Schwarzbuch: Erlanger Chemikum wird Millionengrab

6.10.2016, 16:47 Uhr
Der Umbau des Chemikums an der Naturwissenschaftlichen Fakultät läuft aus dem Ruder.

© Bernd Böhner Der Umbau des Chemikums an der Naturwissenschaftlichen Fakultät läuft aus dem Ruder.

In seinem Schwarzbuch 2016 listet die Vereinigung für den Freistaat zehn Fälle der Verschwendung von Geldern der öffentlichen Hand auf. Dies sei aber nur "die Spitze des Eisbergs", hieß es auf einer Pressekonferenz in Nürnberg.

Angeprangert wurden auch zwei fränkische Negativ-Beispiele. So kritisierte der Bund der Steuerzahler die Kostenexplosion beim Neubau des Chemikums auf dem Südgelände der Universität in Erlangen: Statt wie ursprünglich geplant 80 Millionen soll das Lehr- und Forschungszentrum mehr als 108 Millionen Euro kosten. Noch immer gibt es Lüftungsprobleme in den weiterhin unbrauchbaren Laborräumen, was Vizepräsident Michael Jäger "ein wenig an den Berliner Flughafen erinnert".

Mit einem Hackerangriff bekam es im Februar 2016 die Stadtverwaltung im unterfränkischen Dettelbach zu tun. Nach der Attacke mit einem Trojaner zahlte das Rathaus für ein Entschlüsselungsprogramm ein "Lösegeld" von fast 500 Euro. Fehler bei der Wiederherstellung der Datenbank verschlangen weitere 100.000 Euro.

Außerdem kritisiert der Steuerzahlerbund, dass das neue Eingangsgebäude im Freilichtmuseum Glentleiten statt 7,5 nunmehr 13,5 Millionen Euro kosten soll. Das NS-Dokuzentrum am Obersalzberg verteuert sich von 14,3 auf 21,3 Millionen, die Sanierung des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München von gut 70 auf rund 97 Millionen.

Schlecht verlegte Fliesen in der Justizvollzugsanstalt Aichach und ein gescheitertes Fernwärmeprojekt in Zwiesel sind weitere Fälle aus dem Schwarzbuch. Auch an fehlgeleiteten Zuschussmitteln in der Gemeinde Poing und an einer nur sehr spärlich besetzten Buslinie von Waldkirchen zum Grenzübergang Haidmühle nimmt der Verein Anstoß. Als Polittourismus bezeichnet der Verband die Reisen von Landtagsabgeordneten nach Kuba oder Japan auf Steuerzahlerkosten.

Als Konsequenz aus den aufgelisteten Fällen fordert der Bund der Steuerzahler eine strafrechtliche Gleichbehandlung von Steuergeldverschwendung und Steuerhinterziehung. Es müsse der Straftatbestand der "Haushaltsuntreue" eingeführt werden, sagte Vizepräsident Jäger.

Weiterhin kritisiert wurden:

NS-Dokumentationszentrum Obersalzberg: Die Erweiterung der alten Bunkeranlage soll nun schon 21,3 Millionen Euro kosten, statt der ursprünglich geplanten 14,3 Millionen Euro.

Staatstheater am Gärtnerplatz in München: 2010 wurden 70,7 Millionen Euro genehmigt – nun liegen die Kosten bei rund 97 Millionen Euro.

Fernwärmeprojekt der Stadt Zwiesel: Das neue Hackschnitzelheizwerk in der 10.000-Einwohner-Stadt im Landkreis Regen sei unrentabel und bescherte zwischen 2011 und 2015 mehr als eine Millionen Euro Verlust.

Ilztalbahn-Anschlussbuslinie: Die Zuglinie von Passau nach Waldkirchen wurde Ende der 1980er Jahre reaktiviert. Seither fahren aber im Schnitt nur 2,3 Gäste pro Fahrt mit dem Anschlussbus. Ein jährlicher Verlust von 70.000 Euro für den Landkreis Freyung-Grafenau.

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