Stammzellenspende in Zeiten des Coronavirus

3.4.2020, 16:07 Uhr
Stammzellenspende in Zeiten des Coronavirus

© privat

Mit Krankenhausaufenthalten kennt sich Michaela R. notgedrungen aus: Vor gut drei Jahren erkrankte die Ehefrau und Mutter von zwei Kindern aus Neustadt/Aisch an Blutkrebs. Nachdem im vergangenen Sommer in das Leben der Familie gerade wieder etwas Normalität eingekehrt war, wird sie wieder krank: „Ich fühlte mich einfach nicht fit und war anfällig für Infekte“, erzählt sie. Die Diagnose folgt Ende 2019: Leukämie, dieses Mal allerdings eine andere Form als 2017: „Endlich wusste ich, was mir fehlt, es war fast eine Art von Erleichterung.“

Doch die Erleichterung hält nicht lang an. Wenige Wochen später rückt das Virus Sars-COV-2 auch in Deutschland immer näher – und Michaela R. macht Erfahrungen, die sie nie für möglich gehalten hätte. „Als ich mit Mundschutz in den Supermarkt bin, wurden meine Familie und ich beleidigt und richtig aggressiv angegangen, als würde ich die Corona-Krankheit einschleppen“. Das sei bei ihrer ersten Erkrankung nicht der Fall gewesen: „Manche haben mich damals auch schon angeschaut, aber eher aus Neugierde oder Mitleid und nicht wie eine Aussätzige.“

Inzwischen sind einige Wochen vergangen, in denen sich nicht nur Michaela R.´s Leben verändert hat, sondern unser aller: Wer einen hat, trägt Mundschutz. Die 39-Jährige ist zumindest damit nicht mehr allein. Doch ganz allein ist sie in ihrem Krankenzimmer im Internistischen Zentrum am Ulmenweg. Natürlich gelten vor schweren Eingriffen wie einer Stammzelltransplantation stets strenge Schutzmaßnahmen, um das Infektionsrisiko möglichst gering zu halten.

In Vor-Corona-Zeiten durften gesunde Erwachsene Leukämie-Patienten durchaus auf der Station besuchen. Das ist jetzt nicht mehr möglich. „Ich kann nicht heraus, und niemand kann herein“, sagt die Mittelfränkin am Krankenhaustelefon, das neben ihrem Smartphone derzeit ihr einziger Kontakt nach draußen ist. Die (Lebens-)Freude und ihre Energie sind ihr dabei aber noch nicht vergangen: „Ich skype mit meinen Freunden und meiner Familie“, sagt sie, „lese, male, und mache Exit-Spiele wie Escape-Room, das geht auch allein“. Und das Personal der Uniklinik halte sie ebenfalls bei Laune, sagt sie und lacht dabei herzlich in den Hörer.

In den vergangenen Wochen war Michaela R. immer mal wieder zur ambulanten und stationären Behandlung in der Medizin 5 - der Hämatologie und Internistischen Onkologie. „Anfangs hatte ich schon noch etwas Befürchtungen, ich könnte mich hier mit dem Coronavirus infizieren, es waren ja einfach mehr Menschen um einen herum als in der Familie“. Daheim hatte sie mit Blick auf die nahende Stammzelltransplantation das Haus zuletzt gar nicht mehr verlassen. Inzwischen hat sie keine Bedenken mehr wegen einer möglichen Ansteckung im Krankenhaus selbst, denn die Sicherheitsvorkehrungen wurden dort mit Besuchverboten und Eingangskontrollen in den vergangenen Wochen stetig verschärft.

Bestmögliche Isolation in der Klinik

Seit mehr als einer Woche liegt sie jetzt ohne Unterbrechung in der Uniklinik, sie bekommt Chemo-Therapie und Immunsuppressiva, die eine körpereigene Abwehr gegen die übertragenen Blutstammzellen unterdrücken und im besten Fall verhindern sollen. Schon in wenigen Tagen soll die Stammzelltransplantation voraussichtlich stattfinden. Zunächst war ein passender Spender nicht zu erreichen, ein zweiter konnte dann nicht und nun ist es der „Drittversuch“, wie die Leukämie-Kranke sagt, „und ich hoffe, der klappt jetzt und verläuft ohne Komplikationen“.

Natürlich verfolgt sie als Angehörige der Covid-19-Risikogruppen Mediendarstellungen etwa über Intensivbetten und deren Zuteilung in Zeiten von Corona. „Ich hoffe“, sagt sie, „dass ich keines brauchen werde“. Im Hinterkopf schwingen da aber durchaus Berichte und Bilder von den teils verheerenden Zuständen in italienischen Kliniken und von auch bereits in Deutschland knapper werdenden Schutzausrüstungen und Intensiv-Geräten mit: „Natürlich denkt man sich da, hoffentlich wärst Du für ein Intensivbett auch wichtig genug.“ Solche Überlegungen sind derzeit aber hierzulande wohl gottlob (noch) nicht aktuell.

Nach der Operation wird Michaela R. noch einige Wochen in der Uniklinik bleiben müssen, im geschützten Rahmen, mit hohen Hygiene- und Sicherheitsstandards. Was aber, wenn sie danach wieder nach Hause kommt? „Dass ich mich hier dann noch mit Corona anstecke, glaube ich nicht, aber zuhause?“, fragt sie etwas besorgt. Die Vorstellung, dass bis dahin alle Ausgangsbeschränkungen aufgehoben sein könnten und ihre Kinder wieder in den Kindergarten gingen, löst in ihr schon ein mulmiges Gefühl aus.

Und noch etwas bereitet ihr schon jetzt etwas Sorge: dass es nämlich für sie, die nicht nur vor dem Coronavirus, sondern vor Erregern aller Art besonderen Schutz braucht, keinen Mundschutz und kein Desinfektionsmittel mehr gibt. „Da frage ich mich schon, wie wir das dann wieder hinkriegen?“ Aber selbst da bleibt die 39-Jährige zuversichtlich: „Irgendwie wird es schon laufen.“


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