Debatte im Schwabacher Stadtrat

Kinderarmut: "Erziehung ist keine Frage des Einkommens"

3.8.2021, 15:04 Uhr
Wenn die Eltern weniger Geld in der Tasche haben, reicht´s meist auch nur für wenig Taschengeld. Dennoch wenig Geld nicht weniger Erziehungskompetenz, ist sich Schwabachs Stadtrechtsrat Knut Engelbrecht mit den Fraktionen von CSU, SPD, Grünen und Linken einig.

© Patrick Seeger, dpa Wenn die Eltern weniger Geld in der Tasche haben, reicht´s meist auch nur für wenig Taschengeld. Dennoch wenig Geld nicht weniger Erziehungskompetenz, ist sich Schwabachs Stadtrechtsrat Knut Engelbrecht mit den Fraktionen von CSU, SPD, Grünen und Linken einig.

Die Schwabacher Liberalen wollen den negativen Auswirkungen von Kinderarmut wirksamer vorbeugen. In einem Antrag an den Stadtrat haben die beiden FDP-Ratsmitglieder Axel Rötschke und Tobias Ritzer gefordert, das Jugendamt solle betroffenen Familien "regelmäßig Hilfen zur Förderung ihrer Kinder" anbieten.

Deshalb sollten "Familien mit besonderen Belastungen identifiziert und angesprochen werden", heißt es in dem Antrag. "Dabei muss ohne Stigmatisierung und Vorwürfe auf die Familien zugegangen werden."

Keine Besuche ohne Anlass

Der für Soziales zuständige Stadtrechtsrat Knut Engelbrecht warnte dagegen, dass eine Stigmatisierung bei diesem Vorgehen eine große Gefahr wäre. "Wenig Geld bedeutet wenig Erziehungskompetenz? Das kann man so nicht sagen. Da gibt es keinen Automatismus. Oft ist es sogar eher umgekehrt."

Erziehungsprobleme hätten häufig auch Eltern mit gutem Einkommen. Deshalb sei "ein anlassloser Besuch des Jugendamts bei finanziell schlechter gestellten Familien nicht sinnvoll", so Engelbrecht.

Breites Netz vorhanden

Selbstverständlich sei es das Ziel, Problemlagen möglichst frühzeitig zu erkennen und den Familien geeignete Angebote zu unterbreiten, erklärte der Stadtrechtsrat weiter. Genau dafür aber gebe es bereits ein Netz von Einrichtungen und Angeboten.

Als Beispiele nannte Engelbrecht unter anderem die Koordinierende Kinderschutzstelle KoKi, die beispielsweise Schwangerenberatung anbietet, den Familienunterstützenden Dienst für Familien mit Kindern und Jugendlichen bis 21 Jahre, die Jugendsozialarbeit an Schulen sowie die Kommunale Kinder- und Jugendarbeit. Hinzu kämen konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut wie den Schwabach Pass und Integrations- und Familienpaten.

Rosy Stengel: "Wir sind gut aufgestellt"

Ähnlich äußerten sich auch Sprecherinnen und Sprecher von CSU, SPD, Grünen und Linken. "Wir haben so viele Möglichkeiten der Hilfe. In konkreten Fällen kann man jederzeit Kontakt mit dem Jugendamt aufnehmen. Ich sehe uns in Schwabach sehr gut aufgestellt", betonte Rosy Stengel (CSU).

"Das Jugendamt ist eine aktive Anlaufstelle, die Probleme sehr ernst nimmt und nach individuellen Lösung sucht. Auch in der Corona-Zeit findet das Jugendamt kreative Lösungen", erklärte Dr. Rezarta Reimann (SPD).

"Erziehung ist keine Frage des Einkommens", betonte dritte Bürgermeistern Petra Novotny, die wie ihre Parteifreundin Nadine Neumann von Beruf Erzieherin ist. Nadine Neumann ist seit der Kommunalwahl 2020 im Stadtrat und Pflegerin für Jugendarbeit. Ihre Erfahrung: "Das Team des Jugendamts leistet hervorragende Arbeit und macht einen sehr engagierten Job."

Linke: Bei Finanzhilfen "Luft nach oben"

Auch Jonas Wagner (Linke) hält präventive Besuche für "eher schwierig". Aber: "Wer wenig Geld hat, hat es schwerer, Anschluss zu finden. Deshalb sind wirtschaftliche Hilfen sinnvoll. Da ist noch Luft nach oben."

Axel, Rötschke von der FDP unterstricht nochmals: "Wir wollen niemanden stigmatisieren." Er verwies auf ein Jugendhilfe-Projekt der Stadt Nürnberg, das auch in Schwabach denkbar sein. Eine spontane Internet-Recherche von Knut Engelbrecht ergab allerdings, dass diese Projekt 2016 eingestellt worden sei. "Aber wir klären, warum das der Fall war, und berichten im Jugendhilfeausschuss."

Keine Kommentare