Hagel im Raum Schwabach

Totalschaden beim Tabak: "Binnen fünf Minuten war die Ernte vorbei"

12.8.2021, 12:00 Uhr
Landwirt Walter Götz aus Schattenhof zeigt die vom Hagel regelrecht zerschossenen Tabakblätter: "Die Pflanzen sind nicht mehr erntbar."   

© Günther Wilhelm Landwirt Walter Götz aus Schattenhof zeigt die vom Hagel regelrecht zerschossenen Tabakblätter: "Die Pflanzen sind nicht mehr erntbar."   

Er kam wie aus dem Nichts. Innerhalb weniger Minuten fegte am Sonntagnachmittag (8. August) ein heftiger Hagelsturm durch den Raum Schwabach. Betroffen waren unter anderem auch Günzersreuth, Gustenfelden, Schattenhof, Haag und Kammerstein. An Gebäuden und Autos entstanden nach Angaben der Polizei keine größeren Schäden. Anders sieht es auf den Feldern aus. Vor allem die Tabakbauern verzeichnen teils Totalschaden.

Die einen hatten noch Glück. „Es ist nicht dramatisch“, sagt Manfred Winkler vom gleichnamigen Obstbaubetrieb in Gustenfelden. Zwetschgen und Birnen seien sehr widerstandsfähig. Einige Äpfel habe es erwischt. „Aber wir sind mit einem blauen Augen davongekommen.“

„Das ist irre, der Wahnsinn“

Zwiespältig fällt die Bilanz von Daniela und Günther Bub aus. Auf ihren Apfelplantagen in Oberreichenbach gab es keine Schäden. Wie wichtig das ist, zeigt der Blick auf die beiden vergangenen Jahre. „2019 hatten wir gar kein Obst, 2020 nur ganz, ganz wenig“, berichtet Daniela Bub.

Anders dagegen die Situation auf ihren beiden Tabakfeldern in Haag. „Ich habe noch nie so zerfetzte Tabakblätter gesehen. Das ist irre, der Wahnsinn“, sagt die Landwirtin. „Da ist kein Blatt mehr ganz. Alles komplett kaputt.“

So sieht es auch in Schattenhof auf den Feldern von Walter Götz und dessen Sohn Matthias aus. Seit Generationen betreibt die Familie Tabakanbau. „Aber so etwas hatten wir noch nie“, sagt Walter Götz. „In den letzten Jahren war es zu trocken. Heuer hätte es eigentlich eine gute Tabakernte geben können. Aber dann war binnen fünf Minuten die Ernte vorbei.“

Heftige Einschläge plus Kälteschock

Nach dem Sturm liegen viele Tabakblätter auf dem Boden. Walter Götz zupft von einer Pflanze ein weiteres ab und zeigt auf die Löcher. „Alles vom Hagel durchschossen. Manche Hagelkörner waren so groß wie ein Tischtennisball“, sagt er. Zudem deutet er noch auf einige braune Stellen. „Das ist Erfrierschaden. Der Hagel war für die Pflanzen auch ein Kälteschock.“

Auch das Getreide hat der Hagel im Raum Schwabach erwischt - viele der Körner liegen am Boden.

Auch das Getreide hat der Hagel im Raum Schwabach erwischt - viele der Körner liegen am Boden. © Günther Wilhelm, NN

Die unteren Blätter sind zwar bereits abgenommen, die Ernte hatte ja schon begonnen. Aber das meiste Gewicht, und darauf kommt es an, tragen die oberen Blätter. „Rund 60 Prozent der Ernte war noch auf dem Feld“, erklärt Walter Götz. „Und die sind Totalschaden.“

Einige Meter weiter liegt ein Getreidefeld. „Das war schon erntereif. Deshalb sind die Körner im Sturm auch leichter aus der Ähre gefallen“, sagt Walter Götz. „Vom Boden aber können wir sie nicht ernten. Beim Getreide haben wir rund 50 Prozent Schaden.“ Einziger Trost: „Getreide bauen wir vor allem wegen der Fruchtfolge an. Wirtschaftlich ist er nicht das Standbein.“

Hoher Verlust trotz Versicherung

Ganz im Gegensatz zum Tabak. Produziert wird für Wasserpfeifen. „Dafür hat der Tabak aus unserer Region weltweit die beste Qualität“, betont Matthias Götz. Glück hat die Familie, dass ihre Felder in Dürrenmungenau noch intakt sind. Dort gab es keinen Hagel.

Der Mais ist ebenfalls regelrecht zerfetzt.

Der Mais ist ebenfalls regelrecht zerfetzt. © Günther Wilhelm, NN

Und: Sie gehört zu denen, die eine Hagelversicherung für den Tabak haben. Wegen der hohen Kosten verzichten viele Betriebe darauf. Lange auch die Familie Götz. „Aber nach einem Hagel 2017 haben wir seit 2018 wieder eine“, berichtet Walter Götz. „Darüber sind wir natürlich froh. Das ist zumindest ein Puffer.“

Übernommen werden die bisherigen Investitionen etwa für die Saat und die Arbeit. „Aber der Ausfall beim Erlös wird nicht ausgeglichen. Der Verlust bleibt. Mal sehen, ob 100.000 Euro reichen.“ Unterstützung vom Staat gibt es keine. „Eine Förderung gibt es nur bei Sturm, Starkfrost und Starkregen nur für Obst- und Weinanbau“, erklärt Dr. Renate Brunner von der Abteilung Landwirtschaft im Amt für Landwirtschaft und Ernährung Roth-Weißenburg. „Aber generell nicht bei Hagel.“

„Ich habe immer Angst“

„Zuerst die Trockenheit in den letzten Jahren, und jetzt ist der Hagel der i-Punkt“, sagt Matthias Götz. Für die Landwirte ist es selbstverständlich, mit der Natur zu arbeiten. Hitze oder verregnete Sommer gehören dazu. Doch die Wetterextreme haben zugenommen.

Gerade die Generation junger Landwirte stimmt das nachdenklich. „Ich habe immer Angst und denke mir: Hoffentlich geht das gut“, sagt der 26-Jährige ganz offen. Mehrere Ernteausfälle in Folge will er sich gar nicht ausmalen. Für die Zukunft wünscht er sich deshalb eigentlich nur eines: „Mal wieder ein normales Jahr.“

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