Ortung

Schwabach: Vandalismus? Klirrende Kunst!

29.7.2021, 05:49 Uhr
Voller Einsatz: Johannes Brunner wirft im ehemaligen Prell-Gebäude die Schaufensterscheiben ein. "Es geht nicht um Vandalismus", betont der Künstler aus München. Vielmehr ist die Performance eine Vorbereitung des Kunstwerks "Flickwerk", das in der am 5. August beginnenden Ortung zu sehen sein wird.

© Günther Wilhelm, NN Voller Einsatz: Johannes Brunner wirft im ehemaligen Prell-Gebäude die Schaufensterscheiben ein. "Es geht nicht um Vandalismus", betont der Künstler aus München. Vielmehr ist die Performance eine Vorbereitung des Kunstwerks "Flickwerk", das in der am 5. August beginnenden Ortung zu sehen sein wird.

Normalerweise ist es eine umgangssprachliche Formulierung, die feuilletonistischen Ansprüchen nicht im Ansatz genügt und sich daher verbietet. Doch diesmal sei sie erlaubt, ja sich drängt sich geradezu auf: Johannes Brunner und Raimund Ritz lassen es so richtig krachen.

Mittwochvormittag in der Zöllnertorstraße vor dem ehemaligen Prell-Laden. Eigentlich wäre dies ein Fall für die Polizei. Doch diesmal hat die Stadt sogar extra die Straße gesperrt und selbst OB Peter Reiß ist unter den interessierten Zuschauern der Performance des Künstlerduos "Brunner/Ritz" aus München. "Wenn wir es machen, ist es Kunst", sagt Johannes Brunner so launig wie ernsthaft. Zwei Videokameras laufen, ein großes Mikrofon nimmt den Ton auf, es ist alles bereit.

Der erste Stein

"Ich weiß nicht, was jetzt passiert. Wir haben das ja nicht geprobt", scherzt Brunner noch. Dann greift er zum ersten mitgebrachten Pflasterstein, nimmt einige Schritte Anlauf und schleudert den Stein mit aller Kraft ins linke Schaufenster. Die ersten Scherben fliegen, in der Scheibe klafft ein Loch etwa so groß wie ein Fußball. So ganz zufrieden wirkt Brunner noch nicht. Zwei weitere Würfe später sind aus einem drei Löcher geworden.

Schwabach: Vandalismus? Klirrende Kunst!

© Günther Wilhelm, NN

Dann ist sein Künstlerkollege an der Reihe. Raimund Ritz nimmt sich erst eine Seitenscheibe vor, dann geht er zum zweiten großen Schaufenster an der Front. Dort gelingt ihm, was Kegler "alle Neune" nennen würden. Mit einem Donner fällt fast die gesamte Scheibe auf den Gehsteig. "Das ist spektakulär", ruft Johannes Brunner seinem Partner begeistert zu.

Einstimmung auf Ortung

"Das ist kein Vandalismus", betont Raimund Ritz wenige Minuten später im Pressegespräch. "Das Haus wird ja nicht hässlicher", ergänzt Johannes Brunner. "Natürlich räumen wir die Scherben weg und sichern die Fenster mit vergoldeten OSB-Platten. Das ist also fast eine Aufwertung."

Vor allem aber ist es der Auftakt zum diesjährigen Kunstfestival Ortung, das am 7. August in Schwabach beginnt. Das Prell-Areal ist nicht zum ersten Mal Kulisse für ein Kunstwerk, für "Brunner/Ritz" ist es dagegen eine Premiere. Sie präsentieren das Kunstwerk "Flickwerk", in dem eine Klangkomposition unter anderem mit klirrenden Scheiben eine zentrale Rolle spielt. "Wir haben also Tonmaterial generiert", erklärt Ritz.

Chance für Neues

Und die Botschaft? "Wir zerstören nicht, um der Zerstörung Willen", stellt Brunner klar. "Der Akt der Zerstörung ist immer ein Angriff auf Bestehendes und eine Chance, etwas zu öffnen und Neues zu schaffen."

Das versucht die Stadt schon seit Jahren auf dem Prell-Gelände. Bisher vergeblich. Vielleicht gebe die Aktion ja als Nebeneffekt Anstoß für eine neue Diskussion, sagt Raimund Ritz und fügt schmunzelnd hinzu: "Dann hätte Kunst ja sogar mal richtig Nutzen."

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