Demente Senioren geschlagen: Überforderter Altenpfleger verurteilt

11.5.2021, 15:00 Uhr
In Senioreneinrichtungen leisten Altenpflegerinnen und Altenpfleger Schwerstarbeit. Doch Gewalt gegen die Senioren darf es einfach nicht geben.

© dpa In Senioreneinrichtungen leisten Altenpflegerinnen und Altenpfleger Schwerstarbeit. Doch Gewalt gegen die Senioren darf es einfach nicht geben.

Angeklagt ist ein 41-jähriger früherer Altenpfleger aus Weißenburg. Körperverletzung in zwei Fällen wirft ihm Staatsanwältin Nadine Grüner vor. Robert T. (Name geändert) soll im August 2019 (also noch vor Corona-Zeiten) zwei demente alte Menschen in einer privaten Senioreneinrichtung in Schwabach geschlagen haben.

Gewalt in der Pflege ist ein Tabuthema. Da geht es einerseits darum, dass Pflegebedürftige das Personal angreifen, das eigentlich pflegen soll und will: verbales Drangsalieren und körperliche Übergriffe, sogar sexuelle Belästigungen. Es geht aber auch darum, dass die Pflegenden ihre Schützlinge in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken (unerlaubtes Fixieren beispielsweise), dass sie sich im Ton vergreifen oder auch zuschlagen.


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Robert T. lässt über seinen Verteidiger, Rechtsanwalt Oliver Just (Pleinfeld/Weißenburg), erklären, dass er die Taten zugebe. Ja, sein Mandant habe Mitte August des Jahres 2019 einem Mann eine Faust verpasst, so dass dieser ein blaues Auge hatte. Und ja, sein Mandant habe auch eine Seniorin mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen, so dass die Frau Schmerzen erleiden musste, so der Verteidiger.

"Die Belastung war enorm"

Es tue seinem Mandanten leid, erklärt Oliver Just, und er erhebt schwere Vorwürfe gegen die Betreiber des Pflegeheimes. Robert T. habe alles gemacht, was möglich gewesen sei. Aber es habe Situationen gegeben, in denen er überfordert gewesen sei und am Ende seiner Kräfte. Wenn beispielsweise nur noch zwei Pflegekräfte für 20 Patienten da waren, so der Anwalt: "Die Belastung war dann enorm."

Ein Kriminalhauptkommissar der Polizei in Schwabach erklärte auf die Frage von Richter Michael Schlögl, dass es wegen der fortgeschrittenen Demenz nicht möglich gewesen sei, mit den beiden Geschädigten, die mittlerweile verstorben sind, zu sprechen. Auf den Angeklagten sei man aufmerksam geworden, da aufgrund der Recherchen der Heimleitung immer wieder Verletzungen bei Bewohnern festgestellt wurden, wenn Robert T. Dienst hatte.

Dass T. geständig war, dass er nicht vorbestraft ist und zudem ein psychiatrischer Gutachter der Rechtsmedizin in Erlangen dem Angeklagten zum Tatzeitpunkt eine verminderte Schuldfähigkeit attestierte, rechnete ihm Staatsanwältin Grüner hoch an. Sie forderte eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung, eine Geldauflage in Höhe von 800 Euro sowie ein fünfjähriges Berufsverbot.

Vermindert schuldfähig

Anwalt Just meinte dagegen, dass das Verfahren und das Warten auf den Prozess für seinen Mandanten "extrem belastend" gewesen seien. Robert T. habe sich in einer "Ausnahmesituation befunden", so Just; zudem sei für ihn das Thema Pflege erledigt.

Der 41-Jährige wolle nie mehr in diesem Beruf tätig sein, stehe deshalb auch mit dem Arbeitsamt in Verbindung. Der Verteidiger plädierte für eine Bewährungsstrafe von acht Monaten und meinte, dass weitere Auflagen nicht nötig wären, zumal sein Mandant zurzeit keine größeren Einkünfte habe.


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Richter Michael Schlögl verurteilte Robert T. schließlich zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung (drei Jahre) sowie zu einer Geldauflage in Höhe von 500 Euro, zu zahlen an die Sozialfirma "Auf Draht" der Arbeiterwohlfahrt in Roth. Der Richter berücksichtigte bei seinem Schuldspruch das Geständnis, das eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart habe, sowie die Tatsache der eingeschränkten Schuldfähigkeit des 41-Jährigen.

Staatsanwalt will Berufsverbot

Von einem Berufsverbot sah der Richter ab. "Ich gehe davon aus, dass Sie da auch keinen Job mehr bekommen", war Schlögl überzeugt. "Was Sie getan haben, hat sich doch herumgesprochen."

Wie mittlerweile bekannt wurde, hat die Staatsanwaltschaft Berufung gegen das Urteil Schlögls eingelegt. Sie will ein Berufsverbot.

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