Schwabach ehrt sein "Wunderkind"

11.12.2020, 15:00 Uhr
Schwabach ehrt sein

© Foto: Günther Wilhelm

Es klingt unglaublich: Mit fünf Jahren beherrschte er nicht nur Deutsch und Französisch, seine beiden Muttersprachen, sondern auch Latein und Griechisch, wenige Jahre später zudem Hebräisch und einige orientalische Sprachen.

Mit zehn fand er eine Methode zur Bestimmung von Längengraden im Meer. Mit 13 veröffentlichte er sein erstes wissenschaftliches Buch. Und mit gerade einmal 14 Jahren wurde er zum Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften berufen.

Sohn einer hugenottischen Familie

Jean-Philippe Baratier war das, was man ein "Wunderkind" nennt. Dennoch ist sein Namen heute nur noch wenigen ein Begriff. Der Grund ist ein tragischer: Mit nur 19 Jahren erlag er einer schweren Krankheit.

Zweifellos war Jean-Philippe Baratier einer der herausragendsten Köpfe, die je in Schwabach das Licht der Welt erblickt haben. Am 19. Januar 2021 wird das 300 Jahre her sein.

Viele Aktionen geplant

Bislang erinnert eine Tafel des Geschichts- und Heimatvereins am Geburtshaus in der Boxlohe an den Spross einer hugenottischen Familie. Doch zum 300. Geburtstag feiert die Stadt ihr Wunderkind auf vielfältige Weise: unter anderem mit einem Festvortrag von Professor Dr. Günter Berger, einer Broschüre vom Stadtheimatpflegerin Ursula Kaiser-Biburger und Stadtarchivar Wolfgang Dippert, Stadtführungen von Klaus Huber und Ulrich Distler, einer Stadtrallye-App für Kinder, einer Bronzefigur und nicht zuletzt einer Straßenbezeichnung.

Der Fußweg zwischen der Reichswaisenhaus– und der Petzoldstraße, der am großen Parkplatz und dem Altstadtkindergarten vorbeiführt, wird künftig "Baratier-Weg" heißen. Das hat der Stadtratsausschuss für Umwelt und Mobilität in seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen.

Möglicherweise wird er aber auch "Baratierweg" ohne Bindestrich geschrieben. Die Stadt wird das rechtlich noch klären. Grünen-Stadtrat Bernhard Spachmüller, von Beruf Kartograph, wies darauf hin, dass dies die eigentlich korrekte Schreibweise sei: "Beim fremdsprachigen Namen ist aber auch der Bindestrich okay."

Diskussion über Heinrich Krauß

In diesem Zusammenhang wies Spachmüller darauf hin, dass es in Schwabach einige uneinheitliche Schreibweisen auf Straßenschildern gebe, etwa neben dem korrekten "Hembacher Weg" auch noch den "Hembacherweg".

Zudem erinnerte er an einen Antrag der Grünen, der bereits vor vier Jahren gestellt, aber nie behandelt wurde. Dabei geht es um Straßen, die nach nicht unumstrittenen Persönlichkeiten benannt wurden. Dazu zählen die Grünen geschichtliche Personen wie Hindenburg oder Bismarck, aber auch den Schwabacher Heimatforscher Heinrich Krauß.

Im Schwabacher Stadtlexikon heißt es über den 1959 verstorbenen Lehrer und Schriftsteller: Seine Verdienste um die Heimatforschung seien unbestritten. Sie würden aber "getrübt durch seine unrühmliche Rolle als Verfechter nationalsozialistischen und antisemitischen Gedankenguts in Aufsätzen, mit denen er sein ganzes Gewicht als renommierter Heimatschriftsteller gegen die Schwabacher oder auch die Georgensgmünder Juden in die Waagschale warf".

"Umbenennung kein Thema"

"Umbenennungen der Straßen sind aber nicht das Thema", erklärte Spachmüller. Die nämlich sind für die Anwohner extrem aufwändig und auch nicht billig, da sie Adressen ändern müssten.

"Aber diese Straßen wären – ganz ohne Zeitdruck – eine lohnenswerte Auseinandersetzung", so Spachmüller weiter. Denkbar seien zusätzliche Hinweisschilder als Information.

Dies gelte ganz generell für wichtige Schwabacher Persönlichkeiten wie Dr. Georg Betz oder Wilhelm Dümmler. "Man sollte", findet Bernhard Spachmüller, "ins Bewusstsein rufen, nach wem unsere Straßen benannt sind."

Lesen Sie über Jean-Philippe Baratier außerdem: 

https://cms.nordbayern.de/polopoly/CM?owid=7605423519

 

 

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