Schritt für Schritt zur Spritze: So läuft´s im Schwabacher Impfzentrum

13.1.2021, 13:45 Uhr
Schritt für Schritt zur Spritze: So läuft´s im Schwabacher Impfzentrum

© Foto: Robert Gerner

"Eigentlich wollte ich mit dem Fahrrad kommen." In seinen 38 Jahren als Schwabacher Oberbürgermeister (1970 – 2008) war der heute 82-Jährige praktisch ausschließlich auf zwei Rädern in der Stadt unterwegs. Der Dienstwagen wurde nur aus der Tiefgarage geholt, wenn er nach Ansbach oder München musste.

Auch knapp 13 Jahre nach Dienstschluss ist Reimann noch leidenschaftlicher Radfahrer. Doch an diesem Mittwochmorgen, dem Tag, an dem das stationäre Schwabacher Impfzentrum seinen Betrieb aufnimmt, herrschen Minustemperaturen. Die Nebenstraßen und viele Gehwege sind spiegelglatt. Es ist damit nicht der ideale Tag, um über 80-Jährige vor die Haustür zu locken, wo die Rutsch- und Sturzgefahr besonders groß ist.

Aber Impftermin ist Impftermin, und Hartwig Reimann ist einer der ersten, die einen dieser Termine im Schwabacher Impfzentrum ergattert haben. Der Alt-OB lässt sich von seiner Frau Ulrike Dehner-Reimann zum DJK-Sportheim an die Huttersbühlstraße fahren und macht dort Werbung für die Spritze, die derzeit wohl die beste Chance ist, die Corona-Pandemie in absehbarer Zeit unter Kontrolle zu bringen.

Ausweis und Impfpass

Viel musste der 82-Jährige nicht mitbringen: Personalausweis und den gelben Impfpass. So steht es auch in dem Brief, den 2800 Schwabacherinnen und Schwabacher in den vergangenen Tagen von Reimanns Nach-Nachfolger Peter Reiß bekommen haben.

Reiß ist an diesem Mittwochmorgen ebenfalls zum Impfzentrum geeilt, um zu sehen, wie der Start läuft. Viel auszusetzen gibt es nicht. Hier und dort fehlen noch Kleinigkeiten wie Schachteln für gebrauchte Kugelschreiber. Aber das alles lässt sich jetzt schnell beheben, wo das Impfzentrum gerade erst hochfährt, aber von der Volllast (250 Impfungen pro Tag) noch weit entfernt ist.

Probelauf ist schon erledigt

Wobei man sagen muss: Die 50 Frauen und Männer der Generation 80+, die am offiziellen Premierentag einen Termin erhalten haben, sind nicht die ersten, die im Impfzentrum immunisiert worden sind. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen (BRK, Johanniter) zum Beispiel sind hier schon vor einigen Tagen geimpft worden. "Das war für uns der Probelauf", sagt Christiane Kostka, die Pandemiebeauftragte der Stadt Schwabach, die für die Organisation des Impfzentrums zuständig ist.

Hartwig Reimann kann nicht einfach reinmarschieren und sagen "Hallo, hier bin ich." Am Eingang sitzt ein Mitarbeiter der Nürnberger Wach- und Schließgesellschaft. Die Männer bewachen das Gebäude 24 Stunden lang. Hier lagert Impfstoff, hier lagert aber auch das übrige Equipement.

Schritt für Schritt zur Spritze: So läuft´s im Schwabacher Impfzentrum

© Foto: Robert Gerner

Der Mitarbeiter hat eine Excel-Liste vor sich liegen. Auf der stehen 50 Namen. Hartwig Reimanns Name steht relativ weit oben. "Bitteschön", bestätigt der Mitarbeiter und weist mit der linken Hand den Weg, "hier entlang."

Hilfe von der Bundeswehr

Hartwig Reimann desinfiziert sich an einem der zahlreichen Spender die Hände, dann geht es ein paar Stufen runter, durch einen Gang, dann wieder ein paar Stufen hoch – so erreicht der Alt-OB den Anmeldebereich. Zwei Bundeswehrsoldaten aus Oberviechtach sitzen hinter zwei riesigen transparenten Spuckschutzwänden und tippen Reimanns Daten in den Computer.

Schritt für Schritt zur Spritze: So läuft´s im Schwabacher Impfzentrum

© Foto: Robert Gerner

Dass man (kostenlose) Unterstützung von der Truppe bekomme, findet Stadtrechtsrat Knut Engelbrecht, der Hartwig Reimann und Peter Reiß begleitet, "eine tolle Geste und eine tolle Sache vom Bund." Das entlaste die ehrenamtlichen und hauptamtlichen Helfer von BRK und Johannitern, die im Impfzentrum ebenfalls Dienst tun.

Philipp Kowal, so heißt einer der Soldaten, tippt nicht nur Reimanns Namen und Daten in den Rechner. Er stellt auch viele Fragen. Ob der frühere Oberbürgermeister schon einmal positiv getestet worden sei. Ob er sich gesund fühle, ob er schon einmal allergische Reaktionen nach einer Impfung bekommen habe. Ob er überhaupt auf etwas allergisch reagiere. Die Anmeldung ist der zeitaufwändigste Part der Impfung.

Besser als erwartet

Peter Reiß hofft, dass sich nach und nach weniger Leute telefonisch um einen Termin bemühen, sondern sich lieber online registrieren, vielleicht auch mit Hilfe von Familienangehörigen. Das habe den Vorteil, dass dann ein Teil des Anmelde-Procederes entfalle beziehungsweise abgekürzt werden könne. "Dann liegen nämlich viele Daten schon vor."

Man muss sagen, dass das in Schwabach mit der telefonischen Anmeldung aber besser funktioniert hat, als Knut Engelbrecht am Sonntag noch befürchtet hatte.

Das mag daran liegen, dass die Stadt die 2800 Briefe an die über 80-Jährigen zwar auf einen Schwung weggeschickt hat, diese Briefe aber nicht alle an einem Tag in den Briefkästen der Empfänger gelandet sind. Das hat zu einer gewissen Entzerrung geführt. "Dienstagnachmittag gab es mal einige Stunden, wo Anrufer ganz lange warten mussten", berichtet Christiane Kostka, die Organisationsleiterin. "Aber insgesamt war es bisher schon noch o.k."

Schritt für Schritt zur Spritze: So läuft´s im Schwabacher Impfzentrum

© Foto: Robert Gerner

Hartwig Reimann hat inzwischen seine Anmeldung hinter sich gebracht, verlässt den Raum durch eine Tür nach links – und verschwindet gleich hinter einer Tür rechts: Das Impfgespräch mit einem Arzt steht an. Der Arzt ist an diesem Morgen Dr. Volker Rösch, der sich ganz besonders für dieses Schwabacher Impfzentrum engagiert hat.

Allzu lange sprechen die beiden hinter verschlossener Türe aber nicht. Hartwig Reimann hat sich vorher schon ganz gut informiert über die möglichen Nebenwirkungen der Schutzimpfung. Die sind nach allem, was man nach gut 700 000 Spritzen, die inzwischen in Deutschland gesetzt worden sind, weiß, harmlos: eine Rötung an der Einstichstelle, ein bisschen Wundschmerz, zwei Tage lang ein "schwerer" Arm.

Rösch hat schon etliche Patienten in Heimen geimpft. Und er ist vom neuartigen Vakzin überzeugt: "Den Leuten geht es danach gut." Und das mit den Langzeitwirkungen? Die kennt man, wie der Name schon sagt, halt erst nach langer Zeit. Aber wollen wir uns bis dorthin wirklich von Lockdown zu Lockdown hangeln?

Eine Sache von Sekunden

Hartwig Reimann kommt zur Tür heraus und tritt in den nächsten Raum ein. Jacke aus, Hemd hochkrempeln. Volker Rösch nimmt eine der sechs aufgezogenen Spritzen. Ein kurzer Stich, Pflaster drüber, fertig. Die Impfung selbst ist eine Sekundensache.

Reimann krempelt das Hemd wieder hinunter und zieht die Jacke an. Theoretisch könnte er jetzt in einem Ruheraum ein paar Minuten Pause machen. Dort sind auch Mitarbeiter der Johanniter und des BRK, die nach dem rechten sehen. Doch der Alt-OB fühlt sich fit und drängt zum Auto. Seine Frau wartet schließlich schon.

Werner Schulze, wie Reimann 82 Jahre alt, gönnt sich dagegen die paar Minuten. Seine Tochter hat ihm geholfen, sich über das Internet anzumelden. "War dann problemlos", erzählt er. Und die Impfung selbst? "Schauen Sie mich an", sagt er gut gelaunt und lacht. "Ich lebe noch."

 

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