Tödlicher Unfall in Schwabach: 26-Jähriger zu Geldstrafe verurteilt

27.11.2019, 16:10 Uhr

"Jeder Autofahrer kennt das", sagte Richterin Andrea Elfrich am Ende ihrer Urteilsbegründung. "Viele schauen sich nicht um, bevor sie die Tür öffnen, und haben Glück, dass niemand kommt." Doch am Nachmittag des 8. Juni dieses Jahres ist alles anders.

An diesem Sommertag will der 26-jährige Martin K. (Name von der Redaktion geändert) ins Parkbad. Er parkt sein Auto in der Angerstraße. Als er aussteigen will, trifft seine Tür auf den Lenker einer E-Bike-Fahrerin. Die 64-jährige Frau stürzt und erleidet ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Vier Tage später verstirbt sie in der Klinik.

Bei Geldstrafe belassen

Am gestrigen Mittwoch im Amtsgericht folgte die Verhandlung. Die Anklage: fahrlässige Tötung. Ein Tötungsdelikt, das vor allem bei Verkehrsunfällen häufig verhandelt wird. Der Strafrahmen ist weit gespannt. Von einer Geldstrafe bis hin zu fünf Jahren Haft. Als besonders schwere Fälle gelten zum Beispiel Fahrten unter Alkoholeinfluss oder mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit, wie sie in jüngster Zeit mehrfach für Schlagzeilen gesorgt haben.

In diese Kategorie aber ist der Schwabacher Unfall nicht einzuordnen. Im Strafbefehl hatte es die Richterin bei einer Geldstrafe belassen. 120 Tagessätze zu je 50 Euro sowie zwei Monate Fahrverbot.

Einspruch nur gegen Strafmaß

Dagegen hatte der Angeklagte Einspruch erhoben. Allerdings nur gegen das Strafmaß. Die Schuld selbst haben er und sein Verteidiger Christian Brandner nicht bestritten. "Damit ist der Schuldvorwurf rechtskräftig", erklärte Richterin Elfrich gleich zu Beginn der Verhandlung.

Staatsanwalt Kaiser wirf dem Angeklagten vor, durch seine mangelnde Vorsicht sei es zu einem vermeidbaren Sturz gekommen.

Der Autofahrer selbst schildert den Unfallhergang so: "Ich habe geparkt, in den Spiegel geschaut, mein Handy gegriffen und wollte aussteigen. Dann habe ich den Schrei vernommen und die Frau war schon gestürzt. Zu tausend Prozent schaue ich in jedem Fall in den Spiegel. Wieso ich sie nicht gesehen habe, kann ich mir nicht erklären." Sofort sei er ausgestiegen und habe Erste Hilfe geleistet, was der einzige Augenzeuge des Unfalls später in seiner Aussage bestätigt. "Es tut mir leid", versicherte der Angeklagte.

Ob er Kontakt zu den Angehörigen des Opfers aufgenommen habe, wollte die Richterin wissen. Der Mann verneint. "Wieso nicht?", hakte der Staatsanwalt nach. Die "Hemmschwelle" sei nach wie vor zu hoch.

Angeklagter in "Schockstarre"

"Wie geht es Ihnen damit?" fragte die Richterin weiter. "Über Wochen war ich wie in Schockstarre", berichtete der Angeklagte. Mittlerweile hat er sich wegen Panikattacken in psychotherapeutische Behandlung begeben. Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit im Außendienst sei er aber auf sein Auto angewiesen. Deshalb bat sein Verteidiger, das zweimonatige Fahrverbot, aber auch die Zahl der Tagessätze sowie deren Höhe zu verringern.

Christian Brandner betonte nochmals den unglücklichen Unfallhergang: "Die E-Bikes kommen wirklich lautlos, aber schnell wie ein Mofa angesaust. Und hätte die Frau einen Helm getragen, würden wir jetzt wohl über eine gefährliche Körperverletzung sprechen."

Staatsanwalt vermisst Reue

In dieser Aussage sah Staatsanwalt Kaiser den "Versuch der Verteidigung, dem Unfallopfer auch noch eine Mitschuld anzulasten". Dabei gebe es keine Helmpflicht. Auch habe er vom Angeklagten eindeutige Reue vermisst. Es möge ja sein, dass er selbst unter dem Unfall leide. "Aber zumindest einen Brief hätte er den Angehörigen schon schreiben können." Der Staatsanwalt fordert deshalb sogar ein höheres Strafmaß als im Strafbefehl: statt 120 nun 150 Tagessätze zu 50 Euro. Auch beim Fahrverbot zeigt er sich nicht mehr kompromissbereit.

Verteidiger widerspricht

"Dem muss ich vehement widersprechen", entgegnete Verteidiger Brandner. Die Schuld liege selbstverständlich nicht bei der Frau, sondern "zu hundert Prozent" bei seinem Mandanten, der sehr wohl Reue zeige. "Aber Sie sehen doch: Er ist ein introvertierter Mann in einer depressiven Phase. Er wird sich ein Leben lang Vorhaltungen machen."

Die vom Staatsanwalt geforderten 150 Tagessätze seien deshalb "völlig unangemessen". Der Verteidiger plädierte stattdessen für 90 Tagessätze zu 35 Euro und nur einem Monat Fahrverbot.

Richterin: "Einfach ein Unglück"

Richterin Elfrich beließ es in ihrem Urteil bei den ursprünglichen 120 Tagessätzen zu je 50 Euro, verringerte aber das Fahrverbot auf einen Monat. "Das ist noch einigermaßen vertretbar."

Strafmildernd wirke sein Geständnis, dass er bisher ein unbescholtenes Leben geführt habe und auch "kein grobes Versagen" vorliege. "Das war einfach ein Unglück. Ich nehme Ihnen auch ab, dass Sie schwer daran tragen", sagte sie zum Angeklagten.

Gegen ihn spreche aber, dass er besonders hätte aufpassen müssen, da in der Angerstraße Fahrradschutzstreifen gezogen sind. Und eines dürfe man nicht vergessen: "Ein Mensch ist tot."