Mehr als nur Theater: "Die Hexe von Schwabach"

3.7.2017, 15:10 Uhr
Vor ihrer Hinrichtung erscheinen Barbara Schwab im Traum Engel.

Vor ihrer Hinrichtung erscheinen Barbara Schwab im Traum Engel.

Den Hauptanteil daran haben zweifellos die Darsteller und die Regie: alles Schüler, ehemalige Schüler, Lehrer, Hausmeister oder Sekretärinnen des Wolfram-von-Eschenbach-Gymnasiums (WEG) oder deren Angehörige. Regie führt der Deutsch- und Geschichtslehrer Hannes Koch. Alle Beteiligten haben das Stück neben dem Schulbetrieb und mitten in den Abiturvorbereitungen einstudiert – mit ein Grund dafür, dass ein Teil der Hauptrollen doppelt besetzt wurde, etwa mit Schülern der Q11 und Abiturienten aus der Q12.

Zum Ausgleich schlüpfte ein Teil der Schauspieler gleich in mehrere Rollen: So tritt der einleitende "Mephisto" (Calvin Lukasch/Florian Hauner), der die Zuschauer bereits ganz am Anfang am Schönen Brunnen mit verfälschten Goethe-Zitaten verstört, auch als anklagender Kaplan Johann Pürkel im Hexenprozess sowie als Folterknecht im Kerker auf.

Beeindruckende Schauspieler

Großartig gespielt waren insbesondere die Hauptrollen: Teresa Hanslbauer als "Hexe" Barbara und Benedikt Rampelt als ihr treuer Verehrer Otto, ebenso Jochen Vogel als verzweifelter Vater der "Hexe".

Mit großem Elan wirkten auch viele der jüngeren Schülerinnen und Schüler mit: in der trügerischen Idyll-Szene vor dem Bürgerhaus als Ringelreihen tanzende Kinder, die aber bereits am Ende dieser Szene der schönen und beneideten Barbara Schwab "Hexe" hinterherrufen. Die Kinder schlüpften später auch in die Rolle von Engeln, die der gefolterten und verzweifelten Barbara im Kerker zum Trost im Traum erscheinen.

Die resoluten "Waschweiber" wurden von den Angehörigen des Volkschores dargestellt. Der Volkschor durfte allerdings auch singend auftreten: Er überbrückte die Wartezeit, als das maximal 120-köpfige Publikum in zwei Gruppen aufgeteilt werden musste, weil der Trausaal im Rathaus, in dem der "Hexenprozess" stattfand, nur 60 Personen fasst.

Zusammengefaltete Alphörner

Dass das WEG ein musisches Gymnasium ist, wurde an mehreren Stellen deutlich: Einmal in der Kerkerszene im Bürgerhaus, wo mehrmals das extra hierfür komponierte, unsagbar traurige Klagelied der Barbara erklang. Aber auch auf den zahlreichen Wegen, die die Zuschauer zu gehen hatten: vom Schönen Brunnen zum Bürgerhaus, zum Trausaal im Rathaus, zum Bürgerhaus, zum Apothekersgarten, zur Spitalkirche, schließlich über die Bachgasse zum Scheiterhaufen vor dem Rathaus. Mehrmals tauchte am Wegesrand eine historisch-mittelalterliche Musikcombo auf, mit Trommeln und sehr originellen Blasinstrumenten, die wie zusammengefaltete Alphörner aussahen und auch so klangen. In der Spitalkirche erklangen zudem frühneuzeitliche Choräle mit Orgel und Violinen.

Außerdem ließ sich die Theatertruppe einige Gags einfallen, um das Publikum in die historische Szenerie zu entführen: So lagen vor dem Eingang zur Spitalkirche scheinbar darbende, kranke Kinder herum. An mehreren Stellen des Wegs standen "Waschweiber" und tratschten über die "Hexe", sangen oder wuschen in der Schwabach ihre Wäsche. Kurz darauf waren dieselben "Waschweiber" plötzlich als vernehmbar kommentierendes Publikum in der abschließenden Scheiterhaufenszene vor dem Rathaus im Einsatz.

Logistische Leistung

Hier wird auch eine tolle logistische Leistung deutlich: Die Wandlungen und Wanderungen der Gruppen von einem Schauplatz zum anderen waren für das Publikum überhaupt nicht zu erkennen, die Charaktere tauchten wie aus dem Nichts auf.

Das Historienspiel, das der 1980 verstorbene Heimatdichter Hans Kipfstuhl 1950 geschrieben hat, behandelt den Fall der ersten in Schwabach als zum Tode verurteilten und hingerichteten "Hexe" Barbara Schwab. Hans Kipfstuhl verwendete die vorhandenen Akten und schmückte sie mit fiktionalen Elementen aus, um eine aufführbare Theaterhandlung daraus zu machen.

Ein Stück Stadtgeschichte

Das Stück wurde bereits 2005 erstmals aufgeführt, zum 500. Jahrestag der Hinrichtung. Seitdem ist auch zwischen Rathaus und Stadtkirche eine Gedenktafel ins Pflaster eingelassen. 2017, zum 900. Stadtjubiläum, ist dieses Stück bestens geeignet, ein Stück Stadtgeschichte lebendig werden zu lassen – wenngleich ein schlimmes.

Die Enkelin und Nachlassverwalterin des Autors, Ingeborg Kipfstuhl, half als Beraterin bei der Inszenierung mit, spielt selbst als "Waschweib" mit und singt im Volkschor mit.

Weitere Termine: 6., 7. und 8. Juli, jeweils ab 19.30 Uhr. Es gibt nur noch wenige Restkarten. Erhältlich sind sie in der Buchhandlung Lesezeichen und im Sekretariat des Wolfram-von-Eschenbach-Gymnasiums.

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