Original oder Kopie? Spurensuche nach Dürer

29.6.2012, 08:20 Uhr
Original oder Kopie? Spurensuche nach Dürer

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Die 31-jährige Kunsthistorikerin ist Fachfrau für Handzeichnungen. Auf diesem Gebiet hat sie sich ausführlich mit dem Werk des großen Künstlers beschäftigt. „Dürers Nacktheit – Das Weimarer Selbstbildnis“ ist der Titel ihrer erst kürzlich erschienenen Dissertation. Die Kuratoren der Ausstellung empfehlen diese Doktorarbeit für wissenschaftlich Interessierte als Begleitlektüre.

Seit Januar wohnt Christine Demele in der Schwabacher Stadtparkstraße. Die Liebe hat die im hessischen Bad Hersfeld geborene und überwiegend in Heidelberg aufgewachsene Wissenschaftlerin nach Mittelfranken geführt.

Dürers Originale

Hier arbeitet sie zurzeit in der Graphischen Sammlung der Universität Erlangen-Nürnberg für den Freistaat Bayern. „Zeichnen seit Dürer“, wird der Band heißen, für den sie zeichnerische Werke in der Erlanger Universitätsbibliothek sichtet und begutachtet. „Tagtäglich mit den Originalen zu arbeiten, das ist großartig“, schwärmt Demele von ihrer Aufgabe. Projektleiter und Herausgeber ist Professor Dr. Hans Dickel vom Institut für Kunstgeschichte der Uni Erlangen.

Christine Demele muss die Zeichnungen ausmessen, ihre Rückseite erkunden und das Papier nach Wasserzeichen absuchen. „Mit der Lupe sehe ich mir dann das Strichbild genau an, um möglichst viel herauszulesen“, beschreibt die Kunsthistorikerin den wesentlichen Teil ihrer Forschungen. Die Strichbildanalyse bringt zutage, ob es sich um eine Kopie oder um ein Original, um das Werk eines Anfängers oder routinierten Meisters handelt.

„Aus wessen Feder stammt die Zeichnung überhaupt?“ Diese Frage ist nicht immer zu beantworten. Fast ebenso wichtig ist aber: „Welche Funktion hatte sie?“

Denn Zeichnungen als eigenständige Kunstgattung sind damals nicht die Regel. „Manche sind schlicht Übungsprodukte eines Lehrlings, andere waren als Skizzen, Studien oder Reinzeichnungen konkrete Vorarbeiten für das eigentliche Kunstwerk, etwa ein Gemälde“, erklärt sie. In den Künstlerwerkstätten der Renaissance existierten umfangreiche Bestände von Zeichnungen dieser Art. Dürer war einer der ersten, der sich der autonomen Zeichnung widmete. So in seinem Selbstbildnis als Akt in Weimar. „Hier wandelt sich die Stellung der Zeichnung hin zu einem eigenständigen Kunstwerk“, so Christine Demele.

Dürer war nicht nur künstlerisch ein Vorreiter. Er wusste auch, worauf es bei der Vermarktung seiner Werke ankam. So versah er sie systematisch mit seinem Monogramm und machte sich damit auf dem Kunstmarkt einen Namen. Ferner war er der erste Maler, der einen Urheberrechtsstreit führte. Wegen der missbräuchlichen Verwendung seiner Signatur verklagte Dürer einen italienischen Kupferstecher bei der Stadt Venedig und bekam Recht.

Studium in Moskau

Christine Demele absolvierte ihr Abitur an der Heidelberger Waldorfschule. Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr in St. Petersburg zog es sie nach Jena. An der dortigen Friedrich-Schiller-Universität und an der Lomonossow-Universität in Moskau studierte sie Kunstgeschichte, Ostslawistik und Kulturgeschichte. In Düsseldorf war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin für ein Beuys-Forschungs- und Ausstellungsprojekt. Für den Bestandskatalog der italienischen Zeichnungen aus Goethes Sammlung in Weimar erhielt sie den Dr.-Heinrich-Weber-Preis. Außerdem war sie Promotionsstipendiatin der Gerda-Henkel-Stiftung.

In Schwabach hat es ihr besonders die Städtische Galerie im Bürgerhaus angetan, deren Ausstellungen sie regelmäßig besucht. „Die Auswahl der Künstler ist unglaublich spannend und vielseitig.“ Nebenbei engagiert sie sich in der Schwabacher amnesty-international-Gruppe. „Wir freuen uns über jeden, der uns im Einsatz für die Menschenrechte unterstützen möchte.“

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