Wahlkampfthema „Energiewende“ generierte Einigkeit und Dissens

2.7.2013, 10:20 Uhr
Wahlkampfthema „Energiewende“ generierte Einigkeit und Dissens

© Regler

Das Energiebündel Roth-Schwabach hatte gerufen – und Vertreter von Parteien, die einen örtlichen Bundes- oder Landtagskandidaten für die Wahlen in diesem Jahr stellen, waren gekommen. Diskussionsleiter des Abends in der Aula des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Roth war Michael Stöhr, Vorsitzender der Kreisgruppe Roth im Bund Naturschutz.

Einig waren sich alle Redner, dass der Strompreis für den privaten Kunden zu hoch und die führenden Energiekonzerne in Deutschland zu mächtig seien. Auch die Existenz der „Strompreislüge“ – also die Unterstellung, erneuerbare Energien trieben die Preise in die Höhe – stellte keiner der anwesenden Politiker wirklich in Frage. Bei Ursachen und möglichen Gegenmaßnahmen gingen die Meinungen dann aber doch auseinander.

Helmut Johach, der für Die Linke auf Bundesebene antritt, und Roland Wolkersdorfer, Landtagskandidat der ÖDP, machten unter anderem die stetig steigende Abgabenlast für die hohen Kosten verantwortlich. In dieselbe Richtung argumentierte Hermann Kratzer, Landtagskandidat der Freien Wähler, und verdeutlichte, dass der Bürger „derzeit sechs verschiedene Steuern auf Strom zahlt“.

Dieser Schelte schloss sich SPD-Landtagskandidat Sven Ehrhardt an. Er geißelte nicht nur die Erhöhung der auf dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) basierenden Abgabe, sondern kritisierte auch, dass gleichzeitig immer mehr Betriebe von der EEG-Umlage befreit oder zumindest entlastet würden. Unterstützung bekam er von verschiedenen Seiten: Johach zum Beispiel beklagte, die Preiserhöhungen träfen nur einige, und „noch dazu die Falschen“.

Für den Bundestagskandidaten der Grünen, Tom Aurnhammer, waren etliche der vom Wirtschaftsministerium erteilten Befreiungen, zum Beispiel für einen Golfplatz, „absolut nicht nachvollziehbar“. Er mutmaßte, dass die Energiewende durch die Regierungskoalition bewusst verschleppt und diskreditiert werde.

Lieber richtig als schnell

Laszlo Riedl ging das zu weit. Der FDP-Politiker legte Wert darauf, dass „richtige Entscheidungen“ wichtiger seien als „schnelle Entscheidungen“.

Mit Blick auf den Strompreis und die Gewinne der Energieriesen meinte CSU-Landtagskandidat Volker Bauer, der Hebel müsse auch an der Leipziger Strompreisbörse, wo die Energie gehandelt wird, angesetzt werden. Wie Riedl warnte er davor, dass bei einem Ende der Vergünstigungen für die Industrie Betriebe abwandern und dies den Wirtschaftsstandort Bayern gefährden könnte.

Auf die einleitende These des Energiebündel-Vorsitzenden Werner Emmer anspielend, die momentane Energiepolitik der Regierung sei

„asozial“, konterte der Liberale, „der Export von Arbeitsplätzen“ wäre „noch asozialer.“ Darüber hinaus sah er den Umstieg auf erneuerbare Energien „bei laufendem Betrieb“ als Ursache für den hohen Strompreis.

Allgemeine Zustimmung fand die Feststellung, dass neben dem Ausbau erneuerbarer Energien das Sparen von Strom ein wesentlicher Erfolgsfaktor sei. Ähnlich einträchtig fielen die Antworten auf die Frage nach dem Strom der Zukunft aus, der ein breiter Energiemix sein müsse.

Geteilter Meinung waren die Redner dann wieder hinsichtlich der Sinnhaftigkeit von teuren Windparks auf dem Meer, den Offshore-Anlagen. Riedl (FPD) verteidigte deren Bau, viele Menschen wollten schließlich die Windräder nicht an Land haben. Die anderen Kandidaten waren da weniger verständnisvoll. Kratzer stießen insbesondere die handwerklichen Fehler der Bundesregierung bei den Vertragsabschlüssen sauer auf und der ÖDP-Politiker Wolkersdorfer sprach im Zusammenhang mit Offshore-Parks von einem „Kniefall der Politik vor den Konzernen“.

Auch Volker Bauer bekannte, er sei kein Anhänger dieser Anlagen, nicht zuletzt deshalb, weil „Energie da erzeugt und gespeichert werden muss, wo sie verbraucht wird“. Denn nur so bliebe das Geld in der Region.

Seehofers Kursschwenk

Als Aufhänger für den zweiten Themenblock wählte Werner Emmer die Aussage des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, wonach bei Windkraftanlagen der Abstand zu Wohngebieten das Zehnfache der Windradhöhe betragen solle. Laut Emmer würde die Umsetzung dieser Vorgabe „zum Erliegen der Windkraft in Bayern führen“. Und das, obwohl die Staatsregierung in der Vergangenheit angekündigt habe, den Bau solcher Anlagen massiv voranzutreiben.

Um es kurz zu machen: Unterstützung fanden Seehofers Pläne bei keinem der Kandidaten. Selbst CSU-Mann Volker Bauer machte klar, dass er die Entscheidung Seehofers nicht mittrage und „mit Sicherheit dagegen vorgehen“ werde.

Unstrittig war, dass es kein leichtes Unterfangen werden dürfte, die Bürger von solchen Bauten zu überzeugen. Wichtig sei, Entscheidungen im Dialog und „nahe an den Leuten“ zu treffen, wie Tom Aurnhammer hervorhob. Ähnlich äußerten sich die Vertreter von SPD und FDP. Allen war bewusst, dass die Anlagen das Landschaftsbild verändern würden, was Roland Wolkersdorfer jedoch weniger als Problem denn als Vorteil sah. Das Thema Strom würde so den Menschen unmittelbar vor Augen geführt, was den einen oder anderen sicher zu einem bewussteren Umgang mit Energie bewegen werde.

Windkraft vor Ort

Diskutiert wurde auch die Nutzung der Windkraft im Landkreis. Werner Emmer schaltete sich hierbei ein und erklärte, dass laut einem vom Bayerischen Landesamt für Umwelt erstellten Gutachten nur 13 Standorte in der Region windreich genug wären, um die gängigen Anlagen effizient betreiben zu können.

Gegen den Anschein, es würde zu wenig in dieser Richtung gemacht, verwahrte sich SPD-Mann Ehrhardt und verwies auf verschiedene Kommunen, die hier aktiv tätig würden. Zudem würde sich die Technik weiterentwickeln, sagte Volker Bauer, wodurch auch der Wirkungsgrad der Anlagen steige. Nicht zuletzt deswegen mache es Sinn, meinte Laszlo Riedl, schon heute Standorte auszuweisen, die in Zukunft genutzt werden könnten.

In den Redebeiträgen wurde eines immer wieder deutlich: Die Energiewende ist nicht nur unumgänglich, sondern sie wird auch eine finanzielle, politische und nicht zuletzt auch gesellschaftliche Herausforderung werden. Am Ende brachte es der ÖDP-Kandidat Roland Wolkersdorfer auf den Punkt: „Das Thema ist viel zu groß und umfassend, um es an einem Abend abschließend zu behandeln.“

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