Mann erstickte krebskranke Frau: Sieben Jahre Haft

19.6.2020, 19:25 Uhr

Nun verurteilt das Landgericht Nürnberg-Fürth Gerd G. (Namen der Betroffenen geändert) wegen Mordes und verhängt gleichzeitig eine milde Haftstrafe von sieben Jahren. Ein besonderes Urteil, schon weil das Strafgesetz für Mord grundsätzlich nur eine einzige Strafe vorsieht: lebenslang. Doch die Umstände in diesem Fall sind außergewöhnlich, und furchtbar tragisch.

Heidi G. war schwer krank. Sie hatte eine Herzerkrankung, ein bösartiger Tumor befiel vor Jahren ihr Lymphgewebe. Und doch wurde die Frau von Zeugen als "offen, lebensbejahend, kommunikativ und stark" beschrieben, wie Richter Markus Bader in der Urteilsbegründung festhält. Die Strafkammer tagte mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen.

Heidi G. ging regelmäßig zu ihren Ärzten und nach zig Therapien sah es im Herbst 2018 so aus, als sei der Krebs weg. Doch um die Weihnachtszeit litt sie nach einem Riss in der Lendenwirbelsäule unter massiven Schmerzen. Sie musste rund um die Uhr ein Stahlkorsett tragen, ihr Onkologe hielt Osteoporose für denkbar, aber auch Krebs.

Anfang Januar sollte sie erneut in die CT-Röhre geschoben werden – und vor dieser Untersuchung war den Eheleuten bange. Sollte es wieder Krebs sein, mute sie sich keine Therapie mehr zu, sagte Heidi G. – plagten sie wieder Tumore, wolle sie nicht mehr leben. "Ich kann und will nicht mehr", sagte sie zu ihrem Mann. Beide sprachen über Sterbehilfe in der Schweiz und den gemeinsamen Suizid mit Hilfe von Gift. Eine verzweifelte Augenblicksstimmung, doch kein ernsthafter Todeswunsch, heißt es in der Urteilsbegründung.

Suizid als Notausgang

Heidi G. habe ihre Überlegungen nur für den Fall durchgespielt, dass der Krebs zurückgekehrt war – doch ob dies zutraf, wusste sie noch nicht.

Gerd G., beruflich in einer schweren Situation, selbst krank, obendrein zu diesem Zeitpunkt depressiv, habe seine eigenen Vorstellungen auf seine Frau übertragen. Für ihn war Suizid als Notausgang eine Option, diese Idee nahm er auch als ihren Entschluss wahr. Bader: "Ein positiver Verlauf der Krankheit seiner Frau war für ihn nicht vorstellbar. Er hat ihren Sterbewunsch überbetont."


Verbot von geschäftsmäßiger Sterbehilfe ist verfassungswidrig


Es sei nicht auszuschließen, dass Gerd G. in seiner Fähigkeit, sich zu steuern, eingeschränkt war, seine Schuldfähigkeit ist daher gemindert.

Gerd G. hatte nach der Tat Schlaftabletten geschluckt, die Wohnung angezündet, und sich neben seine Frau gelegt. Er wurde deshalb auch wegen schwerer Brandstiftung verurteilt. Die anderen Bewohner des Mehrfamilienhauses waren nicht gefährdet, weil der Brand rechtzeitig bemerkt wurde. Gerd G. wurde von der Feuerwehr gerettet. Heute fordert die Versicherung von ihm die Aufwendungen für den hohen Gebäudeschaden zurück.


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