Klimakrise: Wie steht es um die Erfolge des Landkreises?

22.10.2020, 14:27 Uhr
Klimakrise: Wie steht es um die Erfolge des Landkreises?

Coronabedingt hat sich die SPD-Kreistagsfraktion dieses Jahr nur zu einer eintägigen Arbeitsklausur in der Residenz Hilpoltstein getroffen. Hauptthema war die Diskussion um weitere Erfolge zur Klima-, Energie- und Mobilitätswende im Landkreis Roth.

Anstrengungen reichen nicht aus

Den Auftakt bildete ein beeindruckender, aber auch mahnender Vortrag von Prof. Dr. Manfred Miosga, Uni Bayreuth, Stadt- und Regionalentwicklung, der aus Bayreuth über eine Videokonferenz zugeschaltet war. Eindrücklich machte er klar, dass die Anstrengungen – auch auf Ebene des Landkreises Roth – zwar beachtlich sind. "Sie werden aber noch nicht ausreichen, um die angestrebten Klimaziele zu erreichen."

Insbesondere im Bereich Mobilität könne es ein "Weiter so" nicht geben. "In den vergangenen zehn Jahren wurden zum Beispiel im Bereich ÖPNV die Anstrengungen beziehungsweise Aufwendungen verdoppelt, aber im selben Zeitraum sind auch die Pendlerströme fast im selben Maß gestiegen. Wir müssen Mobilität neu denken!" Genau dieser Bereich zeige deutlich, dass die Gestaltung der Mobilitätswende maßgeblich auf kommunaler Ebene stattfinden müsse.

Digitalisierung ausbauen

Ein Mittel sei der Ausbau der Digitalisierung. Viele Fahrwege würden überflüssig, auch wenn hierdurch der Verbrauch an Energie durch die Nutzung digitaler Medien steigen wird.

Kommunalpolitik könne durch entsprechende Infrastrukturmaßnahmen und geschickte Planung von Entwicklungen hinsichtlich Ansiedlung von Arbeits- und Bildungsstandorten an gut vom ÖPNV erreichbaren Standorten maßgeblich steuern.

Nachhaltige Siedlungsentwicklung könne durch die Schaffung von Wohnraum, auch gefördertem, an Standorten mit guter Infrastruktur einen weiteren Beitrag leisten, war Christine Rodarius überzeugt. Hier wurde im Laufe der Diskussion vor allem deutlich, dass "die einzelnen Gemeinden teilweise am Rande ihrer Leistungsfähigkeit sind". Deshalb sei interkommunale Zusammenarbeit umso wichtiger, betonte Ben Schwarz, der gleichzeitig über den aktuellen Stand der staatlichen Wohnbauförderung berichtete.

Energien regional ausbauen

Die Bürgermeister Felix Fröhlich und Robert Pfann informierten im Anschluss die Teilnehmer über den Sachstand der Stromtrassenplanung P 53 im nördlichen Landkreis und die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen. Die SPD-Kreisräte waren sich einig: "Nach wie vor hat Tennet keinen offen nachvollziehbaren ,Bedarf‘ der Trassenplanungen dargelegt." Demzufolge sei die sogenannte "Planrechtfertigung" des Vorhabens nicht gegeben.

Wäre der Bau tatsächlich notwendig, sei immer noch nicht abschließend geklärt, welchen Verlauf die geplante Leitungstrasse dann konkret nehmen wird. Hier forderte die Kreistagsfraktion unisono: "Bei der tatsächlichen Planung sind die empfohlenen Mindestabstände ausnahmslos einzuhalten. Erdverkabelung soll Vorrang haben; und nach Möglichkeit sind Bestandstrassen zu nutzen. Ohne einen Nachweis des Bedarfs dieser Stromtrassen können wir P 53 nicht zustimmen", resümierte Felix Fröhlich.

Als Experte zum Thema Strom diskutierte der ehemalige Schwabacher Stadtrat Dr. Gerhard Brunner, der in vielen Landkreiskommunen erfolgreich Bürger-Solaranlagen plant und umsetzt, mit den Kreisräten über den Stand der im Jahr 2010 erhobenen Daten des Energienutzungsplans im Landkreis Roth.

Ob mit Schaffen der ENA, mit seinen vielen energetischen Sanierungen an eigenen Gebäuden, dem Bau von Photovoltaikanlagen auf eigenen Dächern und auch der Ermöglichung von Bürger-Solaranlagen habe der Landkreis schon seit Jahren eine Vorbildfunktion übernommen. "Den Weg müssen wir weitergehen, um das angestrebte Ziel zu erreichen."

Der bisherige elektrische Energiebedarf im Landkreis macht deutlich, wie schwer der Bedarf durch regionalen Ökostrom zu decken ist. Das Zehnfache an Windrädern oder eine Fläche von über vier Quadratkilometern Photovoltaik wäre rechnerisch nötig, um den Strom für den Landkreis zu erzeugen – ohne Berücksichtigung von Schlechtwetter-Perioden oder Windflauten und ohne Berücksichtigung des Energiebedarfs zur Fortbewegung oder zum Heizen.

Regenerative Energie ausbauen

Für die Energiepolitik im Landkreis sah er dennoch mehrere Handlungsoptionen und empfahl, jeden der Bereiche der regenerativen Energie so weit wie möglich auszubauen: "Warum nicht jede geeignete Dachfläche für PV nutzen?"

Die Kreistagsfraktion betonte, dass sie bei einer dezentral organisierten Energiegewinnung mit erneuerbaren Energien auch auf Bürger-Projekte setze, weil so die Akzeptanz der Energiewende befördert und den Kommunen eine direkte Wertschöpfung vor Ort ermöglicht werde. Dennoch werden realistischer-weise auch weiterhin im Landkreis Stromzukäufe und Speicherlösungen notwendig sein.

Eine besondere Bedeutung haben für Brunner auch die regionalen Stadt- und Gemeindewerke, die aufgrund ständig steigender Anforderungen und Regulatorik an den Rand der Existenz getrieben werden. Auch hier sei – wo möglich – interkommunales Handeln erforderlich.

Zuletzt beschäftigte sich die Kreistagsfraktion mit den Plänen von "Center Parcs" für das ehemalige "Muna"-Gelände in Pfofeld, wo der Landkreis Roth als Mitglied des Zweckverbandes Brombachsee auch mittelbar betroffen wäre.

Das Heft aus der Hand gegeben

Landrat Herbert Eckstein bedauerte: "Unabhängig davon, was man von "Center Parcs" hält, hat die Kommunalpolitik das Heft des Handelns in dem Moment aus der Hand gegeben, als die Option nicht gezogen wurde, das Gelände von kommunaler Hand selbst zu erwerben und nach eigenen Plänen zu entwickeln."

Grundsätzlich ist die Nutzung und Entwicklung des ehemaligen Munitionsdepots zwar zu begrüßen, aber ob der Investor die bunten Versprechungen der Hochglanzprospekte halten könne, sei fraglich. Bedingung für eine positive Entwicklung der Fläche sei aber an erster Stelle die nachhaltige Nutzung, der ökologische Ansatz und der freie Zugang zum See.

Diese Punkte sollten im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens kritisch beleuchtet werden. "Naiv, wer glaubt, dass der Investor das Projekt allein deshalb plant, um die Region zu stärken. Zufriedenstellender und Erfolg versprechender wäre es gewesen, das Areal gemeinsam mit den Bürgern der Region als kommunales Projekt zu entwickeln", war die Kreistagsfraktion sich einig.

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