Prozess: Vergewaltiger schlug auch in Schwabach zu

11.3.2017, 05:58 Uhr
In Bamberg steht ein Mann vor Gericht, dem vorgeworfen wird, für eine versuchte Vergewaltigung in Schwabach im Jahr 2015 verantwortlich zu sein.

© NEWS5 / Herse In Bamberg steht ein Mann vor Gericht, dem vorgeworfen wird, für eine versuchte Vergewaltigung in Schwabach im Jahr 2015 verantwortlich zu sein.

Am ersten Prozesstag ging es um die versuchte Vergewaltigung nahe des Forchheimer Ortsteil Kersbach im Mai 2016. Dank eines vorbeifahrenden Zeugen ließ Rami F. von seinem Opfer ab und konnte kurz darauf festgenommen werden.

Dabei aufgefundene DNS-Spuren wurden mit anderen ungeklärten Fällen verglichen. Dabei landeten die Ermittler zwei Treffer: Einmal bei einer Vergewaltigung in Mering bei Augsburg im September 2015, zum anderen bei einer versuchten Vergewaltigung in Schwabach, die am Tag vor der Augsburger Tat stattfand.

Zwischen Schwabach und Wolkersdorf

Am zweiten Verhandlungstag stand das Geschehen in Schwabach und Mering im Mittelpunkt. Gegen 20 Uhr war eine 20-Jährige auf einem Fußweg entlang der B 2 von Schwabach nach Wolkersdorf gelaufen. Vor ihr ging der Angeklagte, der sich auf eine Bank setzte, um eine Zigarette zu rauchen. Dabei sprach er sie in gebrochenem Deutsch kurz an. Die junge Frau ging weiter. Da packte sie der Täter von hinten und zerrte sie in den Graben neben dem Weg. Er schlug ihr ins Gesicht und gegen den Oberkörper und versuchte, die sich wehrende Frau zu Boden zu ringen. Wegen des heftigen Widerstands ließ er von ihr ab und flüchtete.

Das Opfer, eine 20-jährige Auszubildende, wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen. Allerdings schilderte ihre Mutter dem Gericht die drastischen Folgen für die junge Frau. Bis heute sei sie kaum in der Lage, ihren Alltag zu bewältigen. "Sie traut sich kaum allein irgendwo hin", so die Mutter. Bis vor kurzem musste sie ihre Tochter jeden Morgen um 6.30 Uhr zum Auto begleiten.

Schlimme Folgen

"Sie ist seither ständig krank und leidet an Erschöpfungszuständen, Schlaflosigkeit und depressiver Verstimmung. Wir raten ihr zu einer Traumatherapie", berichtete die Mutter weiter. "Als Außenstehende können wir es nur ahnen, aber wir tragen mit, was ihr angetan wurde. Sie war vorher eine selbstsichere Frau."

Wegen der Schmerzen, so die Mutter weiter, begab sich das Opfer erst am nächsten Morgen in die Schwabacher Klinik. Für den behandelnden Arzt ist es nichts Ungewöhnliches, dass sie zuerst die Schmerzen ausgeblendet hatte: "Das ist typisch bei so etwas, auch bei Unfällen."

Auf die Zunge gebissen

In der Klinik wurden eine Gehirnerschütterung und Prellungen an der Halswirbelsäule und am Schlüsselbein festgestellt. Das Opfer war auf einen Gullydeckel im Graben geprallt, ihm wurde dabei kurzzeitig schwarz vor Augen. Außerdem stellte der Zahnarzt des Opfers noch einen Biss in die Zunge fest, eine nicht seltene Reaktion auf die bei Würgen aufkommende Panik.

Der Kriminaldauerdienst Mittelfranken wurde nach der Anzeige bei der Polizeiinspektion Schwabach eingeschaltet. Die Ermittler fanden am Tatort eine angerauchte Zigarettenkippe und eine leere Zigarettenschachtel. Weitere DNS-Spuren des Täters sicherten sie an der Kleidung des Opfers und unter seinen Fingernägeln.

Nicht wiedererkannt

Einen Tatverdächtigen gab es zunächst nicht. Zwar legte man dem Opfer Bilder von zu ihrer Täterbeschreibung passenden Männern vor, darunter auch zufällig eines von Rami F. Doch sie erkannte ihn nicht wieder.

Schließlich der dritte Fall: "Was ich erlebt habe, war fast wie ein Horrorfilm", berichtete ein 22-jähriger Student aus Mering, der unmittelbar nach der Tat am Abend des 12. September 2015 nur wenige Meter vom Tatort entfernt auf das Opfer traf.

Mitten in der Unterführung am Bahnhof St. Afra lief ihm ein Mädchen entgegen und winkte mit dem Arm. Er hielt an, sie riss die Tür auf und schrie: "Fahr los!" Sie weinte und war sehr aufgeregt, so dass sie kaum sprechen konnte. Er verstand nur: ". . . und dann hat er mich vergewaltigt".

Ermittler auf der falschen Spur

Um den Polizeinotruf zu erreichen, hielt er in einer dunklen Wohngegend, was die 16-Jährige sehr erschreckte. Sie hatte immer noch Todesangst. "Wenn ich jemanden dort am Bahnhofparkplatz laufen gesehen hätte, wäre ich hinterher", versicherte der Zeuge.

Doch zunächst geriet er selbst ins Visier der Ermittler. Man habe ihm mit Gefängnis und Handybeschlagnahme gedroht. Erst ein Anruf bei seinem Anwalt habe ihm aus dieser Lage geholfen – und später die DNS-Spuren des Täters am Körper des Opfers.

Die junge Frau sagte zum Tatgeschehen ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Ihre Mutter schilderte die Folgen. Immer noch schrecke das Mädchen nachts hoch und schreie. Sie sei früher sehr selbständig und viel mit Freunden unterwegs gewesen. "Das hat nachgelassen", berichtete die Mutter vor Gericht.

Illegale Einreise

Am ersten Verhandlungstag hatte der Angeklagte erklärt: "Ich möchte eine Generalreinigung machen." Schon 2007 will er sein Heimatland verlassen und sich lange in Italien aufgehalten haben. In den letzten drei Jahren, so wurde ermittelt, ist er mehrfach in Deutschland ein- und aus Deutschland ausgereist. Nach Österreich und in die Schweiz, wo er unter seiner gerichtsbekannten Identität auch wegen illegaler Einreise zweimal verurteilt wurde – in Deutschland einmal wegen Diebstahls. Die kurzen Freiheitsstrafen verbüßte er.

Bei seinen Einreisen nach Deutschland gab er sich mal aus Syrer aus, mal als Tunesier und beantragte jeweils Asyl. Ob ihm unter seinen Aliasnamen weitere Straftaten zur Last gelegt werden können, ist noch nicht bekannt. Zu den Taten befragt, schwankte der Angeklagte zwischen "möchte ich nicht sagen" und der Forderung nach Beweisen. In Richtung eines Geständnisses ging es, als er sagte: "Die Vorwürfe stimmen im Großen und Ganzen." Er schäme sich, weil er selber Schwestern habe. Später relativierte er seine Aussagen allerdings wieder.

Das Urteil fällt voraussichtlich nächste Woche.