Der CSU-Direktkandidat im Portrait

Michael Frieser: "Es wird keinen neuen Lockdown geben"

25.8.2021, 11:04 Uhr
"Jeder Tag ist Wahlsonntag": Michael Frieser kämpft auch um jede Briefwahlstimme.

© Stefan Hippel "Jeder Tag ist Wahlsonntag": Michael Frieser kämpft auch um jede Briefwahlstimme.

Auch ein erfahrener Bundestagsabgeordneter lernt nie aus. Samstagnachmittag in Schwabach, Michael Frieser wird im Schnelldurchgang zum Artilleristen ausgebildet. Die Frauen-Union feiert ihr 50-jähriges Bestehen, die Historische Bürgerwehr aus Wolkersdorf gratuliert mit einem dreifachen Ehrensalut. Nach dem ersten Donnerschlag wird der CSU-Bundestagsabgeordnete für den zweiten Schuss zur Kanone gebeten.

Der Kanonier der Bürgerwehr reicht ihm eine lange Schnur für den Abzug. Das sei ganz einfach, und passieren könne auch nichts, versichert er. Frieser macht gute Miene zum lauten Spiel. Viele Festgäste halten sich lieber beide Ohren zu. Für Frieser geht das nun nicht. "Da soll ich jetzt anziehen?", fragt Frieser schmunzelnd und zögert noch einen Augenblick. Dann ein kurzer Ruck und der laute Knall.

Einen Ruck und einen Startschuss, das wünschen sie viele in der Union, und besonders in der CSU, für diesen Wahlkampf, der nicht so läuft wie erwartet. Den Startschuss in die gern zitierte heiße Phase will fast zur gleichen Zeit das Spitzentrio der Union in Berlin geben: Kanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Markus Söder und Kanzlerkandidat Armin Laschet von der CDU demonstrieren Einigkeit.

Aber was heißt schon heiße Phase? Wegen Corona rechnet Frieser mit historisch vielen Briefwählern, sogar 70 Prozent hält er für möglich. Das bedeutet für ihn: "Bis zum 26. September ist jeder Tag ein Wahlsonntag", sagt er im Gespräch mit dem Tagblatt vor der Jubiläumsfeier.

CSU: Anwalt der Interessen Bayerns

Bereits seit 2009 vertritt Michael Frieser Nürnberg-Süd und auch Schwabach im Deutschen Bundestag. 

Bereits seit 2009 vertritt Michael Frieser Nürnberg-Süd und auch Schwabach im Deutschen Bundestag.  © Harald Baumer

Seine wichtigste Botschaft? "Wer bayerische und auch fränkische Interessen in Berlin gut vertreten sehen will, der hat keine große Alternative, als CSU zu wählen. Denn die anderen Parteien bilden ihre Meinungen in Berlin, für sie hat Bayern nicht die Priorität", sagt Frieser. "Deshalb brauchen wir eine starke CSU im Koalitionsausschuss, da wird Politik gemacht."

Doch in die nächste Koalition muss es die Union erst einmal schaffen. So sicher wie noch vor Kurzem scheint das nicht mehr. Laut der jüngsten Umfragen geht der Trend nach unten. Sowohl für die Partei als auch für Armin Laschet. Der ist zwar populärer als Annalena Baerbock von den Grünen, liegt aber deutlich hinter SPD-Konkurrent Olaf Scholz. "Wir verkaufen uns unter Wert", findet Michael Frieser.

Laschet: Der unterschätzte Kandidat

Dass die CSU Markus Söder für den besseren Kandidaten gehalten hätte, ist hinlänglich bekannt. Wie aber damit im Wahlkampf umgehen? Bei Michael Frieser klingt das so: "In Bayern kann man Laschet ja gar nicht wählen", sagt er süffisant, schließlich trete die CDU hier gar nicht an. Um dann ernsthaft fortzufahren: "Wir haben der CDU ein Angebot gemacht, und die CDU hat sich anders entschieden."

Dennoch sei Armin Laschet der Beste aus dem Kandidaten-Trio. Ein Satz, der mehr als nur matte Pflichtübung ist. Laschet werde unterschätzt: "Er ist keiner, der die Leute sofort vom Hocker reißt", sagt Frieser, "aber der Mann regiert ein kompliziertes Land wie Nordrhein-Westfalen mit nur einer Stimme Mehrheit, und das gut." Auch im Bund werde das Regieren nach der Wahl nicht einfacher. "Mit seiner Erfahrung ist er der Richtige für komplizierte Lagen."

Äußerst kompliziert sind auch die Themen, die die aktuelle Debatte und damit den Wahlkampf bestimmen: Afghanistan, Corona, Fluthilfe, Klimaschutz.

"Moralische Verpflichtung"

Bei Afghanistan fällt zunächst auf, was Frieser nicht macht: Weder gibt er SPD-Außenminister Heiko Maas die Hauptschuld, noch schürt er die Angst vor einer neuen großen Flüchtlingswelle. Der unerwartet schnellen Machtübernahme der Taliban sei "eine Fehleinschätzung der internationalen Nachrichtendienste" vorangegangen. Dennoch habe die Bundeswehr bereits im Mai 1200 afghanische Ortskräfte ausgeflogen.

Trotz der schrecklichen Bilder: "Es läuft die größte Evakuierungsaktion in der Geschichte der Bundeswehr. Wir haben die moralische Verpflichtung, die Ortskräfte aufzunehmen." Das sei eine überschaubare Zahl. Für größere Flüchtlingsströme müsse man die Nachbarstaaten in der Region unterstützen und dort die Infrastruktur schaffen. Grundsätzlich gelte es, bei künftigen Auslandseinsätzen die Ziele realistischer zu fassen: "Runter mit den Maßstäben."

"Impfen ist der Weg zur Normalität"

Nach oben gehen die aktuellen Corona-Zahlen. Die vierte Welle rollt an. Dennoch wagt Michael Frieser eine klare Aussage: "Es wird keinen Lockdown mehr geben." Dabei setzt er vor allem auf die Vernunft: "Die wichtigste Botschaft lautet: Lasst Euch impfen. Impfen ist der Weg zurück in die Normalität."

Eine Impfpflicht aber schließt er aus. Ob die ab 11. Oktober kostenpflichtigen Corona-Tests nicht aber eine Impfpflicht durch die Hintertür seien? "Nein", antwortet Frieser kurz und klar. "Impfen bleibt eine persönliche Entscheidung. Der Staat macht ein Impfangebot. Das muss man nicht annehmen. Aber wer es ablehnt, kann nicht erwarten, dass die Gemeinschaft für die Tests aufkommt."

"Die Politik macht ihre Arbeit"

Der häufigen Kritik am Krisenmanagement der Politik hält Frieser zwei Hinweise entgegen: "Das Versprechen eines Impfangebots im Sommer wurde eingehalten. Und es wurden astronomische Summen an Überbrückungshilfe gewährt. Die Folge: Die Wirtschaft wächst. Alles in allem ist das Krisenmanagement gut gelungen."

Auch bei der Flutkatastrophe verteidigt Michael Fieser die Politik: "Bund und Länder zahlen 30 Milliarden Euro in den Fluthilfefonds. Die Hilfe funktioniert. Die Politik macht ihre Arbeit."

Dass dies auch für den Klimaschutz gilt, bezweifeln viele. Wie schwierig und umstritten die Umsetzung konkreter Projekte ist, zeigt sich in seinem Wahlkreis bei gleich zwei Beispielen: die Tennet-Höchstspannungsleitung P53 und das ICE-Ausbesserungswerk. Zu beiden hat Michael Frieser klare Positionen.

Juraleitung: "So geht das nicht"

Zunächst zu Tennet: "Wir brauchen in Europa ein leistungsfähiges Stromnetz, das die Energiewende möglich macht." Die neue Juraleitung sei deshalb nötig. Nur wo? Tennet habe sich "über Nacht" für die Trasse im Norden Schwabachs entschieden - inklusive eines "Monsterbauwerks der Erdverkabelung" durch Katzwang.

Bei einer Demonstration am Karsamstag in Katzwang hatte sich Michael Frieser klar gegen die Trasse durch den dicht besiedelten Nürnberger Ortsteil ausgesprochen. "Man muss das Schutzgut Mensch sehen", bekäftigt er auch im Wahlkampf.  

Bei einer Demonstration am Karsamstag in Katzwang hatte sich Michael Frieser klar gegen die Trasse durch den dicht besiedelten Nürnberger Ortsteil ausgesprochen. "Man muss das Schutzgut Mensch sehen", bekäftigt er auch im Wahlkampf.   © a-nn-st-20210403_185103-1.jpg, NN

"So geht das nicht. Man muss das Schutzgut Mensch sehen", sagt Frieser. "Die Stadt Nürnberg hat bereits angekündigt, dagegen zu klagen. Der Trassenverlauf ist noch keineswegs sicher." Als Alternative schlägt er die Trasse im Süden Schwabachs vor. Da seien sich "alle Mandatsträger im Großraum Nürnberg" einig. Dort führe die Leitung zumindest nicht direkt durch die Wohnbebauung.

Und sollte sich eine Erdverkabelung durch Katzwang nicht verhindern lassen, so fordert Frieser zumindest eine verträglichere Lösung wie die sogenannte "Molipipe", benannt nach Professor Martin Molitor. Die Vorteile: "Weniger Eingriff in die Natur, weniger Strahlung." Diese Technik müsse man auch mit öffentlichen Mitteln fördern.

Muna: "Historische Chance"

Von der Energie- zur Verkehrswende: Michael Frieser will die Bahn stärken. Der ICE sei ein fahrenden Computer, der regelmäßig gewartet werden müsse. Deshalb brauche man das Ausbesserungswerk. "Und wir wollen es auch", betont Frieser. Umstritten sind die Standorte, auch und vor allem der in Fischbach. Im Blick ist deshalb das Gelände der ehemaligen Muna bei Feucht, das dem Bund bereits gehört: "Das ist eine historische Chance."

Seine Chancen für die Wiederwahl? Sorge ums Direktmandat? "Nein", sagt Michael Frieser. "Ich sehe gute Chancen, zum vierten Mal den Wahlkreis für die CSU zu gewinnen und mich für die Bürgerinnen und Bürger einzusetzen." Und die bundesweite Stimmung für die Union? "Die wird sich wieder verbessern."

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