Wrestling: Auch Show tut manchmal weh

14.5.2019, 08:55 Uhr
Wrestling: Auch Show tut manchmal weh

© Foto: Robert Gerner

In der ersten Hälfte der gut dreistündigen Ringschlacht brach sich eine Kämpferin den Ellenbogen (wie sich erst am Sonntag herausstelle). Und im Hauptkampf des Abends trug der fliegende "Icarus" eine klaffende Platzwunde davon, als er – wie abgesprochen – von einer Wasserflasche unglücklich am Kopf getroffen wurde.

Ein Grund, um einen Kampf ab- oder wenigstens zu unterbrechen, ist das nicht. Icarus, ein für Wrestling-Verhältnisse schmächtiges Bürschchen aus Ungarn, steckte weiter fleißig Fake-Schläge und Fake-Tritte seines Gegenüber "Mexx" ein, einem durchtrainierten 110-kg-Hünen aus Österreich. Dass er am Ende trotzdem den Sieg davontragen durfte, lag an einem zweiten Schüler-Theater-Auftritt der Wasserflaschen-Werferin. Die sollte Icarus eigentlich vom Ringrand aus Sand oder Mehl in die Augen streuen, traf aber "versehentlich" den viel stärkeren Mexx, der sich überrumpeln und final auf die Bretter schicken ließ.

Nicht wie im richtigen Leben

Das Publikum war damit mit einem kurzweiligen Kampfabend versöhnt. Denn Icarus stieg für die gastgebende GWP in den Ring, "Mexx" kämpfte für den Feind, das böse "The Network". Dass die Leute von "The Network" im richtigen Leben ganz anders sind, erfährt der, der einmal einen Blick hinter die Kulissen der Wrestling-Szene werfen kann.

Dort, hinter dem Vorhang des Markgrafensaals, üben die Sportler vor ihren Kämpfen Griffe und Wurftechniken, andere plaudern unten in den Katakomben am kalten Büfett, und "The Crater" sitzt ein bisschen verloren auf einem Stuhl, und schaut sich in einem improvisierten Kino nach seinem Auftritt die nächsten Kämpfe, die live über die Leinwand flimmern, an.

Um den WM-Gürtel

"Crater" ist ein 212 Kilogramm schwerer Koloss aus Manchester, der schon im vergangenen Jahr einmal bei der GWP vorbeigeschaut hat. Er verlangt nach Auskunft von GWP-Chef Nicolas Banner vergleichsweise wenig Geld. Wenn er die schwarze Maske und das Glitzer-Kostüm abgelegt hat, dann sieht er mit seinem roten Bart ein bisschen aus wie der freundliche Riese Rubeus Hagrid aus den Harry-Potter-Filmen, nur dreimal so breit und mit etwas schütterem Haupthaar.

Im Ring macht "The Crater" nicht allzu viele schnelle Bewegungen, dennoch durfte er am Samstag um die GWP-Weltmeisterschaft kämpfen. Den WM-Gürtel trägt seit einem Jahr "Cash Money Erkan" (CME), ein in Berlin lebender Kosovo-Albaner, der nicht einmal halb so schwer ist wie "The Crater". Im richtigen Leben wäre ein solches Duell schnell entschieden, beim Wrestling darf sich CME ein paar Minuten lang spektakulär durch den und aus dem Ring werfen lassen, ehe er "The Crater" auf den Ringboden schickt und den WM-Gürtel erneut triumphierend in die Höhe recken darf.

Wrestling: Auch Show tut manchmal weh

© Foto: Robert Gerner

Wenn der Mann aus Manchester zu Boden geht, macht das natürlich einen ordentlichen Rumms, doch Nicolas Banner und seine Leute von GWP können aufatmen. Der Ring bleibt heil. Das war im vergangenen Jahr nicht so, da hatte "The Crater" beim krachenden Niederschlag drei Bretter durchbrochen. Schaden: 800 Euro.

Stadtmeisterschaft

Übrigens: Als Verbeugung vor der Stadt Schwabach richtet die GWP bei ihren Kampfabenden seit geraumer Zeit eine Schwabacher Stadtmeisterschaft aus. Es ist allerdings keine klassische Stadtmeisterschaft, denn die Kämpfer kommen von überall her, nur nicht aus der Stadt. Den Pokal darf sich ein Typ namens "Fast time Moodo" holen, ein 22-jähriger Mann aus Leipzig, der sich gegen mehr als ein halbes Dutzend Mitbewerber durchsetzt und am Ende auch noch Publikumsliebling "Farmer Joe", einen Metzgermeister aus dem Schwäbischen, auf die Bretter befördert. Das Publikum buht. OB Matthias Thürauf überreicht trotzdem den Pokal, wird vom Champion aber sofort wieder aus dem Ring gescheucht. "Moodo" spielt seinen Part als "Drecksack" bis zum Ende ganz gut.

Aber wie gesagt: Alles nur Show beim Wrestling. Zehn Minuten später lächelt der Nachwuchs-Wrestler Seite an Seite mit Kindern und Jugendlichen in die Handy-Kameras von stolzen Eltern.

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