnis.“ Die Linke stehe dagegen für Abrüstung und ein klares Nein zu Auslandseinsätzen und Waffenexporten.

Die 35-jährige Lehrerin tritt bei der Bundestagswahl am 26. September als Direktkandidatin im Wahlkreis Nürnberg Süd/Schwabach an. Ihre Chancen, den Wahlkreis zu gewinnen, sind allenfalls theoretischer Natur. Zumindest besser sieht es für sie auf der Landesliste aus. 2017 erzielten die Linken in Bayern 6,1 Prozent und brachten es auf sieben bayerische Bundestagsabgeordnete. Kathrin Flach Gomez steht auf Platz neun.

„Ich bin jetzt Vollzeitpolitikerin“

Eine gewisse Chance, selbst in den Bundestag einzuziehen, hat sie also – allerdings nur bei einem spürbar besseren Ergebnis als 2017. „Acht Prozent wären wohl mindestens nötig“, sagt sie. „Wenn es klappt, würde es mich sehr freuen. Und wenn nicht, wäre es auch kein Drama. Ich bin sehr glücklich mit meiner Stadtratsarbeit und meiner Aufgabe in Bayern.“

Um sich beruflich ganz auf ihre politische Arbeit konzentrieren zu können, ist sie aus dem Grundschuldienst ausgeschieden. „Ich bin jetzt Vollzeitpolitikerin.“ Dem 26. September sieht sie zuversichtlich entgegen. „Die Stimmung ist gut“, berichtet sie von ihrem bisherigen Wahlkampf. In dem geht die Partei zumindest in der Außen- und Sicherheitspolitik deutlich auf Distanz auch zu SPD und Grünen.

„Ein Riesenskandal“

„Vor dem Einsatz in Afghanistan hat die Linke schon vor 20 Jahren gewarnt. Mit Waffen schafft man keine Demokratie“, betont Kathrin Flach Gomez. Ausdrücklich verteidigt sie auch die heftig kritisierte Enthaltung der Linken bei der jüngsten Abstimmung im Bundestag über den Evakuierungseinsatz in Kabul.

„Natürlich sind auch wir für die Evakuierung. Die Enthaltung war ein Protest gegen die halbherzige Evakuierung. Damit hätte man schon deutlich früher anfangen müssen und auch die Familien von Ortskräften und auch Frauen und Mädchen, die Schutz bedürfen, einbeziehen müssen. Wir hatten das, wie auch die Grünen, schon im Juni im Bundestag beantragt. Das wurde abgelehnt. Jetzt aber hat man nicht einmal alle, die man rausholen wollte, auch rausholen können. Das ist ein Riesenskandal.“

Zweite Heimat El Salvador

Was ein Krieg bedeute, das wisse sie aus ihrer „zweiten Heimat“. Kathrin Flach Gomez ist mit einem Arzt aus El Salvador verheiratet. Das Ehepaar hat einen fünfjährigen Sohn. Für ihren Doppelnamen hat sie die spanische Schreibweise ohne Bindestrich gewählt. Ihr Schwiegervater ist evangelischer Bischof in der Hauptstadt San Salvador. „Er hatte 1992 die Friedensverhandlungen nach dem Bürgerkrieg mit geführt“, sagt Kathrin Flach Gomez. „Krieg bringt nur Leid.“

Weitere Auslandseinsätze der Bundeswehr oder auch mehr Geld für die Verteidigung, wie es das Zwei-Prozent-Ziel der Nato vorsieht, seien für die Linke daher kein Thema. Und damit auch keine Koalition mit SPD und Grünen? „Eine gemeinsame inhaltliche Basis bezieht sich ja nicht nur auf einen Punkt“, erklärt sie.

Eine Koalition sei „eine Option“, wenn die richtigen Voraussetzungen gegeben seien. „Ich bin mal gespannt, wie SPD und Grüne ihre sozialen und klimapolitischen Ziele mit der Union oder der FDP umsetzen wollen“, sagt Kathrin Flach Gomez. Den Unterschied mache die Linke. „Wir sind das soziale Korrektiv.“

Umverteilung "von unten nach oben"

Wie die Linke sich die Politik in Zukunft vorstellt? Einige Beispiele:

Mindestlohn: Bisher sind es 9,50 Euro. Die SPD fordert 12, die Linke 13 Euro. „Man muss ja davon leben können.“

„Umverteilung“: Für viele ist allein dieses Wort ein Schreckgespenst, die Linke benutzt es ganz offensiv. Konkret heißt das: Wiedereinführung der Vermögenssteuer, Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 53 Prozent, dafür Entlastung der unteren und mittleren Einkommen. Wer als Single mit Steuerklasse eins weniger als 6500 Euro brutto verdient, zahlt weniger Steuern. Diese Entlastung sei höher als bei Union und FDP. Kathrin Flach Gomez verweist zum Beleg auf Berechnungen des Mannheimer Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). „Wir wollen die Einkommensschere wieder schließen.“

Klimaschutz: „Wir sind die einzigen, die Klimaneutralität schon bis 2035 anstreben“, sagt Kathrin Flach Gomez. Deshalb: Solarpflicht für Dächer, mehr Windenergie, kostenloser ÖPNV als Alternative zum Auto, dezentrale Energieversorgung. „Deshalb sind wir auch gegen eine Monstertrasse wie die neue Juraleitung, die Atomstrom aus dem Ausland liefert.“ Ebenso wie gegen die CO2-Bepreisung. „Wir bitten nicht die normalen Leute zur Kasse, sondern setzen bei den Konzernen an.“

Wohnen: Die Linken wollen einen bundesweiten Mietendeckel und jedes Jahr 250 000 neue Sozialwohnungen.

Pflege: „Wir haben Pflegenotstand. Darüber wurde beim Triell nicht mal geredet“, ärgert sich Kathrin Flach Gomez. Die Forderung: 500 Euro mehr Gehalt für Pflegekräfte.

Corona: „Impfen ist wichtig, aber eine Impfpflicht spaltet die Gesellschaft nur noch weiter“, so Kathrin Flach Gomez. Die 3G-Regel unterstützt sie, doch dass die Tests kostenpflichtig werden, das lehnt sie ab: „Das ist ein fatales Signal, dann testen sich viel weniger.“

Gleichstellung: „Dieser Punkt ist mir noch ganz wichtig“, betont sie zum Schluss des Gesprächs. „Dabei geht es mir nicht um Gender-Sternchen, die sind Nebensache. Wichtig sind Dinge wie eine bessere Kinderbetreuung und gerechtere Löhne für Frauen. Schließlich sind sie die Hälfte der Bevölkerung.“

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