Söder: Bayern vervierfacht die Corona-Testkapazitäten

10.8.2020, 17:22 Uhr
Viermal mehr Testkapazitäten soll der Freistaat künftig aufweisen, so Söder.

© dpa Viermal mehr Testkapazitäten soll der Freistaat künftig aufweisen, so Söder.

"Corona ist viel heimtückischer und gefährlicher als angenommen. Corona wird jeden Tag gefährlicher", meinte Söder in Hinblick auf die Spätfolgen, über die erst langsam mehr bekannt wird. Er beobachte mit Sorge, wie bei vielen Bürgern die Vorsicht nachlässt und Unvernunft und Leichtsinn wachsen.

"Die Gefahr geht weniger von Betrieben und dem öffentlichen Nahverkehr aus, sondern von privaten Veranstaltungen. Dort müsste man auch am ehesten ansetzen, wenn es wieder mehr Fälle gibt", sagte Söder. "Corona macht keine Ferien", betonte er. Um die Corona-Maßnahmen noch besser koordinieren zu können, wurde nun Florian Herrmann, der Leiter der Staatskanzlei, zum bayerischen "Corona-Koordinator" bestimmt.

200.000 Tests pro Tag und 100 Testzentren

Testkapazitäten: Die Corona-Testkapazitäten in Bayern sollen massiv ausgeweitet werden. Waren Ende Mai lediglich 22.000 Tests am Tag möglich, so sind es jetzt schon 55.000. Bis Ende August sollen die Kapazitäten auf weit über 200.000 Tests pro Tag ansteigen.

In jedem bayerischen Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt soll ein Testzentrum eingerichtet werden, in dem sich jeder kostenlos testen lassen kann. Insgesamt entstehen so rund 100 Einrichtungen. Viele der nach dem Höhepunkt der Pandemie in Bayern teilweise wieder stillgelegten großen Testzentren sollen dafür reaktiviert werden.

Doppel-Tests für Reiserückkehrer

Tests für Reiserückkehrer: Reiserückkehrer sollen künftig nicht nur bei der Einreise, sondern etwa fünf Tage später noch ein zweites Mal getestet werden. "Ein Test allein wird keine hinreichende Sicherheit geben können", erklärte Söder die geplanten, verpflichtenden Doppel-Tests.

An den Teststationen an Grenzen, Flughäfen und Hauptbahnhöfen Bayerns wurden bislang etwa 60.000 Tests durchgeführt. Auffällig dabei war, dass die Positivrate an den Grenzen und Hauptbahnhöfen höher war als an den Flughäfen, obwohl dort mehr Reisende aus Risikogebieten ankommen – für Söder ein Beleg dafür, dass das Coronavirus überall schwelt.

Testergebnis über App abrufbar

Der Unmut über die langen Wartezeiten auf Testergebnisse für Reiserückkehrer soll sich schnell legen. "Diese Woche werden alle Mängel abgestellt", versprach Söder. Zunächst hatten ehrenamtliche Hilfsorganisationen die Tests durchgeführt. "Da wurde alles händisch bearbeitet. Das kostet Zeit und Manpower", erklärte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Ab dieser Woche soll sich ein professioneller Dienstleister um sämtliche Tests und Laboruntersuchungen für Reiserückkehrer in Bayern kümmern.

Über eine App soll man dann sein Testergebnis schnell abrufen können. Am Münchner Flughafen hat der Dienstleiter bereits am Samstag, 8. August, die Tests übernommen, am Nürnberger Hauptbahnhof soll es am Donnerstag, 13. August, so weit sein.

Söder fordert Tests an weiteren deutschen Grenzen

Nicht einmal 40 Prozent aller getesteten Reiserückkehrer stammen aus Bayern. "Wir testen an der Grenze für ganz Deutschland", betonte Söder. Bayerns Ministerpräsident fordert, dass solche Tests möglichst bald auch an den Auslandsgrenzen anderer Bundesländer durchgeführt werden. "Wir sind die einzigen in Deutschland, die das machen", verdeutlichte er.

Risikogebiete: "Die Ausweisung von Risikogebieten muss dynamischer erfolgen als in der Vergangenheit", forderte Söder. Der Freistaat bittet deshalb den Bund, zusätzliche Kriterien zur Ausweisung von Risikogebieten heranzuziehen und so die Testpflicht auf noch mehr Regionen auszuweiten. Außerdem wird geprüft, ob das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) speziell für Bayern zusätzliche Risikogebiete ausweisen kann.

Maskenpflicht im Unterricht: Entscheidung am 1. September

Maskenpflicht in der Schule: Eigentlich wurden hier bereits Konzepte vorgestellt. Demnach gilt ab dem neuen Schuljahr eine Maskenpflicht (und nicht mehr nur ein Maskengebot) bis zum Platz im Klassenzimmer. Gibt es in einem Landkreis mehr als 20 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen, so gilt die Maskenpflicht auch im Unterricht. Ab 35 Neuinfektionen muss der Mindestabstand von eineinhalb Metern im Klassenzimmer eingehalten werden, ab 50 Neuinfektionen wird wieder Fernunterricht eingeführt.

Nun soll aber am 1. September bei einer abschließenden Besprechung, zu der auch Schüler-, Eltern- und Lehrervertreter ins Kabinett eingeladen werden, darüber beraten werden, ob angesichts des bis dahin zu beobachtenden Infektionsgeschehens nicht doch eine generelle Maskenpflicht im Unterricht nötig ist. "Wer glaubt, dass es bei Corona eine Planbarkeit gibt, der verkennt die Natur von Corona", meinte Söder.

"Es gibt einen Plan, aber wir müssen flexibel sein und immer schauen, ob wir nachjustieren müssen", ergänzte Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler). "Wer einen Regelbetrieb in der Schule möchte, der sollte auch außerhalb der Schule achtsam sein", betonte Piazolo.

Verpflichtende Tests für Saisonarbeiter

Reihentests: Für Schulpersonal (also nicht nur für Lehrer) werden vom 24. August bis zum 18. September freiwillige Reihentests angeboten. Söder setzt darauf, dass sich vor Schulbeginn auch möglichst viele Schüler freiwillig testen lassen.

Neu ist eine Testpflicht für Saisonarbeiter. Wenn er mehr als zehn Mitarbeiter hat, muss jeder bayerische Betrieb für seine Saisonarbeiter negative Corona-Tests vorlegen können, bevor diese eingesetzt werden können. "Vortesten, nicht nachtesten", ist Söders Devise.

Bei Reihentests in allen bayerischen Schlachthöfen und Fleischbetrieben waren alle Tests negativ. Bei einer Kontrolle der Zerlegebetriebe wurde nur ein einziger positiver Fall festgestellt. "Das ist ein sehr positives Signal", meinte Gesundheitsministerin Huml.

Bundesliga mit Zuschauern hätte "verheerende Signalwirkung"

Bundesliga-Start: Volle Stadien zum Bundesliga-Start am 19. September kann sich Söder nicht vorstellen. "Das hätte eine verheerende Signalwirkung", sagte er. Ende August will er eine Ministerpräsidenten-Konferenz zum Bundesliga-Start organisieren. "Bis Ende Oktober gibt es eigentlich ein Verbot von Großveranstaltungen. Daran sollten sich auch alle halten", betonte er und lehnt Sonderrechte für den Fußball ab. Eine Rückkehr von Zuschauern "vielleicht im Lauf der Saison" kann er sich dagegen vorstellen.

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