Schwabach: Marionettenbühne fasst Neustart ins Auge

16.6.2020, 05:58 Uhr
Schwabach: Marionettenbühne fasst Neustart ins Auge

© Foto: Thomas Correll

15. März 2020. Die Schwabacher Marionettenbühne gibt das Dornröschen. Das Haus ist ausverkauft. Eigentlich. Es kommen nur 25 Besucher in die Vorstellung, die Angst vor Corona reißt große Löcher in die Zuschauerreihen. Nach dem Dornröschen folgt: der absolute Stillstand. Für Armin Vogel, der 1996 Chef der Marionettenbühne ist, beginnt eine Zeit der Unsicherheit.

Heute herrscht immer noch Unsicherheit, aber Vogel hat seine positive Einstellung nicht verloren. "Natürlich nicht, es muss ja irgendwie weitergehen." Aber in den ersten Wochen des Lockdowns seien kreative Gedanken schwierig gewesen, "geistiger Stillstand" nennt Vogel das im Rückblick.

60 Aufführungen sind ausgefallen

Seine ersten Maßnahmen: Ausgaben begrenzen. Seine einzige feste Mitarbeiterin ging in Kurzarbeit. Eine freie Mitarbeiterin musste ohne die gewohnten Honorare auskommen. Die Stromkosten gingen automatisch nach unten. Ohne Vorstellungen wird auch kein Strom gebraucht.

60 Aufführungen sind seit Beginn der Krise ausgefallen. Besonders die Zeit vor Ostern schlägt hier zu Buche, mit der Vorweihnachtszeit normalerweise die umsatzstärksten Wochen des Jahres. Dass der Hauptsponsor die Zahlungen einstellte, dafür hat Vogel vollstes Verständnis: "Wenn die ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, können sie natürlich keine Kulturförderung rechtfertigen." Nur addieren sich die Verluste dann auf. Rund 20 000 Euro Ausfall, überschlägt Vogel, hat ihm Corona bisher eingebracht: "Und die sind logischerweise auch nicht mehr aufholbar."

Viele Vorgaben

Allerdings habe er auch viel Hilfsbereitschaft erfahren. Die Awo habe zwei Veranstaltungen gebucht und bezahlt – durchgeführt werden sie "wenn es wieder geht". Auch von seiten der Gewobau, deren kostenfreier Mieter Vogel im Alten DG ist, kam Unterstützung. Schließlich wich der "geistige Stillstand" einer regen Tätigkeit, weil nach und nach die Richtlinien für den Restart bekannt werden.

Das heißt konkret: Seit dieser Woche könnte Vogel wieder Vorstellungen geben. Ganz soweit ist er noch nicht, denn dafür müssen viele Vorgaben eingehalten werden. Vogel hat die Sitzplätze so verteilt, dass zwischen den einzelnen, für drei, vier Familienmitglieder vorgesehenen Sitzgruppen jeweils mindestens 1,50 Meter Abstand sind. Mehr als 50 Besucher sind ohnehin nicht zugelassen. Mit der jetzigen Sitzverteilung kommt Vogel auf 33: "Notbetrieb."

Die "Zielgruppe" trägt keine Maske

Nun muss ein Hygienekonzept her, es braucht Genehmigungen. Tickets sollen nur über vorherige Reservierung vergeben werden, die Besucher müssen Namen und Adressen angeben. Die Wege zum hinein- und wieder hinauskommen sollen genau abgetrennt sein. Außerdem herrscht in Bayern Maskenpflicht – im Gegensatz zu anderen Bundesländern auch während der Vorstellungen. Das ist jedoch nicht ganz so schlimm, weil Kinder unter sechs Jahren – ein Großteil der "Zielgruppe" – ohnehin keine Masken tragen müssen.

Vogel ist jedenfalls optimistisch, dass er bald erste Termine für Vorstellungen bekannt geben kann. Den Sommer über wird er mit einem "Notensemble" antreten, die Tochter hilft aus. Ende des Sommers steht dann der Umzug an. Wenn die sanierten alten Räumlichkeiten im südlichen Flügel des Alten DG bezogen sind, hofft Vogel auf einen echten Neustart mit dem Herbstprogramm.

Verständnis für Vorsicht

"Nach derzeitigen Vorgaben kriege ich locker 50 Leute in den neuen Saal." Um kostendeckend zu arbeiten, müssten es aber schon 70 bis 100 sein. Vogel hofft dementsprechend auf weitere Lockerungen. Fazit: Wenn eine zweite Infektionswelle ausbleibt, schaut Vogel trotz aller Einschränkungen positiv in die Zukunft.

Dass die Politik bei den Lockerungen vorsichtig ist, dafür hat der 58-Jährige Verständnis, auch wenn es um seine Existenz geht: "Die zuständigen Stellen sind mit so etwas auch zum ersten Mal konfrontiert." Er betont, dass seine Marionettenbühne ohne Zuschüsse von Stadt, Bezirk und Freistaat nicht überleben könnte – Corona hin oder her.

Grüße vom Meiers Gerch

Wie der Tourbetrieb wieder anlaufen wird, das ist eine weitere Sorge, die Vogel sich derzeit machen muss. Aufführungen in Grundschulen vor 120 Schülern werden vorerst nicht möglich sein. Man habe sich über die Jahre aber ein sehr treues Stammpublikum unter den Schulen und Kitas der Region erarbeitet. "Wir werden ausloten, wie sich das durchführen lässt", sagt Vogel.

Die Zeit des Stillstands ist also vorbei. Bis die Marionetten wieder live zu sehen sind, hat Vogel für die Freunde der Bühne einen "Gruß vom Meiers Gerch" auf Video aufgenommen und auf die Webseite gestellt. Dort werden auch die neuen Termine veröffentlicht, wenn sie feststehen.

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