Sexueller Missbrauch in Kita: Mit Offenheit aus der Krise

16.4.2018, 05:39 Uhr

Seit bekannt wurde, dass ein angehender Erzieher in U-Haft sitzt, weil er im Herbst in einer Awo-Kindertagesstätte in Bischberg (Kreis Bamberg) Kindergartenkinder sexuell missbraucht haben soll, rumort es in der Einrichtung - und nicht nur dort.

Noch liegen die Hintergründe der bislang acht bekannt gewordenen mutmaßlichen Missbrauchsfälle im Dunkeln. Die Ermittlungen von Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft dauern an, "weshalb weitere Auskünfte derzeit nicht erteilt werden können".

Auch Stieringer kennt deshalb nur einen konkreten Vorwurf gegen den längst fristlos gekündigten Jahrespraktikanten, der - so beschrieb ihn die Kita-Leiterin laut Stieringer - "der zuverlässigste Mitarbeiter war, den sie bisher hatte". Dieser Mann soll ein vierjähriges Mädchen im Kindergarten auf den Mund geküsst haben. Das Kind berichtete seinen Eltern davon. Die informierten die Kita und erstatteten Mitte November Anzeige.

Acht Missbrauchsfälle

Nach und nach meldeten sich weitere Eltern, deren Kinder angaben, ebenfalls Opfer des angehenden Erziehers geworden zu sein. Nachdem sich der Tatverdacht gegen den Mann in mehreren Fällen erhärtet hatte, erwirkte die Staatsanwaltschaft Bamberg Mitte Februar einen Untersuchungshaftbefehl. Verunsichert sind nicht nur die Eltern der mutmaßlich acht Opfer im Alter von vier und fünf Jahren, auch andere Erziehungsberechtigte fühlen sich unzureichend informiert - aus nachvollziehbaren Gründen. Der heute 19-jährige Beschuldigte, der laut Staatsanwaltschaft Bamberg geständig ist, arbeitete nämlich nicht nur in Bischberg.

Quälende Ungewissheit

Im Mai des Vorjahres war er ebenfalls in der Hallstadter Awo-Kita tätig. Nur: Das erfuhren die betroffenen Eltern nicht von offizieller Seite, sondern aus der Zeitung. Übergriffe aus dieser Zeit wurden bislang zwar keine angezeigt. Doch wie, so fragen sich manche zurecht, könne sich denn ein vier-, fünf- oder sechsjähriges Kind überhaupt an mögliche Vorfälle erinnern, die mittlerweile ein Jahr zurückliegen? Solch eine Ungewissheit ist für Eltern nur schwer auszuhalten, unangenehmes Kopfkino kaum zu vermeiden.

Awo-Chef Stieringer weiß nur zu gut, dass es dringend nötig ist, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Das sind der Kita-Träger und die -Leitung auch ihren völlig unbescholtenen Mitarbeitern schuldig, für die die Situation sicherlich ebenfalls schwierig ist.

Spät, aber um so beherzter setzen die Verantwortlichen deshalb nun auf eine sinnvolle Mehrfachstrategie: eine Informationsoffensive, umfassende Hilfsangebote und ein neues Schutzkonzept. Nur, wenn es gelingt, den mutmaßlichen Missbrauch lückenlos aufzuarbeiten, wird in den fraglichen Kitas wieder Ruhe einkehren. Die ersten Schritte in die richtige Richtung sind getan.

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