"Nein heißt Nein": 20-Jähriger wegen Vergewaltigung verurteilt

15.7.2020, 15:59 Uhr

"Nein heißt Nein." Mit diesen Worten betonte der Vorsitzende Richter des Jugendschöffengerichts Schwabach, Reinhard Hader, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Frauen, nachdem er einen 20-jährigen Mann wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt hatte.

Laut Staatsanwalt Christoph Dössinger hat der Angeklagte am 19. August vergangenen Jahres trotz deutlicher Hinweise seiner (damaligen) Freundin, dass sie nicht mit ihm schlafen wolle, gegen 22.30 Uhr den Geschlechtsverkehr erzwungen. Er entkleidete sie, drückte ihre Beine auseinander und drang, obwohl sie weinte und versuchte, ihn von sich zu wegzudrücken, in sie ein.

Der 20-Jährige bestritt das. Nach einem gemeinsamen Essen und Fernsehabend sei es sogar zu Küssen gekommen, sagte er. Seine ehemalige Freundin sei später nach Hause gegangen, da sie Bauchschmerzen hatte. Es sei zu keinem Verkehr gekommen, beteuerte er, wollte aber nicht unerwähnt lassen, dass es in den Tagen vor der angeblichen Tatnacht immer wieder zu Streitigkeiten gekommen sei, da seine Ex eifersüchtig gewesen sei.

Völlig aufgewühlt

Eine Zeugin, die weder den Angeklagten noch sein vermeintliches Opfer kannte, berichtete dem Richter und seinen beiden Schöffen, dass sie beim späten Gassigehen mit ihrem Hund einer 20- bis 25-jährigen Frau begegnet sei, die "total aufgewühlt war" und geweint habe. Auf ihre Frage hin, ob sie helfen könne, habe sich diese "ängstlich umgeschaut". "Ich wurde gerade von meinem Freund vergewaltigt", habe sie unter Tränen gesagt. Die Zeugin empfahl, die Polizei anzurufen, und wartete dann mit der jungen Frau auf deren Mutter.

"Es ist was ganz Schlimmes passiert", habe ihre Tochter beim Anruf zu ihr gesagt, erinnerte sich die Mama. Sie habe sie dann abgeholt und dabei "ein Häufchen Elend vorgefunden", das nur geweint habe. "So habe ich mein Kind noch nie erlebt", gestand die Mutter, die auch von vielen Problemen nach der schicksalshaften Nacht wusste. Ihre Tochter sei psychisch noch immer schwer belastet, sei in psychotherapeutischer Behandlung und habe eine Zeit lang gar versucht, das Erlebte mit Alkohol hinunterzuspülen.

Die Zeugin berichtete zudem, dass der 20-Jährige trotz Kontaktverbot ihrer Tochter immer wieder nachgestellt habe: vor der Wohnung und sogar in der S-Bahn. Das sei auch aktenkundig.

Kondom im Papierkorb

Einen weiteren "Baustein", der zur Verurteilung des jungen Mannes durch das Schöffengericht führte, war die Aussage einer Beamtin der Kripo Schwabach. Die nämlich hatte den Angeklagten nach dem Verbleib des Kondoms aus der Nacht vom 19. August gefragt und bekam zur Antwort, dass sich dieses – zusammen mit anderen Kondomen – in einem Papierkorb befinde.

"Der Vorwurf der Vergewaltigung hat sich vollumfänglich bestätigt", folgerte Staatsanwalt Dössinger nicht nur wegen dieser Aussage. Auch die Einlassungen der beiden Zeuginnen und des Opfers selbst seien glaubhaft gewesen. Dössinger kritisierte zudem das Nachtatverhalten des Angeklagten. "Er hat seine Exfreundin trotz Auflagen nicht in Ruhe gelassen", sagte er und forderte drei Jahre Jugendstrafe. Opferanwältin Monika Goller (Nürnberg) schloss sich diesen Ausführungen an und betonte vor allem die massiven Folgen der Tat: "Aufgearbeitet ist das nicht", so die Anwältin.

Der vom Gericht bestellte Pflichtverteidiger Stephan Stärzl (Schwabach) legte sich für seinen Mandanten mächtig ins Zeug. Er machte sich Formulierungen aus dem Bericht von Petra Zwingel von der Jugendgerichtshilfe am Landratsamt Roth zu eigen, die davon gesprochen hatte, dass der Angeklagte "in einer eigenen Welt lebt" und man bei ihm von Reiferückständen sprechen müsse. Stärzl wollte der Ex-Freundin keine Falschaussage unterstellen. Er bezweifelte aber, dass der 20-Jährige die Abwehrversuche tatsächlich wahrgenommen habe.

Freispruch gefordert

Zudem hätten sich bei einer Untersuchung der jungen Frau keinerlei Hinweise auf Gewaltanwendung ergeben: "Keine Verletzungen, kein Hämatom – nichts." Der Anwalt plädierte deshalb für einen Freispruch.

Das Schöffengericht sah das – wie eingangs erwähnt – anders. Das Weinen muss er doch wahrgenommen haben, meinte der Vorsitzende Richter, "aber es war ihm wurscht". Dass sich der 20-Jährige per WhatsApp bei seiner damaligen Freundin entschuldigt habe und dessen Aussage zum Verbleib des Kondoms bei der Kripo wertete das Schöffengericht als weitere Beweise, dass die Vergewaltigung stattgefunden hat.

Grenzen nicht akzeptiert

Reinhard Hader erinnerte zudem an ein Verfahren wegen der Verbreitung pornografischer Schriften, das gegen Auflagen eingestellt worden war. 2018 hatte der heute 20-Jährige ein Video von sich an ein Mädchen geschickt, auf dem er masturbierte. Was das bei jungen Frauen an Spuren hinterlasse, könne man sich nur schwer vorstellen, meinte der Richter. Das könne ein Leben lang nachwirken.

Das Verhalten nach der Tat (Verstoß gegen das Kontaktverbot) habe zudem gezeigt, dass sich der Angeklagte schwer tue, aufgezeigte Grenzen zu akzeptieren.

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