Biergarten und mehr

Schwabacher Felsenkeller: Aus nach fast 200 Jahren?

16.9.2021, 06:00 Uhr
Der Felsenkeller ist bis heute ein idyllischer Biergarten. In vier Jahren könnte er 200. Geburtstag feiern. Ob es dazu noch kommt, ist aber fraglich.

© Robert Gerner, NN Der Felsenkeller ist bis heute ein idyllischer Biergarten. In vier Jahren könnte er 200. Geburtstag feiern. Ob es dazu noch kommt, ist aber fraglich.

Heimatkundler Ulrich Distler fände es ausgesprochen bedauerlich, wenn das Kleinod aus dem Stadtbild verschwinden würde. "Vielleicht finden sich ja Heimatfreunde mit innovativen Ideen, die in letzter Minute ein Stück Alt-Schwabachs vor der Spitzhacke retten", schreibt Distler in einem Beitrag, in dem er die Geschichte des Felsenkellers beleuchtet.

Welche Bedeutung diese Traditionsgaststätte einst hatte, sieht man daran, dass der Nürnberger Kupferstecher Georg Christoph Wilder auf einem 1830 erschienenen Sammelbild mit elf Schwabacher Ansichten den „Felsenkeller“ zur Biedermeierzeit verewigte.

Solche Ansichtsserien mit Städteansichten waren sehr beliebt bei Einheimischen und Fremden. Sie können als Vorläufer der jetzigen Fremdenverkehrswerbung angesehen werden. Wer Schwabach kennen lernen wollte, musste auch den „Felsenkeller“ aufsuchen.

Wie man traditionsreiche Sommerkeller, die in die Jahre gekommen sind, rettet, könne man zum Beispiel in Barthelmesaurach ganz gut sehen, wo der 1854 errichtete Sommerkeller zu neuem Leben erweckt worden sei. "Ich gebe jedenfalls die Hoffnung nicht auf, denn die Hoffnung stirbt zuletzt! Wäre es doch wünschenswert, wenn besagtes Areal in einem renovierten Zustand in vier Jahren seinen 200. Geburtstag feiern könnte", so Distler.

Nachfolgend Distlers Blick in die Geschichte des Felskellers:

Ein Stück Braugeschichte

Der "Felsenkeller" in der Rittersbacher Straße ist ein Stück Alt-Schwabacher Brauereigeschichte. Als er 1825 errichtet wurde, zierten die weiß-blauen Rauten, der Pfälzer Löwe und die goldenen Bierschöpfen auf rotem Grund das Schwabacher Stadtwappen.

Über 100 Jahre alt ist diese Postkarte von 1916, die den Felsenkeller zeigt. Sie stammt aus der Sammlung von Hans Schmitt.

Über 100 Jahre alt ist diese Postkarte von 1916, die den Felsenkeller zeigt. Sie stammt aus der Sammlung von Hans Schmitt. © a-nn-st-20210915_090759-1.jpg, NN

Dieses Zunftemblem war seit 1371 Bestandteil der hiesigen Stadtwappen. Vor rund 200 Jahren war die Zahl der Schwabacher Bierbrauer von 70 auf 45 gesunken, die in acht Gemein- (= Kommun-) und drei Privatbrauhäusern brauten.

Ursache des Rückgangs war die Aufhebung des Brauzwangs im Königreich Bayern durch Staatsminister Graf von Montgelas. Nun breiteten sich Braustätten auf den Dörfern rund um Schwabach aus, was vorher aufgrund markgräflicher Privilegien untersagt worden war.

Da es bei den dörflichen Braustätten meist an entsprechenden Kelleranlagen unterhalb des Brauhauses mangelte, legte man außerhalb des Dorfes an einem felsigen Hang entsprechende Gär- und Lagerkeller an.

Seyboths Idee

Dies brachte 1825 den Inhaber des Gasthofs "Zum Roten Ochsen", Zöllnertorstraße 5, den Bierbrauer Johann Andreas Seyboth, auf die Idee, in das felsige Gelände am Hang östlich des Weiherwiesengrabens, etwa zwei Kilometer von seinem Brauhaus entfernt, einen Keller mit einer Länge von 30 bis 50 Metern zu graben und mit einem Mauerwerk auszukleiden.

Das Foto aus den 1950-er-Jahren zeigt die alte Kegelbahn, bei der die Kegel noch von Hand aufgestellt werden musste. Später wurde sie durch eine elektronische ersetzt. Es stammt aus der Sammlung Hans Schmitt.

Das Foto aus den 1950-er-Jahren zeigt die alte Kegelbahn, bei der die Kegel noch von Hand aufgestellt werden musste. Später wurde sie durch eine elektronische ersetzt. Es stammt aus der Sammlung Hans Schmitt. © Archiv Hans Schmitt, NN

Diese weitläufige Kelleranlage wird heute nicht mehr genutzt. Sie besteht aus einem Vorkeller, der einst eine Pufferzone gegen die wärmere Außenluft war. Von ihm aus gelangte man durch ein Tor und viele Stufen in den tiefer liegenden Hauptkeller.

Dort lagerten die Bierfässer. Zur Zirkulation waren Lüftungsöffnungen vorhanden.

Über der Kelleranlage wurde das heute noch vorhandene Schankhaus errichtet, in dem die nicht benötigten Fässer, das Braugeschirr, die Gläser und die Geräte für den Ausschank aufbewahrt wurden.

Bäume spendeten Schatten

Der Kellereingang war durch Laubbäume abgeschattet. Die Aufgabe der Ahorn-,Eichen-, Linden- und Kastanienbäume war es, den Kellereingang vor direkter Sonneneinstrahlung abzuschirmen und einen Temperaturanstieg im Keller zu unterbinden.

Außerdem boten sie den Gästen reichlich Schatten. Sie saßen auf roh gezimmerten Bänken, aßen die mitgebrachten Speisen und tranken das Seyboth'sche Bier. Damals wurde von April bis Ende September ausgeschenkt.

Eine der Sehenswürdigkeiten Schwabachs

An regnerischen Tagen fanden die Gäste im Haus oder unter entsprechenden Lauben Unterschlupf. Der "Felsenkeller" gehörte 1830 zu den Hauptsehenswürdigkeiten Schwabachs. So ist er auf einem Sammelbild mit elf Schwabacher Ansichten zu sehen, welches der Nürnberger Zeichner und Kupferstecher Georg Christoph Wilder anfertigte. Ein Beweis dafür, welchen Stellenwert dieser Erholungsort damals in Schwabach genoss.

Auch eine Kegelbahn gab es damals bereits. So wundert es nicht, dass Prinz Luitpold von Bayern (der spätere Prinzregent) am Nachmittag des 31. August 1840 auf dem "Felsenkeller" von den Schwabacher Honoratioren und dem damaligen Eigentümer, dem Ochsenwirt und Bierbrauer Wilhelm Frank, begrüßt wurde. Der Abend endete mit einem Fackelzug, an dem 200 Schwabacher teilnahmen und einer Serenade der Liedertafel.

Kultureller Treffpunkt

Überhaupt war zu dieser Zeit der "Felsenkeller" ein kultureller Treffpunkt für die Schwabacher Bevölkerung. So fanden dort die "Stern- und Kranzschießen" der Schwabacher Schützen, Konzerte des Musikers Franz Heß, Sängerfeste des "Liederkranzes" und der "Liedertafel" sowie das erste Harmoniefest des Turnvereins 1848 statt.

Spätestens 1887 wurde das ehemalige Schankhaus zu einem Wohnhaus mit einer Gaststube umgebaut. Nunmehr war ganzjährig geöffnet. Jakob Hannemann, ein Pächter des "Felsenkellers", pries zur Kirchweih das Spalter Bier an, das damals zum Ausschank kam.

Scheune und Stallungen

Um 1898 erwarb der Landwirt Konrad Fleischmann den "Felsenkeller". Er erweiterte die Anlage, indem er eine Scheune und Stallungen errichtete. Außerdem betrieb er die Gaststätte und die Kegelbahn.

Bis zum Jahr 1968 war die Gaststätte Eigentum der Familie Fleischmann. Danach erwarb sie die Brauerei Weller. Damals wurde die alte Kegelbahn durch eine vollautomatische ersetzt. Sie ist bis heute noch in Betrieb.

Noch immer beliebter Treffpunkt

Nach wie vor ist der "Felsenkeller" mit seinem außergewöhnlich reichen Baumbestand ein beliebter Treffpunkt der Schwabacher Bevölkerung. Seit 1981 kann man im schattigen Wirtshausgarten griechische Spezialitäten genießen. An warmen Tagen kann es vorkommen, dass man keinen Außenplatz bekommt.

Blickt man vom Weiherwiesengraben zum Felsenkeller, so spitzt nur das Dach heraus. Rings herum ist das Gasthaus von üppigem Grün umgeben. Zudem dürfte der einstige Keller heimischen Fledermausarten als Winterquartier dienen! Auch dies spricht für eine Erhaltung und eine behutsame Restaurierung des Gebäudes.

Vielleicht könnte man ja die Lokalität auch nur während der warmen Jahreszeit für die Schwabacher öffnen, so wie ehedem zu Beginn. All das sollte gründlich überlegt werden, bevor man zur Spitzhacke greift!

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