Schwabach/Roth: Gerichtsurteil empört Einzelhändler

2.2.2021, 06:00 Uhr
Schwabach/Roth: Gerichtsurteil empört Einzelhändler

© Foto: imago images/Manuel Geisser

Schwabachs Stadtrechtsrat Knut Engelbrecht erklärt die rechtliche Lage: Bisher durften etwa Discounter oder Drogerien, die ja geöffnet sind, nichts "über das übliche Sortiment hinaus" verkaufen. Was aber heißt das konkret? "Das ist der Punkt: Die Richter fanden das zu unbestimmt und haben die Verordnung gekippt", so Engelbrecht. "Das Gesundheitsministerium hat daraufhin die Frage der Zusatzsortimente aus den Richtlinien gestrichen. Damit haben wir als Stadt auch keine Handhabe für Kontrollen mehr." Die Folge: Verkaufsbeschränkungen sind gefallen.

Unfaire Ungleichbehandlung

Die Reaktion des Einzelhandels ist unmissverständlich: "Die Öffnung der Non-Food-Sortimente wie Kleider, Spielwaren, Haushaltswaren und elektronische Artikel bei den großen Lebensmittlern wie Real, Drogeristen wie Müller und großen Discountern wie Aldi, Lidl oder Netto ist ein Schlag ins Gesicht der Unternehmen und deren Mitarbeiter, die weiterhin ihre Geschäfte geschlossen halten müssen.

Hier entsteht eine Ungleichbehandlung und Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der geschlossenen Betriebe", sagt Christian Frenzel, der Sprecher des Einzelhandelsverbands Schwabach.

Sein Rother Kollege Uwe Heyder sieht das genauso: "Ich kann nicht nachvollziehen, dass große Handels- und Discounterketten neben Lebensmitteln alles Mögliche verkaufen dürfen, während der Fachhandel komplett geschlossen bleibt."

Auch im Landtag wurde heftig über dieses Thema debattiert. Dabei forderten vor allem FDP und Freie Wähler eine Öffnung des Einzelhandels. Auch der CSU-Abgeordnete Walter Taubeneder aus Passau sieht eine "offen zutage tretende Wettbewerbsverzerrung" und kündigte an, sich an Ministerpräsident Markus Söder zu wenden. Es gebe nur zwei Möglichkeiten: entweder die großen Lebensmittelhändler zu beschränken oder den Einzelhandel insgesamt zu öffnen.

Genau das ist auch die Forderung von Frenzel und Heyder. Die Ungerechtigkeit sei doch offensichtlich. "Was ist der Unterschied? Nur die Betriebsform", sagt Frenzel. "Bei großen Ketten ist das in Ordnung, und wir müssen geschlossen bleiben. Das geht so nicht. Da muss etwas passieren."

Jeder Tag zählt

Und zwar schnell. "Mit jedem Tag wird die Lage immer prekärer", betont Frenzel. Eine weitere Verlängerung des Lockdowns über den 14. Februar hinaus, wie sie ja keineswegs ausgeschlossen scheint, würde selbst gesunde Betriebe in größte Probleme stürzen. "Bereits jetzt sind 40 Prozent in Schieflage."

Für Enttäuschung sorgen auch die angekündigten Überbrückungshilfen und Ausgleichszahlungen. "Die Hürden sind selbst bei hohen Umsatzverlusten sehr hoch. Die Überbrückungshilfe 2 wird nicht vor März 2021 ausgezahlt. Die Unternehmen müssen in den beantragten Monaten einen Verlust in der betriebswirtschaftlichen Berechnung ausweisen. Ein Umsatzverlust über 50 Prozent und mehr reicht nicht aus. Hier wird kein Ausgleich gezahlt", erläutert Frenzel. "Darüber wird nicht offen gesprochen: Die Hilfen fallen weit kleiner aus als angekündigt."

Manche Aussagen lassen Frenzel nur noch mit dem Kopf schütteln: "Das Argument, die Unternehmen müssten für solch eine Lage ausreichend Rücklagen haben, ist ein schlechter Witz." Niemand könne einen Lockdown einfach kompensieren. "Die Warenlager sind immer noch voll. Zu wenig Ware fließt über Click & Collect ab."

Drohende Insolvenzen

Und die Aussichten stimmen Frenzel wenig hoffnungsvoll. Schon jetzt müssen Modehäuser Entscheidungen für die nächste Herbst-/Winterkollektion treffen, da die Lieferzeit zwischen fünf und sechs Monaten betrage. Und das in dieser unsicheren Lage.

"Wenn die Unternehmer kaum Vororders vergeben, wirkt sich das auf die komplette zweite Jahreshälfte aus", so Frenzel. Seine große Befürchtung: "Die Insolvenzen werden kommen, nicht jetzt, sondern im dritten und vierten Quartal."

Freller fordert schnelle Hilfe

Und was sagt die Politik vor Ort? "Ich kann die großen Sorgen und den Ärger absolut nachvollziehen", betont CSU-Landtagsvizepräsident Karl Freller aus Schwabach. "Der Einzelhandel braucht dringend Hilfe." Seine konkrete Forderung lautet deshalb: "Der Bund muss die neue Überbrückungshilfe 3 schnell ausbezahlen."

Eine schnelle Öffnung, wie sie die FDP im Landtag beantragt hatte, sei aber "illusorisch", so Freller. "Alle hoffen, dass der Einzelhandel möglichst aufmachen kann. Das hängt aber von der Gesamtlage der Pandemie ab. Zu früh zu öffnen, birgt die Gefahr, einen dritten Lockdown zu riskieren. Und der wäre für den Einzelhandel die größte Katastrophe."

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