Solarpflicht für Neubauten: Wird Schwabach Vorreiter?

4.12.2020, 08:00 Uhr
Solarpflicht für Neubauten: Wird Schwabach Vorreiter?

© Archivfoto: Günther Wilhelm

In der Politik ist es immer ein genüsslicher Moment, wenn man einen politischen Gegner zum Kronzeugen für eigene Forderungen machen kann. Ein Beispiel dafür bot sich im jüngsten Planungs- und Bauausschuss des Stadtrats.

Sonst sehen sie ja eher Anlass zur Kritik an ihm. Doch diesmal nehmen die Schwabacher Grünen Bayerns CSU-Ministerpräsidenten Markus Söder beim Wort – und legen noch eine Schippe drauf.

Söders Interview lässt aufhorchen

Söder hatte in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk – für viele überraschend – eine Art Solarpflicht ins Spiel gebracht. Ab 2021 sollten auf allen neuen Gewerbebauten Photovoltaikanlagen installiert werden müssen, ab 2022 dann auch auf allen neuen Privathäusern. Gleichzeitig kündigte Söder weitere Förderung an.

Sehr gute Idee, finden die Grünen. Schließlich geht es um Klimaschutz und Energiewende. Die sogar noch bessere sei aber, die Pflicht gleich für alle neuen Gebäude einzuführen.

"Wir sind der Meinung, die Stadt sollte diesen Ankündigungen ein Stück voraus sein", schreiben die beiden Vorsitzenden der Stadtratsfraktion, Christine Krieg und Klaus Neunhoeffer.

Damit begründeten sie folgenden Antrag: "Der Stadtrat möge beschließen: Auf allen ab 1. Januar 2021 neu errichteten Wohn- und Gewerbebauten sind die Bauherren verpflichtet, eine Anlage zur Nutzung der Photovoltaik zu betreiben."

"Keine Rechtsgrundlage"

Ja, sagt Stadtbaurat Ricus Kerckhoff, auch er habe mit Interesse vernommen, dass Söder eine solche Pflicht einführen wolle. "Die Betonung liegt aber auf wollen", präzisierte Kerckhoff. Die dafür nötigen Gesetzesänderungen stünden noch aus. "Dafür gibt es also noch keine Rechtsgrundlage."

Die Stadt könne sich über geltendes Recht aber nicht hinwegsetzen und wäre bei eventuellen Klagen angreifbar. Kerckhoffs Fazit: "Deshalb können wir dieser Empfehlung nicht stattgeben."

Dabei zeigte er sich in der Sache durchaus aufgeschlossen. Erst kürzlich hatte Schwabach den Zuschlag für die Teilnahme an einem neuen bayerischen Förderprogramm erhalten, das eine klimagerechte Stadtentwicklung unterstützen will.

Im Blick ist dabei vor allem der geplante Stadtteil "Forsthof Süd", der durch den neuen Lärmschutz an der Autobahn möglich wird. Für Forsthof Süd könne eine solche Solarpflicht durchaus "eine Möglichkeit für die Zukunft" sein, findet Ricus Kerckhoff.

Für die Grünen bedankte sich Stadtrat Bernhard Spachmüller ausdrücklich bei allen, die dazu beigetragen hatten, in dieses Förderprogramm zu kommen. Ohne dabei OB Peter Reiß (SPD) und MdL Karl Freller (CSU) namentlich zu nennen, sei dies ein gutes Beispiel für die vernünftige Zusammenarbeit der Parteien in Schwabach.

Und doch finden die Grünen, dass die Zeit angesichts des Klimawandels dränge. Deshalb zähle jeder Beitrag zur Energiewende, und zwar möglichst schnell.

Vorbild Tübingen?

Zudem zitierte Bernhard Spachmüller ein Rechtsgutachten einer Berliner Kanzlei und entsprechende Initiativen etwa in Tübingen. Was dort gehe, könne doch in Schwabach nicht völlig unmöglich sein. Die Einschätzung der aktuellen Rechtslage des Stadtbauamts sei da wohl "die konservativst mögliche Interpretation". Ricus Kerckhoff sieht das nicht so. In Tübingen sei es ausschließlich um Bauflächen in städtischem Besitz gegangen. Das könne man nicht ganz vergleichen.

Auch Bernhard Spachmüller räumt durchaus ein: "Es ist richtig, dass wir uns auf juristisch unsicherem Terrain bewegen." Seine Schlussfolgerung aber ist eine andere als die von Kerckhoff: "Seien wir mutig. Werden wir unserer Verantwortung gerecht."

Ein wenig verließ die Grünen aber dann selbst der Mut. Da angesichts der Rechtslage eine Mehrheit im Ausschuss nicht absehbar war, die Grünen aber doch noch auf einem breiten Kompromiss hoffen, schlug Spachmüller eine Vertagung des Antrags vor.

Fortsetzung folgt

An dieser Stelle wurde die Diskussion geschäftsordnungstechnisch. Da er sich bereits inhaltlich geäußert habe, könne er keinen Vertagungsantrag stellen, erklärt Oberbürgermeister Peter Reiß.

Daraufhin meldete sich Martin Sauer (SPD) und verzichtete bewusst auf einen inhaltlichen Beitrag, um somit den Vertagungsantrag im Sinne Spachmüllers stellen zu können. Da es keine Gegenrede gab, war die Vertagung damit beschlossen.

"Das bedauere ich ein wenig", kommentierte dies OB Reiß. "Stadtbaurat Ricus Kerckhoff hätte da schon noch einen sinnvollen Vorschlag gehabt. Aber jetzt ist die Diskussion damit beendet. Geht leider nicht mehr."

Fortsetzung folgt.

 

Keine Kommentare