So bereiten sich Frankens Hausärzte auf Corona-Massenimpfung vor

11.3.2021, 05:46 Uhr
Millionen Dosen sollen die Hausärzte in Bayern verimpfen. 

© Oliver Berg, dpa Millionen Dosen sollen die Hausärzte in Bayern verimpfen. 

Hausarzt Peter Deinlein aus Kemnath atmet auf. Endlich wieder Hausbesuche ohne Angst vor einer Ansteckung, endlich wieder ein Stück mehr Freiheit für Risikopatienten — die Aussicht, dass er bald gegen Covid-19 impfen kann, stimmt ihn hoffnungsvoll. Vor allem weil er die bittere Kehrseite kennt: Seine Praxis liegt im Kreis Tirschenreuth, keine Autostunde von Tschechien entfernt, in einem der bayerischen Corona-Hotspots.


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"Wir sind ein Hochrisikogebiet mit Mutationen", sagt er. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag in dem Oberpfälzer Landkreis gestern bei 176,3. Die Lage ist angespannt: Das Impfzentrum hat jetzt täglich offen, zusätzliche Dosen sind eingetroffen. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, vor allem gegen die britische Virusvariante.

Weder Zeit noch Personal

"Da befürworte ich es sehr, dass wir Ärzte unsere Patienten bald impfen können", sagt Dr. Deinlein, der auch stellvertretender Bezirksvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbands ist. Wenngleich bis zum geplanten Impfstart in den Praxen Anfang April noch einiges zu klären sei. Denn wenn eines schon jetzt feststeht für die Mehrheit der Mediziner: Für aufwendige Dokumentationen, für Priorisierungslisten oder eine neue Software haben die Hausärzte weder Zeit noch Personal.

Ein neidvoller Blick nach Erlangen, dreieinhalb Stunden von Tschechien entfernt, wo die Pandemie ein wenig von ihrem Schrecken verloren hat: Der Inzidenzwert lag hier gestern bei 31,1. Dennoch rufen bereits die ersten Impfwilligen bei ihren Ärzten an. Dr. Markus Beier, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbands, spricht für viele Kollegen: "Wir würden am liebsten gleich loslegen. Uns geht es darum, so schnell wie möglich zu impfen."

Was kann da noch schief gehen?

Was bei der jährlichen Influenza-Impfung gut klappe, könne sich nun wiederholen, glaubt Beier. "Wir kennen die Krankheitsgeschichte der Patienten, wir haben ihre Daten, wir genießen ihr Vertrauen, wir impfen also sehr effizient", ist ebenso Dr. Markus Vollmuth, Delegierter des Verbands für Nürnberg, überzeugt.

Was also kann jetzt noch schief gehen? Die richtige Lagerung der Impfstoffe wird es nicht sein, versichern alle. Schon mehr Bedenken gibt es in puncto Planbarkeit. "Wir müssen ein paar Tage vorher zuverlässig wissen, wie viel Impfstoff wir kriegen, um Termine zu vergeben", sagt Beier, betont aber gleichzeitig, "dass es da sicher mal ruckeln kann." Aber grundsätzlich sind die Ärzte flexibel: "Wir können uns in der Oorganisation personell und räumlich auf die Situation einstellen", betont Vollmuth. "Dann impfe ich halt morgens um sechs und abends um zehn."

Was ihnen aber weit wichtiger scheint: Sie wollen einen Entscheidungsspielraum, wen sie zuerst und wen zuletzt impfen dürfen. "Wir kennen unsere Patienten am besten", sagt Peter Deinlein, "keine Behörde kann besser als wir einschätzen, wer den Impfstoff braucht."

Das heißt, "es muss für die Ärzte wirkliche Rechtssicherheit geben, wer die Impfung als erstes bekommen darf", fordert der Münchner CSU-Bundestagsabgeordnete und Hausarzt Stefan Pilsinger. Mit Blick auf die geplanten Bußgelder für Impfvordrängler sei dies umso wichtiger.

Denn schon wollen viele Bürger wissen, was sie nun für eine Impfung tun müssen? Den Hausarzt anrufen und das Impfzentrum? Oder den Impftermin im Zentrum wieder absagen? "Personen mit hohem Risiko sollten nicht warten, sondern sich über das Impfzentrum anmelden und dann auch dort impfen lassen", rät Dr. Deinlein. Alle anderen tun gut daran, zu warten, bis etwas mehr Klarheit herrscht. Sonst hängt man beim werten Doktor am Ende tagelang in der Telefon-Warteschleife.

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