Regionalkonferenz im Heimatministerium

Staatsregierung übt Bürgerdialog: "Die Diskussion ist ein Stück weit verlogen"

Arno Stoffels

Region und Bayern

E-Mail zur Autorenseite

24.5.2022, 18:55 Uhr
Auch die Landwirtschaft war ein Thema beim "Zukunftsdialog Heimat.Bayern" der Staatsregierung in Nürnberg.

© Martin Schutt, dpa Auch die Landwirtschaft war ein Thema beim "Zukunftsdialog Heimat.Bayern" der Staatsregierung in Nürnberg.

Josef Taschner hat Humor und so stellt er sich, das Mikrofon in der Hand, erst einmal als "Agrarflächendesigner" vor. Mit seiner Botschaft an die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) ist es dem Getreidebauern aus Obertrubach im Landkreis Forchheim dann aber sehr ernst.

Die Auflagen für Landwirte würden immer größer und hätten zur Folge, dass "unser Weizen im Futtertrog landet" und nicht in den Mägen der Menschen. Weiterhin mache sich das Land so abhängig von Importen, wie zuvor aus der Ukraine "aus Kanada, den USA", sagt Taschner. Dabei müsse es doch eigentlich das Ziel sein, die "regionale Landwirtschaft zu stärken und den Fokus auf die eigene Qualitätslebensmittelerzeugung zu richten."

Zuvor hatte Kaniber beim "Zukunftsdialog Heimat.Bayern" im Nürnberger Heimatministerium lange genau davon gesprochen, vom "riesigen" Potential der bayerischen Landwirtschaft, vom Ziel bis 2025 in allen staatlichen Kantinen des Freistaats mindestens 50 Prozent der Zutaten aus regionaler und ökologischer Erzeugung zu beziehen, vom notwendigen Ende der "Geiz-ist-Geil-Mentalität".

Neue Verordnung

Aber an der Novellierung der Düngemittelverordnung, auf die Taschner abzielt, führt dann doch kein Weg vorbei. Der Getreidemarkt für Backweizen fordert hohe Rohproteingehalte. Um die zu erreichen, ist aber ein relativ großer Einsatz von Stickstoffdünger notwendig, der aus Umweltschutzgründen eingeschränkt werden soll.

Kaniber antwortet lange, erklärt, wie sehr sie sich in Brüssel für ein Moratorium, sich stets für die Landwirte und ihre Nöte eingesetzt hat. Aber die Welt sei nun einmal auch "voller Zielkonflikte", wie sie meint. Einen Begriff, den Kaniber an diesem Abend sehr häufig verwendet.

Zufrieden ist Taschner, der seit drei Jahrzehnten im Beruf ist, hinterher nicht. "Die Diskussion ist ein Stück weit verlogen", sagt er. Die Landwirte blieben am Ende die Buhmänner, in der Öffentlichkeit wie auch hier im Heimatministerium, wie er findet.

Drei Stunden lang nehmen sich Kaniber sowie Bayerns Heimat- und Finanzminister Albert Füracker Zeit für das neue Gesprächsformat. Den Bürgern soll im Heimatministerium die Gelegenheit gegeben werden, ihre Ideen einzubringen, etwa zu Themen wie Nachhaltigkeit, Klima- und Energiewende.

Acht Konferenzen

Insgesamt acht solcher Regionalkonferenzen werden abgehalten, die Veranstaltung für den Regierungsbezirk Mittelfranken ist die sechste. "Wir wollen zuhören, die Menschen einbinden", sagt Füracker zu Beginn. "Jede Wortmeldung hat ihren Sinn."

Bis die geschätzt 150 Bürgerinnen und Bürger, darunter auch viele Kommunalpolitiker, zu Wort kommen, dauert es allerdings eine ganze Zeit. Erst einmal gibt es Blasmusik, dann flimmert ein Imagefilm des Freistaats über die Leinwand: Bier, Kuhstall, Berge, Flüsse, Kirchen aus der Drohnenperspektive.

Es folgt eine Videobotschaft des Ministerpräsidenten Markus Söder, ein Vortrag der Bezirksheimatpflegerin Dr. Andrea Kluxen und dann werden noch die Unternehmerin Erika Gruber aus Gunzenhausen und der Komödiant Volker Heißmann als "Heimatbotschafter" ausgezeichnet.

Viele Themen

Bei der Diskussion mit dem Publikum werden schließlich viele Themen angeschnitten. Denkmalschutz, die Probleme der Landwirte, das Für und Wider von Windrädern und Photovoltaik-Anlagen, die Mobilität im ländlichen Raum, der Ausbau von Rad- und Wanderwegen.

Kaniber und Füracker, das darf so gesagt werden, nehmen sich für ihre Antworten mitunter sehr viel Zeit und es liegt in der Natur der Sache, dass sie stets im Sinne der eigenen Partei ausfallen.

Das muss auch nicht falsch sein. Wenn Füracker davon spricht, dass der Klimaschutz seiner Meinung nach nur gelingt, wenn die regenerativen Quellen ausgebaut, vor allem aber insgesamt massiv Energie eingespart wird, liegt er wohl nicht daneben.

Reden über den Klimawandel

Ebenso wenig wie mit der Aussage, dass sich die Menschen in Bayern, Deutschland und Europa mitunter sehr leicht tun, mit "vollem Bauch" über den Klimawandel zu reden, während es anderswo schon um das nackte Überleben geht.

Und auch Kaniber hat im Kern nicht unrecht mit der Feststellung, dass auch der eingefleischteste Veganer niemals in der Lage sein wird, eine von Nutztieren entleerte Wiese zu verdauen, es bei dem Thema nachhaltige Ernährung aus ihrer Sicht um Ausgewogenheit und nicht um Maximalforderungen gehen dürfe.

Nina Prill, eine junge Frau, die in Bamberg studiert und an die sich diese Worte nach einem Lob Kanibers für die rege Beteiligung "der Jugend" an der Diskussion richten, nimmt es gelassen. Sie hatte sich auf Kanibers Erklärung, der Freistaat gehe "mit Schmackes" gegen den Klimawandel vor, zu Wort gemeldet und erklärt, dass sie da eher keinen Plan erkennen kann und vor allem der Klimawandel "mit Schmackes" vorangeht.

Überrascht hätten sie die Antworten nicht, sagt Prill hinterher. Eher amüsiert und auch bestätigt. "Ich fand das insgesamt ganz gut", meint sie.

Keine Kommentare