So ist Bayern gegen extremistischen Terror gewappnet

3.11.2020, 19:07 Uhr

Der islamistische Terror wirkt stets, als sei er weit entfernt. Doch es ist erst vier Jahre her, dass zwei IS-Anhänger in Franken zugeschlagen haben. Ein 20-Jähriger zündete Ende Juli 2016 in Ansbach eine selbstgebaute Bombe, tötete sich damit selbst und verletzte 15 Menschen. Wenige Tage zuvor hatte ein IS-Anhänger in der Regionalbahn nach Würzburg fünf Menschen mit einem Beil schwer verletzt.

"Unsere Sicherheitsbehörden sind wachsam", sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). "Auch hier im Land haben wir eine Reihe gefährlicher Islamisten, die im besonderen Fokus von Polizei und Verfassungsschutz stehen." Letztgenannter schätzte im vergangenen Jahr die Mitglieder islamistischer Vereinigungen auf knapp 4200.

Längst nicht alle gelten allerdings als gewaltbereit. So gehen die Verfassungsschützer davon aus, dass jeder fünfte Salafist im Freistaat gewaltbereit sei – was immer noch mehr als 150 Salafisten wären. Für die anderen dem Islamismus zugeordneten Organisationen listet der Verfassungsschutzbericht die Zahl der Gewaltbereiten nicht auf.

Sechs Gefährder im Gefängnis

Noch brisanter ist die Zahl der so genannten Gefährder. "Bestimmte Tatsachen" rechtfertigen bei ihnen laut Definition "die Annahme", dass sie schwere Straftaten bis hin zu Anschlägen "begehen werden". Laut Innenministerium sind in Bayern 46 Gefährder namentlich bekannt; 31 sind allerdings derzeit im Ausland, sechs im Gefängnis. Die beiden Attentäter von 2016 hatten die Behörden nicht als Gefährder erkannt.

Weil die Gefährder als sehr mobil gelten, kann das mittelfränkische Polizeipräsidium nicht sagen, wie viele sich in unserer Region aufhalten. Innenminister Joachim Herrmann spricht von einer "anhaltend hohen Gefährdungslage" in Bayern, ergänzt aber: "Hinweise auf konkrete Anschlagsplanungen liegen aktuell nicht vor."

Das gilt für Gesamtbayern wie für den fränkischen Raum. Dennoch hat die Polizei ihre Kontrollen an der österreichischen Grenze hochgefahren, auch, weil bislang nicht ausgeschlossen ist, dass der Wiener Attentäter Komplizen gehabt hat.

In der Vergangenheit waren die Sicherheitsbehörden allerdings regelmäßig von den Anschlägen überrascht worden. Das gilt für Ansbach und Würzburg, aber auch für das Attentat beim Münchner Olympiaeinkaufszentrum (OEZ), das ebenfalls Ende Juni 2016 die Stadt erschüttert hatte.

Ein 18-Jähriger hatte dort neun Menschen ermordet, darunter sieben Muslime, und die Stadt für Stunden ins Chaos gestürzt. Die Behörden stuften die Morde zunächst nur als Amoklauf ein; erst nach massivem auch öffentlichem Druck korrigierten sie sich. Seitdem gilt der OEZ-Anschlag als "rassistisches Attentat" eines Rechtsextremisten.

Anschläge verhindert

Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten steigt seit Jahren; mehr als 2100 zählte die bayerische Polizei allein im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: Auf das Konto Linksextremer gingen 2019 nur 669 Straftaten. Dennoch sehen sich die Sicherheitsbehörden auch in Mittelfranken gewappnet. Die Szene, rechts wie links, werde "genau beobachtet", sagt eine Sprecherin der Polizei. In der jüngeren Vergangenheit habe die Polizei mehrere rechtsextreme Gruppierungen auch in Mittelfranken enttarnt, etwa die "Gruppe S.", und damit mögliche Anschläge verhindert.

Natürlich versichert Innenminister Joachim Herrmann, dass die Sicherheitsbehörden die Lage im Griff haben. Der Schutz etwa jüdischer Einrichtungen ist seit Jahren hoch gefahren, nicht erst seit dem rechtsextremen Anschlag auf eine Synagoge in Halle. Polizeibeamte sichern Objekte, die als besonders gefährdet gelten, andere kontrollieren sie regelmäßig.

Das gilt auch in Mittelfranken. "Unsere Polizei aktualisiert und überarbeitet ihre Konzeptionen regelmäßig", sagt die Sprecherin des Präsidiums Mittelfranken. Die Polizei habe ihre Aus- und Fortbildung erheblich intensiviert, die Ausstattung der Streifen und Einsatzgruppen modernisiert und Einsatzkonzepte regelmäßig trainiert. "Unsere Leute sind sensibilisiert", sagt die Sprecherin.