Mahnwachen für den Frieden

Schwabach/Roth: Zeichen der Solidarität mit der Ukraine

Robert Schmitt, Günther Wilhelm und Marco Frömter

E-Mail

27.2.2022, 12:30 Uhr
Mahnwache gegen den Krieg Russlands in der Ukraine am Samstagmittag auf dem Martin-Luther-Platz. Dabei sprachen die Landtagsabgeordneten Karl Freller und Sabine Weigand sowie Vladimir Kowalenko, der aus der Ukraine stammende Dirigent des  Schwabacher Kammerorchesters. 

© Günther Wilhelm, NN Mahnwache gegen den Krieg Russlands in der Ukraine am Samstagmittag auf dem Martin-Luther-Platz. Dabei sprachen die Landtagsabgeordneten Karl Freller und Sabine Weigand sowie Vladimir Kowalenko, der aus der Ukraine stammende Dirigent des  Schwabacher Kammerorchesters. 

Die Grünen hatten die Mahnwache spontan organisiert, alle Parteien des Stadtrats haben den Aufruf unterstützt.

Ein Ensemble des Schwabacher Kammerorchesters hat mit leisen Klängen den Auftakt zur Solidaritäts-Mahnwache für die Ukraine am Samstag musikalisch gestaltet. Kein Zufall. Schließlich stammt mit Vladimir Kowalenko der Gründer und Leiter des Orchesters aus der Ukraine.

Angehörige in Kiew

Leise Klänge gegen den Krieg. Vladimir Kowalenko (Zweiter von links) vom Kammerorchester hat noch Familie in Kiew. Mit ihm spielten Werner Kachler (Violine), Tobias Kalisch (Kontrabass) und Emily Doi (Cello). 

Leise Klänge gegen den Krieg. Vladimir Kowalenko (Zweiter von links) vom Kammerorchester hat noch Familie in Kiew. Mit ihm spielten Werner Kachler (Violine), Tobias Kalisch (Kontrabass) und Emily Doi (Cello).  © Günther Wilhelm, NN

Er ist vom Krieg persönlich betroffen. Seine Angehörigen leben noch dort. Wladimir Kowalenko machte das Schicksal der Ukrainer am Beispiel seiner Familie deutlich. „Dass sie in Kiew irgendwann einmal mitten in einem Kriegsgebiet ausharren muss, das war für mich unvorstellbar“, so Kowalenko.

Dank an russische Demonstranten

„Und das Schlimmste ist für mich, dass ich nichts für sie tun kann“, beklagte der Musiker und Dirigent seine eigene Ohnmacht. „Wie tausende Ukrainer warten sie in ihren Wohnungen mit gepackten Notfallkoffern auf eine ungewisse Zukunft.“

Kowalenko dankte den Schwabacherinnen und Schwabacher für die Solidarität und ihre Gedanken an die betroffenen Menschen in der Ukraine. „Und ich danke allen Russen,“ fügte er hinzu, „die in diesen Tagen den Mut haben, in Moskau auf die Straße zu gehen, um sich gegen diesen Wahnsinn auszusprechen.“

"Unfassbar"

Bewusst kurze Ansprache hielten die beiden Schwabacher Landtagsabgeordneten. Eigentlich wisse man gar nicht, was man sagen solle, so unfassbar sei dieser Krieg in Europa, bekannte Dr. Sabine Weigand (Grüne) nachdenklich und betonte: „Es lebe eine Ukraine in Freiheit, in der die Idee der Demokratie und der Menschlichkeit gilt."

Protest in den Farben der Ukraine. 

Protest in den Farben der Ukraine.  © Robert Schmitt, NN

Landtagsvizepräsident Karl Freller (CSU), der sich eine kleine ukrainische Flagge an seine Jacke geheftet hatte, bedankte sich bei den Grünen für die Initiative und forderte die Schwabacher auf, „eine gemeinsame Überzeugung vom Wert der Freiheit, des Völkerrechts und des Friedens hochzuhalten“, um auf diese Weise „der Ukraine unsere Solidarität zu versichern“.

Zugleich appellierte er an die Bevölkerung und die Stadtverwaltung, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass man Flüchtlinge aufnehmen könne. Freller griff wie Kowalenko die Friedensdemos in verschiedenen russischen Städten auf: „Putin zeigt auch Brutalität gegen die Menschen im eigenen Land, denn das ist sein Krieg und nicht der der Russen.“

Verzweifelte Wut

Am Ende der so ernsten wie ruhigen Kundgebung machte sich noch die verzweifelte Wut eines ukrainischen Teilnehmers in lautstarken Rufen auf Ukrainisch Luft, die er nach einem Moment der Stille in wieder ruhigem Tonfall übersetzte: „Das hieß: Ruhm der Ukraine. Ehre den Helden des Maidan und: Arschloch, hau ab!“

Zahlreiche Stadträtinnen und Stadträte aller im Stadtrat vertretenen Parteien nahmen an der Kundgebung teil. Einige Demonstranten waren mit Transparenten, Bannern und Fahnen erschienen. Häufig waren Friedenssymbole und Friedensappelle darauf zu sehen. „Die Waffen nieder“, hatten sich die Linken den Titel des Buchs der Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner (1843-1914) zu eigen gemacht.

Nur bittere Satire?

Nur bittere Satire? © Günther Wilhelm, NN

Ein Pappschild der Grünen warb für „Flüchtlingskorridore“. Das SPD-Stadtratsmitglied Evi Grau-Karg hatte ihren Mund-Nase-Schutz für ein klares Statement genützt. „Kein Krieg“ lautete der Schriftzug auf der Maske.

Das Schild eines anderen Teilnehmers zeigte Hitler und daneben Putin mit Hitler-Bart und -Frisur. "Er ist wieder da", stand darunter.

Klare Worte schon im Stadtrat

Bereits am Freitagnachmittag hatte Oberbürgermeister Peter Reiß (SPD) die Stadtratssitzung mit einer persönlichen Erklärung zur Ukraine eröffnet. Putins Vorgehen bezeichnete er als "Akt des Nationalismus und der reinen Machtpolitik. Es ist schwer zu begreifen, wie ein Mensch so menschenverachtend agieren kann".

Dies ist nicht nur eine Forderung. Die Stadtverwaltung trifft bereits Vorbereitungen für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen.

Dies ist nicht nur eine Forderung. Die Stadtverwaltung trifft bereits Vorbereitungen für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen. © Günther Wilhelm, NN

Reiß bat die Stadträtinnen und Stadträte um einen Moment stillen Gedenkens für die ersten Opfer des russischen Einmarsches. Alleine am ersten Tag soll es 137 Tote gegeben haben.

Am Ende der Sitzung dankte Grünen-Fraktionssprecher Klaus Neunhoeffer dem OB für die passenden Worte und lud zur Teilnahme an der von den Grünen spontan organisierten Mahnwache am Samstag ein. "Auch wir in Schwabach müssen uns auf die Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge vorbereiten", sagte Neunhoeffer.

Vorbereitung für Flüchtlinge

Stadtrechtsrat Knut Engelbrecht erklärte dazu, dass eine entsprechende Anfrage des Freistaats bereits vorliege und die Vorbereitungen anliefen. Gedacht ist dabei zum Beispiel daran, die alte Turnhalle an der Wöhrwiese wieder vorzubereiten. "Nächste Woche werden wir bereit sein, die ersten aufzunehmen", kündigte Engelbrecht an.

Auch in Roth wurde in kleinem Rahmen gegen die russische Invasion in der Ukraine demonstriert.

Auch in Roth wurde in kleinem Rahmen gegen die russische Invasion in der Ukraine demonstriert. © Yevheniia Frömter, NN

"Eine menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge ist unsere besondere Verpflichtung", betonte auch Landtagsvizepräsident Karl Freller (CSU).

Auch die anderen Parteien schlossen sich am Freitag dem Aufruf zum Mahnwache am Samstag an. SPD-Fraktionsvorsitzender Werner Sittauer erklärte: "Es geht nicht nur um die Ukraine, sondern um die europäische Demokratie." Axel Rötschke (FDP), Bruno Humpenöder (Freie Wähler) und Jonas Wagner (Linke) kündigten ebenfalls ihre Teilnahme als wichtiges Zeichen der Unterstützung an und waren am Samstag ebenfalls dabei.

Spontan organisierte Demo in Roth

Zu einer Mahnwache in der Kreisstadt für Frieden und gegen den Krieg in der Ukraine hatte Klaus Günter Mattlat vom Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter aufgerufen. Der „völlig spontan organisierten Demo“ auf dem Rother Marktplatz folgten rund 50 Männer und Frauen, darunter viele Vertreter unterschiedlicher Verbände und Organisationen sowie aus der Politik.
„Heute sind wir aber nicht als Partei da, sondern als Menschen“, sagte der anwesende Ben Schwarz, Mitglied des SPD-Kreisvorstands Roth und Bürgermeistermeister der Nachbargemeinde Georgensgmünd: „Wir haben die Hoffnung, dass vor allem junge Russen erkennen, dass der Krieg falsch ist.“

In diese Kerbe schlug auch Klaus Günter Mattlat: „Ich habe die Hoffnung, dass das junge Russland endlich aufsteht und sich gegen die Machenschaft und den Kriegswahn von Präsident Putin zur Wehr setzt.“ Putin und dessen Schergen müsse endlich das Handwerk gelegt werden. Sowohl die Ukraine als auch Russland sollten in Frieden mit Europa und der Welt leben und gemeinsam mit den europäischen Staaten für ein friedliches Miteinander sowie für eine klimaneutrale Zukunft einstehen können.
„Ich hoffe, dass dieser Wahnsinn von Putin schnell ein Ende hat und er nicht noch einen atomaren Krieg anzettelt“, erklärte Mattlat unter Tränen: „Lasst uns zusammenstehen und hoffen, dass der Krieg in der Ukraine gestoppt wird, um zu verhindern, dass dieser sich nicht über ganz Europa ausdehnt. Lasst uns für Frieden beten – für die Ukraine und Europa.“
Geschlossenheit wünschte sich auch Schwarz. Die momentane Situation mitten in Europa sei beängstigend. „Es ist wichtig miteinander Haltung zu zeigen: Gegen den Einmarsch und Krieg. Wir müssen geschlossen zusammenstehen.“ Dies sei jedoch nicht gerade einfach. „Die Weltpolitik ist komplex und es ist nicht einfach, die richtige Entscheidung zu treffen.“ Schwarz baue weiterhin auf eine diplomatische Fortsetzung: „Und zwar jenseits der Gewalt.“

Keine Kommentare