"Wir wollen wieder tanzen"

24.5.2020, 17:36 Uhr

Bevor das einstündige "Programm" begann, übte Tanzschulinhaber Harald Bogner dann auch erst einmal den "Schlachtruf" ein. Bogner: "Wir wollen wieder ..." – und die Tänzerinnen und Tänzer wurden laut: "Tanzen!" Immer wieder war dieser Appell zu hören.

Wir gelten als Randsportart

"Wir haben keine Lobby, gelten als Randsportart und werden behandelt wie Prostituierte", sagte Bogner im Gespräch mit dieser Zeitung. Seit neun Wochen sei es nunmehr nicht mehr möglich, dass seine Kunden ihrem Hobby beziehungsweise Sport frönen dürfen. Für sein fest angestelltes Personal habe er Kurzarbeit anmelden müssen und auch die Freiberufler, die von ihm engagiert sind, wollten gerne ihr Geld sehen. Zudem müssten die Miete für die Räumlichkeiten in der Hansastraße und Nebenkosten bezahlt werden.

Tanzen auf Distanz

Dass es leicht ist, auf Distanz zu tanzen, wurde bei der ersten Vorführung deutlich: Line-Dance. Niemand kommt dem anderem zu nahe, Sicherheitsabstände und Hygienevorschriften können problemlos eingehalten werden. Nicht anders beim Zumba. Ausgeklappte Meterstäbe drückte Bogner später einer Frau und einem Mann in die Hände, und das Tanzpaar zeigte, wie man mit Sicherheitsabstand einen Discofox aufs Parkett – in diesem Fall aufs Pflaster – legen kann. Beifall.

Einige Paare tanzten mit

Außerhalb der für die Kundgebung abgesperrten Fläche ließ sich so manches Paar zum Mitmachen animieren und hatte Freude an der Bewegung. "Wir haben viele Ehepaare in unseren Reihen", sagte Bogner im Lauf der Veranstaltung. "Sie dürfen zusammenleben, aber nicht gemeinsam in der Tanzschule tanzen." Ein Passant ergänzte trocken: "Sogar schlafen dürfen sie miteinander; das Tanzverbot verstehe wer will."

"Tanzen – mit Abstand das schönste Hobby", stand auf einem der aufgestellten Plakate zu lesen. Ein anderes machte darauf aufmerksam, wie gut Tanzen der Seele tut. Es soll ja auch gegen Demenz helfen und stärkt das Immunsystem. "Auf was muss in Corona-Zeiten geachtet werden?", fragt Harald Bogner erneut. "Mundschutz – haben wir" und "Abstand halten – machen wir." Man habe unzählige Briefe und E-Mails unter anderem an Politiker geschrieben, berichtet Bogner. Die Resonanz sei gleich null gewesen. "Deshalb sind wir hier", appelliert er an die Zuschauer vor den Absperrbändern: "Wir brauchen Ihre Unterstützung."

Sie wollen nur wieder arbeiten

Der Besitzer der Tanzschulen in Schwabach und Roth, seit 23 Jahren im Geschäft, ruft nicht nach einem Hilfsfonds durch den Staat. Er, seine Frau und sein Team wollen einfach nur wieder arbeiten. Dabei ist er froh, dass viele seiner Tanzschülerinnen und Tanzschüler die Gebühren für laufende Kurse bezahlt haben und ihn damit unterstützen, die drohende Insolvenz zu verhindern. Er freut sich, dass er im Gegenzug seine "Freunde" mit Onlinetanzpartys und Videos via Internet entschädigen kann: "Da sind meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter total kreativ."

Dass ihm das gesamte Hochzeitsgeschäft, also auch die Crash-Kurse für Wiener Walzer oder Foxtrott, abhandengekommen sind, erwähnt Harald Bogner nur nebenbei, und er verbreitet trotz der verordneten Lethargie Optimismus. So es die Situation zulässt, plant der Tanzlehrer im September den "Restart", wie er sagt. Angebote für Anfänger, Fortgeschrittene, ebenso wie die Medaillenkurse. Das Publikum auf dem Martin-Luther-Platz nahm dies erfreut und mit viel Beifall zur Kenntnis.

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