Sportler des Jahres: Der Blasrohrtag seines Lebens

27.12.2019, 13:06 Uhr
Sportler des Jahres: Der Blasrohrtag seines Lebens

© Foto: Privat

 Hermann Sammiller ist offenbar Schütze durch und durch. Als junger Mann hat er sich dem Bogenschießen gewidmet. Seit acht Jahren führt er die Luftpistolen-Mannschaft der FSG Greding. Der 50-Jährige zielt und drückt in der Bayernliga ab. Bei Aufstiegsrunden hat Sammiller bereits mehrmals an die Tür zur Zweiten Bundesliga geklopft. Leider vergeblich. Das braucht ihn nun nicht mehr zu ärgern. Im September hat er einen Titel errungen, der ohnehin jeden nationalen Erfolg in den Schatten stellt.

1156 von 2000 Ringen

Sammiller ist erster Weltcupsieger der Sportgeschichte mit dem Blasrohr. Auf der Olympiaschießanlage in Hochbrück bei München hat er gegen 69 Mitbewerber 1156 von 1200 möglichen Ringen erreicht und lag damit sechs Zähler vor dem Zweitplatzierten. "Sammiller hatte den Blasrohrtag seines Lebens", hieß es in der Presse.

Blasrohre sind bei den Gredinger Schützen seit 2009 ein Thema. "Irgendeiner kam damit daher und dann haben wir alle zu basteln begonnen", erinnert sich Sammiller. 2010 haben fünf Leute in der Nähe Münchens erstmals an einem Turnier teilgenommen. Die neue Abteilung war geboren.

Die Blasrohr-Open

Der erste eigene Wettkampf folgte noch im selben Jahr, so dass am 4. Januar 2020 bereits zehnjähriges Jubiläum der "Altmühltaler-Blasrohr-Open" gefeiert werden kann. "Wir sind der älteste Verein mit einem durchgängigen eigenen Blasrohr-Turnier", sagt er stolz. Für ihn ist die junge Sportart vor allem dazu geeignet, noch jüngeren Nachwuchs zu begeistern. "Waffen dürfen erst ab zwölf verwendet werden", erklärt Sammiller. "Dann sind aber die meisten schon beim Fußball oder anderswo." Das Blasrohr aber begeistere auch Achtjährige.

Dass Hermann Sammiller ihnen gutes Training bieten könnte, das stellt er während des Gesprächs bestens unter Beweis. Denn er kann sehr gut erklären, worauf es beim Blasrohr-Sport ankommt. "Fester Stand, Drei-Liter-Luftstoß und", das sei besonders wichtig, "nicht verwackeln beim Abschuss". Außerdem sei das Zielen alles andere als einfach. Schließlich fehle jede Vorrichtung dafür. Ein Auge zu schließen helfe also nicht, weil dann der Pfeil am Ziel vorbei fliege. "Bei zwei offenen Augen aber sieht man rechts den Schatten des Blasrohrs und links", schildert Sammiller den entscheidenden Moment.

Konzentration ist das A & O

Hinzu komme dass man den Pfeil nicht in einer geraden Flugbahn, sondern in einem Bogen Richtung Ziel senden müsse. Deshalb ist viel Erfahrung und Training erforderlich, um die Mitte der Mitte einer Scheibe zu treffen. "Und man muss sich sehr konzentrieren", fügt Sammiller hinzu.

Hermann Sammiller ist nicht nur ein sehr erfolgreicher Blasrohrschütze. Er ist auch Pionier, der in ganz Bayern unterwegs ist, um den Sport bei anderen Schützenvereinen zu etablieren. Schließlich geht es nicht nur um Regeln, sondern auch um die Herstellung der Sportgeräte. Blasrohre und Pfeile gibt es nicht von der Stange. "Wir fertigen alles selbst", erzählt er. Ein Aluminiumrohr bildet die Grundlage. Es darf zwischen 1,21 und 1,60 Meter lang sein, wird ummantelt und mit einem Mundstück versehen.

Für die Schussgeräte hat fast jeder sein eigenes Rezept. Unter "Pfeilen" aber werden sich die meisten gewiss etwas anderes vorstellen. Denn Sammiller stellt seine sechs Wettkampf-Geräte aus etwa sieben Zentimeter langem und lediglich drahtdickem Bambus her. Dort wo Blasrohr-Laien nun Federn vermuten würden, setzt Sammiller eigens gegossene, kegelförmige Plastikhütchen ein. "Damit habe ich so gute Ergebnisse erzielt, dass man sie mir schon abkaufen wollte", erzählt er.

Auf dem Tenorhorn gelernt

Warum Sammiller ausgerechnet mit dem Blasrohr so überragend trifft, das ist auch für ihn nicht völlig klar. Dennoch wird man auf der Suche nach Erklärungen durchaus in seinem Leben fündig. Luft sammeln und gezielt einsetzen, das hat er in seiner Jugend als Musiker mit dem Tenorhorn gelernt. Das vertrackte Zielen erfordert räumliches Vorstellungsvermögen. Sammiller ist Schreiner. Wer, wenn nicht ein Möbelbauer, könnte darüber in überdurchschnittlichem Ausmaß verfügen?

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