Liebeslyrik mit Spaghetti

10.11.2011, 08:15 Uhr
Liebeslyrik   mit Spaghetti

© Scherbel

Die Hand bewegt er wie ein Dirigent, im Takt der Silben und dem Klang der Sätze nach. Seine Sprache hat Melodie und Rhythmus, schließlich ist Wolf Wondratschek Dichter, früher wilder, früher erfolgreicher Dichter. Aber kein Geschichtenerzähler. Das bekennt er gleich vorweg, schickt eine Geschichte aber hinterher – eine gute natürlich.

Und sein Buch „Das Geschenk“ hat er restlos satt, weil er schon wieder Neues und Altes im Kopf hat, aber dann liest er doch aus seinem jüngsten Roman.

Und wir glauben, er selbst ist es, der Chuck von früher aus „Chuck’s Zimmer“, der im Buch das Geschenk der neuen Geburt zusammen mit der Geburt seines Sohnes bekommt. Aber vielleicht wird er nur verwechselt mit seinem Alter Ego. Oder doch nicht?

Immer wieder rutschen die Formen der erzählenden und erzählten Personen übereinander in diesem „unbürgerlichen Entwicklungsroman“, wie ihn Stadtrat Werner Sittauer bei der Begrüßung tituliert.

Und auch in den kurzen poetischen und Prosatexten, die der lange Zeit kokainsüchtige Kultdichter der 70er Jahre mit sachte dirigierender Hand und sorgsam modulierter Stimme rezitiert, erscheint immer wieder der alte „Klassenrüpel der deutschen Literatur“, der „selbst bei denen unbeliebt ist, die mich lieben.“

Es sei nicht nötig, von Frauen mehr wissen zu wollen, als was die Augen wissen, hat er früher gesagt. Um dann doch den Chuck von heute in der Praxis der schönen Urologin voll hübscher Selbstironie „hängen zu lassen“. Und nach dem Zweizeiler übers Glücken (einer Beziehung) mittels Bücken (eines Mädchens) gibt er bei seinem Gastspiel in Schwabach dann doch nicht den Wilden und Derben. Statt dessen packt er das „Lied von der Liebe“ aus. Selbst wenn ein Dichter nicht einmal weiß, was Liebe ist, so will er doch sein ganzes Leben lang ein Liebesgedicht schreiben, sagt er und belegt dies mit zwei wunderbaren Beispielen.

Dann flüstert er den Rauchern so tief in die Genießerlunge rein, dass ein Nichtraucher deswegen schon wieder anfangen wollte. Spaghetti richtet er literarisch so appetitlich an, dass selbst die Madonna zum lüsternen Leckermaul wird. Mozart und Constanze lässt er mit Kaiserschmarrn um sich werfen, dass es eine leckere Pracht ist – dem sinnlichen Genuss kann selbst der nüchterne Dichter nicht abhold sein. Auch wenn er warnt: „Schon ein Glas Wein, und ich hab keine Lust mehr auf den Beruf.“ Gebt ihm alles, aber haltet den Wein von ihm fern!

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